Odessa Philharmonic Orchestra
Hobart Earle, Tamara Stefanovich (Klavier)
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Bewertung:
Wegen der Verhängung des Kriegsrechts hatte das Odessa Philharmonic Orchestra seine Tätigkeit vorübergehend eingestellt, d.h. dass es derzeit in seiner Heimatstadt keine Konzerte gibt. Seine Heimspielstätte, das Philharmonische Theater [s. Foto unten], bleibt bis auf Weiteres geschlossen.
Und niemand weiß, ob Putin die "Perle am Schwarzen Meer" letztendlich verschonen oder doch noch in Schutt und Asche legen wird. Der anhaltende Angriffskrieg gegen die Ukraine ist - auch hinsichtlich eines womöglich "glimpflichen Endes" für Odessa - völlig unvorhersehbar, auch ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht klar, ob die ukrainische Armee eine russische Eroberung der Südukraine zu verhindern in der Lage wäre...
Alles offen! Einfach furchtbar, sowas mitzudenken.
"Das Orchester wurde 1937 gegründet und trat während der gesamten Sowjetzeit regelmäßig zu Hause unter Dirigenten wie Nathan Rachlin, Yuri Temirkanov, Kurt Sanderling, Arvid Jansons und auch Mariss Jansons auf. Während der Sowjetzeit wurde Odessa, ein wichtiges Zentrum vor der Revolution, in den Rang einer 'regionalen' Stadt verbannt. Im Gegensatz zu Moskau und St. Petersburg durfte das Orchester in Odessa nicht über die Grenzen der UdSSR hinausreisen.
Mit der Unabhängigkeit der Ukraine stieg der Status des Orchesters; im Januar 1993 verlieh die Regierung der Ukraine dem Odessa Philharmonic Orchestra offiziell den föderalen Status. Das OPO ist die einzige Organisation für darstellende Künste in der Ukraine außerhalb von Kiew, die diese Auszeichnung erhalten hat.
Der neue Status war eine Anerkennung der dynamischen Entwicklung des Orchesters in den vorangegangenen zwei Jahren unter dem neuen Musikdirektor Hobart Earle. Seitdem ist das Orchester das erste aus der Ukraine, das sowohl den Atlantik als auch den Äquator überquert hat. In den Jahren seit 1992 haben das Orchester und Hobart Earle insgesamt fünfzehn Auslandsreisen in zwölf verschiedene Länder unternommen..."
(Quelle: odessaphil.org)
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Das Philharmonische Theater in Odessa | Bildquelle: OPO
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Das MUSIKFEST BERLIN organisierte den Gastauftritt des Odessa Philharmonic Orchestra (Dirigent: Hobart Earle) zusätzlich, er war für seine laufende Saison so nicht geplant gewesen. Die Resonanz war überwältigend - die Berliner Philharmonie bis unters Dach gefüllt. Viele, viele Ukrainerinnen und Ukrainer unter den Besuchern, darunter viele Kinder.
Es begann mit der ukrainischen Nationalhymne - ein Gänsehautmoment! Der Saal erhob sich, viele sangen mit...
Im ersten Konzertteil drei unterschiedlich kurze oder lange Werke von ukrainischen Komponisten, deren Namen man hierzulande wohl noch nie zu hören glaubte:
Ein voluminöser Orchesterauftakt vermittelte, quasi im Schnelldurchlauf, Kindheitsreminiszenzen von Myroslav Skoryk (1938-2020) - die Musik zu einem 1965 gedrehten Spielfilm, dessen Titel auf Englisch Shadows of Foregotten lautet.
Nahtlos schloss sich Mykola Lysenkos Elegie aus dem Jahre 1912 an; Lysenko gilt als "Vater der ukrainischen Musik".
Hauptstück war dann allerdings das in seiner monotonen Albumblättrigkeit nicht enden wollende 3. Klavierkonzert von Alemdar Karamanov (1934-2007), einem seiner Zeit hochbegabten und -begnadeten Krimtataren, der seit seinem fünften Lebensjahr komponierte und mit 9 schon seine erste Oper schrieb und es dann (bis zu seinem Lebensende) auf sage und schreibe 24 Sinfonien brachte. Pianistin Tamara Stefanovich übernahm den Solopart. Das Werk lässt sich schwer einordnen, teils hört es sich wie Minimal Music, teils wie Rachmaninow oder gar Skrjabin an. Melodien, die sich einprägten, gibt es nicht; "nur" dauernd solche immer wiederkehrenden 6-Ton-Abfolgen, die als enervierende Arpeggien durch den Quintenzirkel rauf und runter geleiert werden. Sehr pathetisch, sehr sentimental, reinste Gemütsmusik.
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Das Odessa Philharmonic Orchestra unter Leitung seines Chefdirigenten Hobart Earle beim MUSIKFEST BERLIN am 6. September 2022 | Foto (C) Fabian Schellhorn/Berliner Festspiele
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Sibelius' 2. Sinfonie beschloss diesen hochemotionalen Abend.
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Andre Sokolowski - 6. September 2022 ID 13792
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 06.09.2022)
Mychajlo Werbyzkyj: Ukrainische Nationalhymne
Myroslav Skoryk (1938-2020): Dytynstvo (dt.: Kindheit), Musik aus dem Film Shadows of Forgotten Ancestors (1965)
Mykola Lysenko (1842-1912): Elegie op. 41, Nr. 3 (1902), Orchesterfassung von Vsevolod Sirenko und Hobart Earle (2021)
Alemdar Karamanov (1934-2007): Klavierkonzert Nr. 3 Ave Maria (1968)
Jean Sibelius: Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 43
Tamara Stefanovich, Klavier
Odessa Philharmonic Orchestra
Dirigent: Hobart Earle
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/de/musikfest-berlin/start.html
https://www.andre-sokolowski.de
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