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Filmbesprechung


(Deutschland 2008)

Die Entdeckung der Currywurst

Regie und Drehbuch: Ulla Wagner
nach der gleichnamigen Novelle von Uwe Timm

Starttermin: 11. September 2008


Frühjahr 1945. Deutschland steht kurz vor dem „Endsieg“. Hamburg wird zur Festung erklärt, der Volkssturm mobilisiert und jugendliche Kinder an die Front geschickt. Komisch nur, dass die ewigen Fliegeralarme nicht weniger werden. Lena Brückner (Barbara Sukowa) weiß nicht, wo ihr Mann und Sohn stecken, beide wurden eingezogen. Und doch hat sie Glück im Unglück, denn sie arbeitet in einer Kantine und muss nicht hungern. Dafür darf sie sich im Restaurant die Hurra-Reden der Nazi-Offiziere anhören, die offenbar alle noch an ein Wunder glauben.


Treffen sich vor dem Kino - Lena und Hermann


Für die einsame Frau in mittleren Jahren geschieht ein Wunder. Vor dem Kino trifft sie einen jungen Mann. Hermann Bremer (Alexander Khuon) erinnert sie an ihren Sohn. Er muss sich am nächsten Morgen bei seiner Einheit melden und wieder in den Krieg ziehen. Lena nimmt ihn mit zu sich nach Hause, gibt ihm gut und reichlich zu essen. Hermann will nicht zurück in den Krieg und Lena will ihn nicht gehen lassen. Längst sind ihre Gefühle für ihn nicht mehr mütterlicher Natur und Hermann ist von der gestandenen, lebenstüchtigen und fröhlichen Frau fasziniert. Es geschieht, was geschehen muss.


Heimliche Liebe


Das sind „Miniaturen des Glücks und der Lust, die auch ihre Schattenseiten zeigen dürfen“, sagt Regisseurin Ulla Wagner. „Die spontane Nähe zu einem Fremden, die Kriegssituation, in der jeder Tag der letzte sein kann, lässt plötzlich alles möglich werden: Die Angst vor dem Verlust der heimlichen Liebe, Zweifel, Gefallen an Macht und Spiel, Schuldgefühle, das Wissen um die Endlichkeit der Dinge.“
Hermann bleibt bei Lena und kehrt nicht zu seiner Einheit zurück. Damit gilt er als fahnenflüchtig, worauf die Todesstrafe steht. Er muss sich also versteckt halten. Das ist angesichts des neugierigen Blockwarts (Branko Samarovski) im Hause gar nicht so einfach. Die Liebenden reagieren im Lauf der Zeit ganz unterschiedlich. Während Lena aufblüht, fühlt sich Hermann in seinem Käfig nicht mehr wohl und wird zunehmend unruhig. Das Kriegsende, das dann irgendwie doch plötzlich kommt, ist ein Schock für Lena, denn der Frieden ist eine Gefahr für ihre Liebe. Sie weiß genau, dass Hermann sie verlassen wird, vor allem, nachdem sie herausgefunden hat, dass er verheiratet ist und ein kleines Kind hat. Sie bringt es nicht übers Herz, ihm die Wahrheit zu sagen, weil sie den Traum noch am Leben erhalten will. So spielt sie ihm vor, dass noch Krieg wäre. Das ist der „unerhörte Moment“, der diese Novelle auszeichnet. Aber es dauert nicht lang, da tauchen die ersten Filme aus den Konzentrationslagern auf. Lena erkennt, dass sie die Lüge nicht länger aufrecht erhalten kann und sagt Hermann die Wahrheit, sie lässt ihn schweren Herzens gehen.


Nach dem Krieg - Lena in ihrer Imbissbude


Lebenstüchtig wie sie ist, erfüllt sie sich den Traum von der Selbständigkeit und eröffnet eine kleine Imbissbude. Sie muss an Nahrungsmitteln und Zutaten das nehmen, was ihr die Alliierten zuteilen. Als eine Kiste herunterfällt, mischen sich Ketchup und Currypulver miteinander. Lena stellt fest, dass das gar nicht schlecht schmeckt. So entdeckt sie die Currywurst. Aus etwas Altbekanntem entsteht durch ein exotisches Gewürz etwas Neues, was Lenas Imbiss zum Erfolg verhilft.

Die international renommierte Schauspielerin Barbara Sukowa lebt in den USA. Sie hat mit Größen wie Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta gearbeitet und wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet. Da der Film nur ein sehr kleines Budget hatte, war es Glück, jemanden wie Sukowa für die Rolle gewinnen zu können: „Ich habe mich besonders für diese kleinen Geschichten interessiert, die man aus normalen Geschichtsbüchern nicht erfährt,“ erklärt Sukowa. „Der Film konzentriert sich auf eine solche Geschichte, eine Geschichte zwischen zwei Menschen.“ Die Figur der Lena hat für Sukowa eine gewisse Allgemeingültigkeit: „Das Interessante an meinem Alter ist, dass man an einem Abend Alterssprünge von 20 Jahren machen kann. Lena hat Momente, wo sie jung ist und jung aussieht, und Momente, wo man sieht, dass sie ihr Leben gelebt und Erfahrungen gemacht hat.“

Alexander Khuon (Jahrgang 1979) ist auf den deutschen Bühnen schon eine feste Größe. Hermann Bremer ist seine erste Hauptrolle in einem Kinofilm. Da sich die Regisseurin Ulla Wagner angesichts der komplexen Novelle nur auf ein paar wenige Motive konzentriert hat, war die Besetzung der männlichen Hauptrolle besonders wichtig, weil der Film überwiegend ein Kammerspiel mit diesen beiden Hauptpersonen ist. Wagner hat auf große Massen- und Kriegsszenen verzichtet (aufgrund es Budgets verzichten müssen). Es ist nur ein angedeutetes Zeitkolorit, dass sich aber mit den Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegszeit deckt. Lena ist zum Beispiel so selbstbewusst und emanzipiert geworden, dass sie ihren nichtsnutzigen Ehemann nur kurze Zeit nach seiner Kriegsheimkehr herauswirft. Sie hat gelernt, für sich selbst zu sorgen. Ihr, ebenfalls gesund heimgekehrter Sohn (Frederick Lau), akzeptiert die Entscheidung der Mutter lakonisch. In einer Zeit, in der Wurst, Ketchup und Curry zusammen passen, muss auch das gehen.


Helga Fitzner - red / 13. September 2008
ID 3996
Die Entdeckung der Currywurst
(Deutschland 2008)
Regie und Drehbuch: Ulla Wagner
nach der gleichnamigen Novelle von Uwe Timm
Starttermin: 11. September 2008

Weitere Infos siehe auch: http://www.dieentdeckungdercurrywurst-derfilm.de/main.htm





 

FILM Inhalt:

Rothschilds Kolumnen

BERLINALE

DOKUMENTARFILME

DVD

EUROPÄISCHES JUDENTUM IM FILM
Reihe von Helga Fitzner

FERNSEHFILME

HEIMKINO

INTERVIEWS

NEUES DEUTSCHES KINO

SPIELFILME

TATORT IM ERSTEN
Gesehen von Bobby King

UNSERE NEUE GESCHICHTE


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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