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Lesung

Die Leute von Garopaba

Daniel Galera liest in der Brasilianischen Botschaft


Daniel Galera in der Brasilianischen Botschaft in Berlin - Foto (C) Jamal Tuschick



Der Kulturattaché sieht fit aus. Ich denke mir eine Biografie in drei Sätzen für ihn aus. Darin koordiniert er seine Termine im Kraftraum der Botschaft. Die Botschaft liegt an der Spree. Es ist den ganzen Tag nicht richtig hell geworden.

Brasilien ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse, Daniel Galera startet den Repräsentationsmarathon in Berlin und da in der Repräsentanz seines Landes. Der Attaché begrüßt Männer, ihm ähnlich wie Doppelgänger. Brüderlich bärtige Brasilianer in Berlin. Daniel Galera passt ins Bild. Er erzählt von einem Mann, der seinem Sohn sagt, dass er sich umbringen wird. Er beglaubigt die Absicht mit dem Revolver in Reichweite. Eine Western-Einstellung, gestimmt auf den Kammerspielton. Der Sohn hat keinen Namen in Galeras Roman Flut. Man nennt ihn „Schwimmer“, die Zuschreibung verlangt eine mythische Dimension.

Galera erläutert die Transzendenz des Schwimmens. Die Perfektion, die man beim Kraulen erreichen kann, ließe sich auch in Budo-Schüler- und Meisterschaftsgraden gliedern. Das hieße dann, mit einem schwarzen Gürtel baden zu gehen.

Der Schwimmer war Triathlet und ist nun Sportlehrer. Er findet „Frieden im Meer“. Allerdings findet er beinah auch den Tod im Wasser. Er ist gesichtsblind, offenbar ein neurologisches Faszinosum für Schriftsteller. Zurzeit grassiert die Krankheit in Romanen. Im Fall des Schwimmer ist sie eine Folge „von perinataler Hypoxie“, einer Hirnschädigung aus Sauerstoffmangel während der Geburt. Der Schwimmer kann sich keine Gesichter merken, erkennt sich selbst nicht im Spiegel. Nicht jede glaubt ihm das. Der Schwimmer sondiert im Umkreis der Gesichtsauffassung einer Person. Auf Nebenschauplätzen prägen sich ihm Merkmale ein. Etwa das Gewicht einer Frau, die sich schon einmal auf ihn gelegt hat, bleibt ihm zu ihrer Identifikation im Gedächtnis.

Der Schwimmer folgt Spuren seines Großvaters, der in den Sechzigern des 20. Jahrhunderts verschwand. Selbstverständlich unter seltsamen Umständen. Als Fremder kommt der Schwimmer in das atlantische Küstenkaff Garopaba. In der Gegend von Garopaba war der Großvater Gaucho. Er trifft den „Sänger“, der „wie ein Puma aus dem Hals riecht“ und von einem Kampf mit dem Gaucho eine Narbe davongetragen hat. „Ein durchgeknallter Typ“ sei der Gaucho gewesen. Der Enkel imaginiert sich als sein Großvater „in sonderbaren Spiegelungen“. Den Eingesessenen wird er unheimlich – als Wiedergänger eines vormodernen Opas, der mehr eine jähzornige und handfeste Erscheinung als ein Mensch gewesen sein soll. Darum geht es Daniel Galera: Um die Sehnsucht nach dem Mythos. Dieser Sehnsucht ist vieles recht, wenn es nur narrativ hinhaut – als Erzählung von einer Überwindung irdischer Begrenzungen. In den Hochöfen heißer Nächte schmilzt die Wirklichkeit. Die Leute von Garopaba sehen Gespenster in ihren Träumen. Sie identifizieren die Gespenster in den Gestalten der Fremden.
Jamal Tuschick - 7. Oktober 2013 (2)
ID 7231
Daniel Galera | Flut
Gebunden, 425 Seiten
D: 22,95 € | A: 23,60 € | CH: 32,90 sFr
Suhrkamp Verlag 2013
ISBN 978-3-518-42409-4


Weitere Infos siehe auch: http://www.suhrkamp.de/buecher/flut-daniel_galera_42409.html


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