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Der Rasenmäher als Dienstwagen

Catrin Barnsteiner und „Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung“


Catrin Barnsteiner im Gespräch mit Radiomoderator Knut Elstermann in der Berliner Buchhandlung Uslar & Rai - Foto (C) Jamal Tuschick



Fred Eisenbogen stammt aus einer Dynastie fanatischer Finanzamtmänner. Für Fred birgt das Steuerwesen Kult und Mythos. Er weiß, der Mensch fand zur Schrift nicht im Geschlechts- vielmehr im Geschäftsverkehr. Ein besonderes Verhältnis hat er zu Keilschrift-Artefakten der Sumerer, die als Schuldscheine entziffert werden konnten. In Freds Weltbegriffen beschleunigt nicht Kunst die Kultur, sondern der Fiskus – dieser Brotkorb der Verzweiflung so vieler. Doch soll es Leute geben, „denen die Steuererklärung Spaß macht.“

Zumindest behauptet das Catrin Barnsteiner in ihrem ersten Roman Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung – und so auch im Gespräch mit Radiomoderator Knut Elstermann in der Buchhandlung Uslar & Rai. Es muss aufgestuhlt (Terminus technicus) werden, das Interesse an dem F-Wort (Finanzamt) in der Literatur nimmt die kleine Hochburg im Prenzlauer Berg auseinander.

Catrin Barnsteiner ist bekennende Schwäbin. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass die Berliner Ressentiments gegen ihre Landsleute unerlaubte, in jeder lauteren Prüfung versagende Vorbehalte sind. Da ist auch die Familie, mit Kind, Kegel und Kehrwoche angereist aus dem Norden Württembergs – auch das ein Grenzland, denkt man an Baden in der Nacht.

Catrin Barnsteiner sucht das breite Publikum, den Leser, der bei Laune gehalten werden will. Fred könnte so einer sein. Allein seine Uhr ist für einen Größeren bestimmt. Er lebt in Wohngemeinschaft mit Winnie, dem Kollegen – in Böblingen. Winnie sieht nach aggressivem Motorradfahrer aus, „ist aber so korrekt, dass er Tipp-Ex pinkelt“. Fred kämpft mit seinem Beamtenscheitel, er hasst Ausnahmen und verabscheut Sindelfingen. Doch lebt in Sindelfingen jene von ihm verehrte Sandra Schläpple „in Sommerkleid und Gummistiefeln“, ausgerechnet als Spross einer das Finanzamt fantasievoll verachtenden Sippe. Sandra liebt Chaos so wie Fred Vordrucke. „Vordrucke sind gut. Was kann schlecht an einer vorgedruckten Glückwunschkarte sein.“

Der Schläpples liebster Zeitvertreib ist die Steuerhinterziehung – als Kunstform, in die schon jüngste Nachkommen eingeweiht werden. Gemeinsam fälscht man Betriebsquittungen. Der Rasenmäher wird als Dienstwagen deklariert. Eine Fahrkarte nach Böblingen kommt nicht als Reisekosten in Betracht, vielmehr „als besondere Belastung“ – in Anbetracht besonderer Beziehungen unter Schwaben.

Lesen Sie das Buch, dann wissen Sie mehr als ich. Ich fand erhellend, was die Autorin en passant zum Besten gab: „Zu Beginn der Niederschrift, dachte ich, ich sei Sandra, am Ende entdeckte ich den Fred in mir.“ Folglich lautet hier die Devise: Entdecke deinen inneren Finanzbeamten.


Jamal Tuschick - 24. August 2013
ID 7083
Catrin Barnsteiner, Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung
Bloomsbury
14,99 Euro
ISBN 978-3-827-0115-0


Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinverlag.de/bucher/bucherdetails.php?isbn=9783827011510


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