RheinVokal präsentierte Patrick Grahl und Klara Hornig mit einem Liederabend im Arp Museum Bahnhof Rolandseck
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Bewertung:
Fernab des etablierten Kanons eines klassischen Liederabends erklangen im Arp Museum Bahnhof Rolandseck kunstvoll lyrische Miniaturen. Sanfte Melodiebögen gingen einher mit Sprachschattierungen. Musikalische Akzente lagen auf Wortnuancen in Dichtungen, etwa von Christian Morgenstern, Georg Trakl oder Knut Hamsun. Mal wurde in den dargebotenen Liedern politisch zeitkritisch sinniert, dann wurde im Rückgriff auf mittelalterliche Vorlagen in kompositorischer Dichte eine Weltabgeklärtheit und Abkehr in die Natur angedeutet.
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Unter dem Titel Von der Freundlichkeit der Welt, nach der gleichnamigen Ballade aus Bert Brechts Hauspostille, widmeten sich am vergangenen Samstagabend der Tenor Patrick Grahl und die Pianistin Klara Hornig dem Schaffen von vier Komponisten, die alle im 20. Jahrhundert wenigstens zeitweise in Leipzig residierten: Wilhelm Weismann, Johannes Weyrauch, Hanns Eisler und Rudolf Wagner-Régeny. Oft erzählen Verse der Letztgenannten in eher traditioneller Tonsprache von Erinnerungen an eine vergangene Liebe, aber auch in dichten Harmonien von gesellschaftlichen Umwälzungen.
Der in Leipzig geborene Patrick Grahl war Mitglied des Thomanerchores und erhielt 2016 den 1. Preis beim XX. Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb. In Rolandseck bewegte er sich in Wilhelm Weismanns Tageslied II auf unterschiedlichen Tonhöhen, wenn er unterschiedliche Sprecherrollen akzentuierte. Grahl erfasste ausdrucksvoll und konzentriert, weich moduliert und stimmlich mit zartem Schmelz Bilder der Vergänglichkeit, etwa beim Vokalgesang zu Johannes Weyrauchs Finsternis (Vöglein Schwermut). Feierlich hielt er zwischen den einzelnen, oft aus wenigen Versen bestehenden Balladen inne, um sodann aufbrausend und mit Nachdruck beim nächsten Lied lauter zu werden.
Hornig begleitete Grahl stilsicher und souverän am Piano. Von ihr klirrend angetippte, perlend sich wiederholende Tonfolgen bereiteten Melodiemotive vor. Langsam sich zerdehnend spielte sie etwa bei Eislers Drei Fontane-Liedern Klavierakkorde aus, um alsbald mit dramatischer Intensität schnellere Klangfolgen hervorzulocken.
Während der etwa zwanzigminütigen Pause besuchten einige Konzertbesucher spontan die Ausstellung der die DADA im wenige Treppenstufen höhergelegenen Stockwerk. Die noch bis 12. Januar 2025 gezeigte Sammelausstellung mit über 200 Werken dokumentiert die Beteiligung von Frauen an der avantgardistischen Kunstströmung des Dadaismus.
Die beiden Musiker empfingen ihr Publikum dann passenderweise anschließend mit Eislers schrägem Dada-Nonsens „Ich hab’ heut’ Eis gegessen“ aus seinem Hollywooder Liederbuch. Letzter stimmungsvoller Höhepunkt war schlussendlich die Zugabe, bei der Grahl und Hornig nach etwa zweistündiger Performance Brechts Kinderhymne Anmut sparet nicht noch Mühe darboten. Meine mir unbekannte Sitznachbarin meinte dann noch, dass dies eine vielfach schönere Nationalhymne darstellen dürfte als das traditionelle Deutschlandlied.
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Pianistin Klara Hornig und Tenor Patrick Grahl beim Liederabend am 10. August 2024 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 12. August 2024 ID 14868
Weitere Infos siehe auch: https://arpmuseum.org
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