BAYREUTHER FESTSPIELE 2022
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Nah dran
GÖTTERDÄMMERUNG als "Wagner im Kino"
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Elisabeth Teige (als Gutrune) und Michael Kupfer-Radecky (als Gunther) in der neuen Götterdämmerung auf dem Grünen Hügel | Foto (C) Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
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Bewertung:
Seitdem der neue Ring in Bayreuth letzte Woche startete, übertraf sich das in der Premierenwoche anwesend gewesene Kollegium mit Entschlüsselungsfantasien, die es seiner jeweiligen Hörer- oder Leserschaft (beinahe gleichzeitig zu den drei jeweiligen Aufführungen, wollte man fast meinen) offerierte; keiner der Herrschaften glaubte mit seinem Latein dann irgendwie am Ende angelangt zu sein - zu wirr oder verstörend wollten oder sollten die von dem Regie-Youngster Valentin Schwarz zur Diskussion gestellten "Binnenerzählungen" bei altgedienten Wagnerianerinnen und Wagnerianern ankommen, ja und allein die Tatsache, dass uns das Grüner-Hügel-Feuilleton die bauchgefühlsbedingten nervlichen oder Verdauungs-Störungen aufs oftmals Humoristische vermittelte, ließ die Erwartungen der Zaunguckenden des alljährlichen Events beträchtlich anwachsen. Kurzum: Man würde dann schon liebend gern dabei gewesen sein, wenn sich der elitäre Volkszorn lauthals Bahn bricht und der Saal im Festspielhaus geradezu dann "explodiert".
Und mein privates Lektüre-Highlight diesbezüglich war das Bayreuth-Tagebuch von Peter Huth, das ich von Anfang an im Internet verfolgte - bis es leider dann der Springer-WELT-Konzern, auf dessen Plattform es zu sehen war und ist, auf die Bezahlfunktion umstellte und ich leider von seinen so spritzigen Berichterstattungen glatt abgeschnitten wurde; Scheißkapitalismus, kann ich da nur sagen!
Nun, egal.
Ich war dann - so wie letztes Jahr - im Kino International am Berliner U-Bahnhof Schillingstraße, um die diesjährige "Wagner-im-Kino" -Präsentation (eine der vielen festspielübergreifenden Ideen und Initiativen von Festspielleiterin Katharina Wagner) breitwandig und lauttonig mitzuerleben - als angekündigte Live-Übertragung, was dann allerdings de facto so nicht stimmte, denn die Übertragung kam erst zeitversetzt 2 Stunden später an. Doch wurscht.
Der unbedingte Vorteil dieser Art von Opernerlebnis sind die Nahaufnahmen (Bildregie: Michael Beyer). Der erste Akt - zumindest im Berliner Kino, wo ich war - erlebte sich, vom Ton her, etwas übersteuert sprich zu laut; die tontechnische Übertragung der zwei nachfolgenden Akte war dann wieder (für das Ohr) annehmlich also gesundheitlich-normal.
Vor und zwischen der von 18 bis 23.30 Uhr angesetzten Übertragung gab es, wie im vorigen Jahr, ein paar launige Interviews des Publizisten Axel Brüggemann mit Schwarz, Meister und Theorin; ja und zum Schluss gab es dann wieder die Verlosung der drei Hauptgewinner des obligatorischen (Kinobesucher-) Preisausschreibens fußend auf der sinngemäßen Frage, woran Siegfried wohl im ersten Akt gescheitert wäre: am Vergessenstrank natürlich...
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Bildquelle: wagner-im-kino.de
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Im Berliner Kino International gab es Wagners Götterdämmerung als zeitversetzte Live-Übertragung von den Bayreuther Festspielen am 5. August 2022 zu erleben... | Foto (C) Andre Sokolowski
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Doch zurück zu Peter Huth:
Aus seiner unbezahlt lesbaren aktuellen Headline - Der nächste Schock im "Ring", diesmal bei der "Götterdämmerung" - erfuhr ich früh am Morgen, dass die Hauptrolle des Siegfried kurzfristig dann umbesetzt werden musste:
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Der US-Amerikaner Clay Hilley (mir bestens noch als Titelheld in Siegfried und als Götterdämmerungensiegfried aus dem hochmissglückten Herheim-Ring an der DOB vertraut) sprang für den krankheitsbedingt verhinderten Stephen Gould ein und - ich hüpfe jetzt sofort zu dem, was ich im Kino sah und hörte - bestand das eklatante Wagnis mit Bravour!!
An seiner Seite Iréne Theorin (als Brünnhilde), eine wahre Königin der Vibration, weswegen sie dann auch am Schluss vom Publikum gebührlich abgestraft wurde - nein, man begreift es einfach nicht, warum sie immer noch in allen möglichen Häusern singt, obgleich WIE sie es singt, mit "Schöngesang" nichts mehr zu tun hat; klingt, seit Jahren schon, wie ein erbarmungsloses Sägen oder Sirenieren, einfach grauenvoll. Warum geht sie nicht einfach in den hochverdienten Ruhestand?
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Iréne Theorin (als Brünnhilde) in der neuen Götterdämmerung auf dem Grünen Hügel Foto (C) Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
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Mein Lieblingspaar der Aufführung: Michael Kupfer-Radecky & Elisabeth Teige (als Gunther & Gutrune) - der Regisseur hatte sie als Die Geissens karikiert, und beide fühlten sich in dieser Doppelrolle ziemlich wohl. Gesanglich und schauspielerisch: eine Wucht in Tüten.
Der Tiefenbass von Albert Dohmen (als Hagen) und der Bariton Olafur Sigurdarsons (als Alberich) beeindruckten in ihrer schwarzalbigen Bos- und Bösheit.
Christa Mayer verblüffte als an geistiger Umnachtung laborierende Waltraute.
Dirigent Cornelius Meister, der den Ring erst kurzfristig von dem an Covid schwer erkrankten Pietari Inkinen übernahm, musste dann auch (ähnlich wie Theorin, aber nicht ganz so schlimm) paar Buhs einstecken, was ich allerdings nicht nachvollziehen konnte. Und obgleich ja prinzipiell die Übertragungs- resp. Aufnahmetöne mit der Originalakustik im Festspielhaus so gut wie nichts zu tun haben; alles klingt nämlich (sobald es live vor Ort erlebt würde) viel "gedeckelter", d.h. dass das Orchester immer leiser als die Sängerinnen oder Sänger klingt. Vielleicht entzündeten sich dahingehend die Gemüter; keine Ahnung, was für sie die Ursache ihrer Erregung war.
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Die Inszenierung an sich fand ich gar nicht mal so übel, alles schien mir klipp und klar durchdacht, obgleich der Regisseur womöglich etwas weiter oder tiefer dachte, als das Wagnerianerinnen- sowie Wagnerianerpublikum gelegentlich dann mitzudenken freiwillig bereit gewesen wäre - und es drehte mir dann schon das Herz im Leibe herum das sichtlich geschockte und infolge traurige Gesicht Valentin Schwarz', welcher von der "Gemeinde" aufs Brutalste niedergebuht wurde, aus der gefilmten Nähe betrachtet haben zu müssen; o mein Gott... aber er hatte dieses Schlussvorhang-Momentum lebend überstanden, denke ich.
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Andre Sokolowski - 6. August 2022 ID 13741
GÖTTERDÄMMERUNG (Festspielhaus, 05.08.2022)
Musikalische Leitung: Cornelius Meister
Regie: Valentin Schwarz
Bühne: Andrea Cozzi
Kostüme: Andy Besuch
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Licht: Reinhard Traub
Video: Luis August Krawen
Chorleitung: Eberhard Friedrich
Besetzung:
Siegfried ... Clay Hilley (statt Stephen Gould)
Gunther ... Michael Kupfer-Radecky
Alberich ... Olafur Sigurdarson
Hagen ... Albert Dohmen
Brünnhilde ... Iréne Theorin
Gutrune ... Elisabeth Teige
Waltraute ... Christa Mayer
1. Norn ... Okka von der Damerau
2. Norn ... Stéphanie Müther
3. Norn ... Kelly God
Woglinde ... Lea-ann Dunbar
Wellgunde ... Stephanie Houtzeel
Floßhilde ... Katie Stevenson
Premiere war am 5. August 2022.
Weitere Termine: 15., 30.08.2022
WAGNER IM KINO-Übertragung im Kino International, Berlin am 05.08.2022
Weitere Infos siehe auch: https://www.wagner-im-kino.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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