Zwischen
Zorn und
Zärtlichkeit
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Bewertung:
Der Großvater erzählt, dass der Olivenbaum von den Römern gepflanzt worden und schon über 2000 Jahre alt sei. Und so ist ein Baum Titelheld des Films El Olivo – Der Olivenbaum, den die spanische Regisseurin Icíar Bollaín nach einem Drehbuch von Paul Laverty in Szene setzte. Beide sind für sozialkritische Filme bekannt.
Alma (Anna Castillo) hört von klein an begeistert den Geschichten des Großvaters (Manuel Cucala) zu, und die beiden haben eine fast spirituelle Verbindung zu den Olivenbäumen und zur Natur. Eines Tages werden viele der uralten Olivenbäume verkauft, darunter auch der Lieblingsbaum der beiden. Es werden viele Äste abgesägt und ein Teil der Wurzeln, um sie irgendwo anders wieder einzupflanzen. Alma und ihr Großvater sind entsetzt, können es aber nicht verhindern. Almas Familie will eine Zukunft schaffen und kauft mit dem Geld ein Restaurant am Meer. Doch nach dem Boom kommt es in Spanien zur Finanzkrise und zum Bankencrash, und alles ist verloren. Der Großvater spricht aus Gram kein Wort mehr. Demenz, meint die Familie, doch Alma glaubt an seine Gesundung, wenn sie ihm den Baum zurückbringt.
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Alma (Anna Castillo) liebt ihren Großvater (Manuel Cucala) über alles | © Jose Haro / Piffl Medien
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So aussichtslos das Unterfangen klingt - es wurden damals Tausende von Olivenbäumen abtransportiert - so hold ist ihr das Glück. Im Internet finden sie ein Bild ausgerechnet ihres Baumes, der jetzt im Foyer eines Energiekonzerns in Düsseldorf steht. Rechtmäßig erworben, zumindest was die Gesetze angeht. Sie überredet ihren Onkel Alcachova (Javier Gutérriez) und ihren Kollegen Rafa (Pep Ambròs), die beide als unterbezahlte LKW-Fahrer arbeiten, einen LKW „auszuleihen“ und ohne nennenswerte finanzielle Mittel zusammen mit ihr nach Düsseldorf zu fahren, um den Baum zurück zu holen. Der Film macht auf schmerzhafte und manchmal heitere Art deutlich, wie sich die Krise auf die Menschen ausgewirkt hat und was sie mit sich selbst machen. Regisseurin Icíar Bollaín erklärt: „Einer der höchsten Preise, den wir für diese Krise zahlen, ist – abgesehen von der materiellen Verarmung – das Verschwinden von etwas Essentiellem, der Hoffnung. Für mich erzählt der Film davon, wieder an etwas zu glauben. Zu lernen, wie man wieder vertrauen kann.“
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Alma (Anna Castillo) steht für eine spanische Jugend, der alles genommen wurde | © Jose Haro / Piffl Medien
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In Düsseldorf angekommen, überschlagen sich die Ereignisse. Die Aussichten, den Baum zu bekommen, waren bei Null, und nun brechen sogar Tumulte bei einer Demonstration von Umweltschützern aus. Die drei Abenteurer sind sich auf der Fahrt aber näher gekommen und geben nicht auf, obwohl sie völlig chancenlos sind.
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Versuchter Befreiungsschlag. Alma (Anna Castillo), Rafa (Pep Ambròs) und Alcachova (Javier Gutérriez) haben es bis Düsseldorf geschafft | © Marino Scandurra / Piffl Medien
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Der Film endet sehr schmerzlich mit einem winzigen Hoffnungsschimmer. Damit spiegelt er die derzeitige Lage in Spanien wider.
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Die Spanier waren in Folge der Bankenkrise sehr demonstrationsfreudig. Es wurde die Bewegung der „Indignados“, der Empörten, gegründet, die beispielgebend war für die Occupy-Bewegung und andere, wie derzeit Nuit debout in Frankreich. Im Jahr 2013 soll es gar 33.000 angemeldete Demonstrationen in Spanien gegeben haben. Anstatt den berechtigten Protesten Abhilfe zu schaffen, wurden 2015 einschränkende Gesetze erlassen, die u. a. unangemeldete Demonstrationen verbieten. Das bedeutet 30.000 Euro Strafe und keine Möglichkeit zum Gerichtsverfahren, weil es als Ordnungswidrigkeit gilt und nicht als Straftat. Kritiker nennen es daher „Maulkorb-Gesetz“, was noch gelinde ausgedrückt ist. Die kreativen Spanier schufen 2015 dann ein Hologramm, in dem 80 virtuelle Protestierende am Parlamentsgebäude in Madrid vorbei liefen. Darüber haben einige Medien auch berichtet.
Wie es den Spaniern im Privat- und Arbeitsleben ergeht, erfahren wir auf diese Art nicht. Was das mit den Menschen macht, zeigt aber der Film El Olivo – Der Olivenbaum. Einige Szenen sind sehr expressiv. Alma arbeitet notgedrungen auf einer Geflügelfarm. Am Anfang sehen wir sie im Stall, wie sie Küken streichelt; später, in der überfüllten Halle der Massentierhaltung, geht sie durch die Reihen und entsorgt desillusioniert die Kadaver der verendeten Vögel. Das ist eine starke Metapher für die Unmenschlichkeit, der neben den Tieren auch viele Menschen durch Wirtschaft und Politik ausgesetzt sind.
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Helga Fitzner - 25. August 2016 ID 9501
Weitere Infos siehe auch: http://www.el-olivo-film.de/
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