BAYREUTHER FESTSPIELE 2022
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Pseudo-
symbolistisches
Einerlei
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Tristan und Isolde in Bayreuth 2022 | Foto (C) Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
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Bewertung:
Dieser neue Tristan auf dem Grünen Hügel - eine Verlegenheitslösung der Festspielleiterin, weil sie wohl nicht ganz unbegründet annahm, dass der neue Ring (wegen eventueller Covid-Ansteckungen) abermals ausfallen müsste und sie daher diesbezüglich vorsorgte, indem sie Tristan und Isolde ansetzte, dass wenigstens dann eine neue Produktion im "normalen" ersten Festspieljahr nach Corona Premiere haben könnte - sollte eigentlich aufgrund seines so kurzfristig entschlossenen Zustandekommens milder denn als mild bewertet sein, jedoch:
Ich kann und will es mir (es ist dann immerhin mein vierter Tristan, den ich hier erlebte) nicht verkneifen zu behaupten, dass es leider, leider, leider der mit Abstand ungelungenste - szenisch wie musikalisch - war und ist, vergleiche ich ihn zu den Jahre und Jahrzehnte zurückliegenden Inszenierungen und Dirigaten von Heiner Müller & Daniel Barenboim, Christoph Marthaler & Peter Schneider sowie Katharina Wagner & Christian Thielemann.
Aktuell verantworteten Roland Schwab und Markus Poschner diese neue Produktion szenisch wie musikalisch. Und das allenthalben Beste aus ihr gleich voran: Schwabs Einfall mit der rein gestischen Vorführung eines generationsübergreifenden Liebespaars (im 1. Akt als pubertierende Teenies, im 2. Akt als grasrauchende Mittzwanziger, im 3. Akt als sichtlich gealterte und trotzdem immer noch sich liebende Greise) war ein plausibles und sehr schönes Beiwerk. Ja und Stephen Goulds Durchhalte, insbesondere bei Tristans ausufernden Fiebermonologen, war bewundernswert und atemberaubend; auch konnten er und Partnerin Catherine Foster (Isolde) durchaus leise und noch leiser, spätestens ab "O sink hernieder"; geht doch! wollte ich da sagen.
Und der Rest vom Ganzen?
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Catherine Foster und Stephen Gould als Tristan und Isolde in Bayreuth 2022 | Foto (C) Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
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Diese Inszenierung mit dem Einheitsbühnenbild von Piero Vinciguerra - bestehend aus zwei Großelypsen (die eine als Plattform mit integriertem LED für Videoinstallationen unten, die andere als mit Grünzeug umrandeter Ausguck oben), einem hinteren Quadrat für Auf- und Abgänge und paar Designerliegen, Scheinwerfern und rotleuchtendem Sanskritschriftzug (eingedeutscht als "ewig" oder so) - gefiel sich sehr in pseudosymbolistischem Einerlei. Die Filmeinspielungen auf der ebenen Elypse zeigten im 1. Akt diverse Wasserbewegungen mit allmählicher Rot- also Blutverfärbung (wahrscheinlich wegen des von Tristan geköpften früheren Isoldeliebhabers Morold, wofür die Titelheldin ihn, den Mörder, umständlich zur Rede stellt), im 2. Akt den sich spiegelnden Sternenhimmel mit allerlei galaktischem Explosionspotenzial und im 3. Akt so was wie Milchstraßensoße. Die später todbringende Verletzung Tristans durch Melot (Olafur Sigurdarson) erfolgte als Hinrichtungszeremonie per 35 Leuchtstoffröhren, die sich wie ein Pfahlzaun langsam durch den Ausguck nach unten bewegten, wobei die 33. und 34. nicht angegangen waren, weil vielleicht der Strom für sie nicht ausreichte - das sah dann jedenfalls so aus, als würde Tristan, zur Strafe für den sexuellen Fehltritt mit der ihm nicht zustehenden Königsbraut, gepfählt also lichtgepfählt werden, weswegen er dann auch, als er den Wundverband ziemlich am Schluss der Oper von sich riss, mit einem Rußfleck auf der linken Brust gezeichnet war.
Von "zwischenmenschlichen Beziehungen" konnte in der Personenführung Schwabs keinerlei Rede sein; gewiss auch eine Absicht von ihm. Dennoch - vergleiche ich die diesbezüglichen Herangehensweisen vom Marthaler (der den gesamten unerfüllten Liebeskosmos aufzublättern vermochte, also sowohl zwischen Tristan & Isolde als auch Tristan & Marke, Kurwenal & Tristan, Brangäne & Isolde, Isolde & Melot) oder der Wagner (die dem Marke eine treffsichere machohafte Arschlochhaftigkeit zueignete), wird mir die hilflos-desaströse tiefenpsychologische Verweigerungshaltung des Regisseurs erschreckend bewusst.
Das ellenlange An-Gesinge wurde dann - für mich als Hörer, der ich ja nichts weiter sah als bloß dieses dahergekrampfte Pseudosymbolistengehabe (auch die cyberartigen Kostüme Gabriele Rupprechts taten alles das bedienen) - zur Tortour; zudem die Foster ungezügelt laut und (zugegeben:) höhentreffsicher ihren Gesamtpart herwuchtete und der Gould, wie ja schon angedeutet, nicht viel mehr als hochsympathisch durchhielt. Georg Zeppenfeld (allein nur der!) überzeugte, wie gehabt, mit kultiviertestem Gesang; sein König Marke - wie schon in der Vorgängerinneninszenierung - bestach v.a. durch diesen ihm eigenen schwarztorf'nen Sound und seine fulminante Textverständlichkeit. Ekaterina Gubanova (als Brangäne) sowie Markus Eiche (als Kurwenal): passabel, mehr nicht.
Das Festspielorchester folgte einem mehr oder weniger nicht zu definierenden und (mehr noch:) konzeptionslosen In-die-Breite-Gezerrtsein, das der Poschner, der anstatt Cornelius Meister, den die Festspielleitung kurzerhand zum Ring "beorderte", den diesjährigen Tristan dirigierte, halt so wollte; ich erlebte ihn hiermit, ganz nebenbei bemerkt, vor Langem schon mal im Theater Bremen, wo er früher GMD gewesen war, ja und da fiel er mir - wie hier und heute - auch kaum auf.
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Andre Sokolowski - 14. August 2022 ID 13752
TRISTAN UND ISOLDE (Festspielhaus, 12.08.2022)
Musikalische Leitung: Markus Poschner
Regie: Roland Schwab
Bühne: Piero Vinciguerra
Kostüme: Gabriele Rupprecht
Dramaturgie: Christian Schröder
Licht: Nicol Hungsberg
Chorleitung: Eberhard Friedrich
Video: Luis August Krawen
Besetzung:
Tristan ... Stephen Gould
Marke ... Georg Zeppenfeld
Isolde ... Catherine Foster
Kurwenal ... Markus Eiche
Melot ... Olafur Sigurdarson
Brangäne ... Ekaterina Gubanova
Ein Hirt ... Jorge Rodríguez-Norton
Ein Steuermann ... Raimund Nolte
Junger Seemann ... Siyabonga Maqungo
Herren des Festspielchors
Festspielorchester
Premiere bei den Bayreuther Festspielen war am 25. Juli 2022.
Weitere Infos siehe auch: https://www.bayreuther-festspiele.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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