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Neues deutsches Kino

Drei Perspektiven



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Zu Filmbeginn zeigt die Kamera (Leander Ott) in der statischen Totale ein idyllisches Panorama. Eine Eisenbahnbrücke, die Havel, dahinter Plattenbau-Hochhäuser, das Ufer, vereinzelte Bäume. In der Ferne auf der Brücke bewegen sich zwei kleine Punkte aufeinander zu. Plötzlich fährt der Zug über die Brücke. Etwa zeitgleich stürzt ein schreiender Mensch von der Brücke in den Fluss. Was ist passiert?

In seinem 2019er Langfilm-Debüt Sag du es mir [jetzt auch auf DVD] erzählt Michael Fetter Nathansky in drei unterschiedliche Perspektiven, was es mit diesem Ausgangsgeschehen auf sich hat. Der Abschlussfilm des Absolventen der Filmuniversität Babelsberg lebt vom Lokalkolorit Potsdams. Im Filmverlauf sehen wir nicht nur wiederholt die Neustädter Havelbucht, die Potsdamer Plattenbauten, sondern unter anderem auch beeindruckende Aufnahmen im Schiffshebewerk Niederfinow.

Hier arbeitet die von der Brücke gestoßene resolute Hauptfigur Silke (Gisa Flake) als Mechanikerin. Wir erfahren später, dass der Täter René (Marc Ben Puch) eigentlich Polizist ist und unter Kontrollverlustängsten leidet. Dann ist da noch die energische, ältere Schwester des Opfers, Moni (Christina Große), die extra aus ihrer Wahlheimat „Malle“ anreist, um ihrer Schwester zu helfen. Gleichzeitig bräuchte sie selbst Hilfe, leidet sie doch unter Depressionen und Alkoholabhängigkeit. Die Darsteller sprechen allesamt in Brandenburger Mundart, oft schnoddrig und schnell. Dieser starke Einbezug des Dialekts wirkt aufgesetzt.

Die unterschiedlichen Interpretationen des Geschehens durchkreuzen ineinander verschachtelt mögliche Wahrheiten. Der heute 28-jährige Regisseur und Drehbuchautor spielt mit Wendungen, überraschenden Täuschungen und unterschiedlichen Wahrheiten. Die Pointen der Handlung sind dann jedoch etwas konstruiert und erscheinen zu ungeordnet. So eröffnet die Handlung einige Randgeschichten (etwa eine vermisste Minderjährige, ein Selbstmord eines Arbeitskollegen Silkes), die im Filmverlauf nicht geklärt werden.

Insgesamt ist Sag du es mir jedoch ein bewegender und bemerkenswerter Film über Kontrolle, Vertrauen, Nähe, Enttäuschungen, Leere, Einsamkeit und Verantwortung. Der Filmtitel ist übrigens von dem spanischen Lied „Guitarra dímelo tú“ inspiriert, das im Film, interpretiert von Mercedes Sosa, mehrfach eingespielt wird.

Es ist schon ungewollt komisch, dass Gisa Flake 2020 den Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie Schauspielerin in einer komödiantischen Rolle für ein Drama erhielt, das davon handelt, dass sie von einer Brücke gestoßen wird. Sag du es mir ist eigentlich keine Komödie. Vielleicht lag diese Einordnung auch an dem Fehlschluss: Dialekt = lustig.

*

Die neu erschiene DVD erhält in den Bonusmaterialien neben sehenswerten „Making Of”-Clips, Outtakes und dem Kinotrailer auch zwei Kurzfilme des Regisseurs, in dem wir einzelne Darsteller in anderen Rollen wiedersehen. So zeigt Nathanskys mit dem Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichneten Film Gabi (2017, 29 Min.) ebenfalls Gisa Flake in einer dramatischen Hauptrolle, die hier tatsächlich originell und komisch ist. Auch in Nathanskys Kurzfilm „Und weinen können” (2019, 13 Min.) sehen wir einen Darsteller aus Sag du es mir wieder, Walid Al-Atiyat. In Nathanskys Langfilm spielt er einen Befrager und Gelegenheitsdetektiv; im Kurzfilm verkündet er als dramatischer Dönerverkäufer einem ratsuchenden Freund gegenüber Lebensweisheiten; die von einer grobschlächtigen Schlichtheit sind. Doch auch hier entbehrt die letzte Einstellung nicht des romantischen Lokalkolorits.
Ansgar Skoda - 3. Juni 2021
ID 12948
missingfilms-Link zur DVD Sag du es mir


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