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Konzertbericht

O Ewigkeit



Instrumentalquartett Uwaga in der Kölner Basilika St. Maria im Kapitol | Foto © Ansgar Skoda

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Gefühlt steht sie schon ewig da - die größte romanische Kirche in Köln wurde in der Frühromanik zwischen 1040 und 1060 erbaut. Die Kölner Basilika St. Maria im Kapitol beherbergte mit der ROMANISCHEN NACHT einen kulturellen Höhepunkt im Jahreskalender der einstigen römischen Stadt. Das Konzert ist alljährliches Highlight des seit 1988 jährlich stattfindenden Festivals Romanischer Sommer, das sich in diesem Jahr unter dem Titel „O Ewigkeit“ der Unendlichkeit allen Seins widmete. Ganz diesseitig erscheinen im Hof des Kreuzgangs dann ein Catering mit ausgewählten Weinen, etwa vom Mittelrhein, und Brötchen. Auch ein blühender Rosengarten mit Lavendel stimmt auf den abwechslungsreichen Konzertabend ein. Der weite Kirchenraum bietet den auftretenden Künstlern großzügige Entfaltungsmöglichkeiten für ihre Klänge. Farbig angeleuchtete Kuppeln, Bögen, Säulen, Kapitelle und Figuren – oder auch ein reich verzierter Türflügel aus dem 11. Jahrhundert – laden dazu ein, hier mit Blicken zu verweilen. Vor dem Hintergrund dieser stimmungsvollen, regelmäßig neu arrangierten Beleuchtungen musizieren etwa stündlich wechselnde Ensembles. Die Konzerte finden 2024 alle im Hochaltar statt.

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Im Ostchor eröffnet der Bonner Kammerchor den Abend mit der einzigen Messe des Schweizer Komponisten Frank Martin, die dieser 1922 im Alter von 32 Jahren komponierte und 1926 vollendete. Heute gilt die A-capella Messe für zwei vierstimmige Chöre als ein beliebtes geistliches Werk für doppelstimmigen Chor. Martin, 1950 bis 1957 Kompositionsprofessor an der Kölner Musikhochschule, wählte als lateinische Textgrundlage das katholischen Messordinarium. Unter der Leitung von Georg Hage überlagern sich beim „Kyrie“ und „Gloria“ sphärisch die Stimmen des Bonner Kammerchores, mehrstimmige Gesangslinien werden auch beim „Credo“ oder beim „Sanctus“ mal lauter und mal leiser, Klänge schweben schließlich beim „Agnus Dei“ noch lange im Raum. Voluminöse, kantable Harmonien, weich artikulierte Wiederholungen und dunkel vibrierende Gegenrufe sorgen, besonnen arrangiert, für ein dynamisches Gesangserlebnis.

Auf die eindrückliche Messe folgen mit Luigi Nonos Streichquartett Fragmente - Stille, An Diotima (1979/80) klare und kontemplative Klänge. Namenspatron des 1988 gegründeten Kölner Streicher-Quartett Minguet ist der spanische Philosoph Pablo Minguet, der sich im 18. Jahrhundert in seinen Schriften dafür engagierte, der breiten Bevölkerung Zugang zu den schönen Künsten zu ermöglichen. Diesem Motto fühlt sich das Quartett verpflichtet. Ulrich Isfort und Annette Reisinger an der ersten resp. zweiten Violine, Aida-Carmen Soanea an der Viola und Matthias Diener am Violoncello spielen konzise, sich zerdehnende, gebrochene Klänge. Das präzise ausbalancierte Arrangement ist geprägt von kantigen Klangbildern. So erscheinen Melodien fragmentarisch, werden perkussiv erkundet. Schwingende Bögen machen minimale Details hörbar und setzen unvorhergesehene Akzente.

Es folgten gegen 22 Uhr liturgische Gesänge, Vokalpolyphonie und Messegesang aus der Gregorianik und Renaissance-Zeit. Das Quintett Cinquecento – bestehend aus Countertenor Terry Wey, den Tenören Achim Schulz und Tore Tom Denys, Bariton Tim Scott Whiteley und Bass Ulfried Staber – widmet sich zwei flämischen Komponisten. Das Wiener Vokalensemble singt Guillaume Dufays mehrstimmigen, um 1450 entstandenen Messezyklus Missa Se la face ay pale und A-capella-Werke des franko-flämischen Komponisten Heinrich Isaac. Voller Leuchtkraft, mit schönen Phrasierungen und seraphischem Schweben im Gesang präsentiert das Ensemble die Werke andächtig, schwungvoll, weich moduliert und klar artikuliert.



Renaissance-Vokalquintett Cinquecento in der Kölner Basilika St. Maria im Kapitol | Foto © Ansgar Skoda


Musikalische Grenzgänge nach Johann Sebastian Bach lotet gegen 23 Uhr das Instrumentalquartett Uwaga unter dem Motto "Bach to the roots" aus. Das Ensemble – bestehend aus Maurice Maurer und Christoph König an den Violinen, Miroslaw Tybora am Akkordeon und Markus Conrads am Kontrabass – durchleuchtet das Werk des Barockkomponisten zwischen Klassik, Jazz, Pop und Balkan. Voller technischem Können werden flächige Klänge durch intensive, kraftvolle Einwürfe unterbrochen. Die ausgefeilten Arrangements wirken in kurzen Momenten fast improvisiert. Für ihre swingende Leichtigkeit erhält das Quartett bald Zwischenapplaus des Publikums.

Mit frohen Klängen und ausdrucksvollen, melodischen Partien reißt auch das Vokal Trio Insingizzi aus Simbabwe gegen 23:30 mit. Die afrikanische Vokalisten Dumisani "Ramadu" Moyo, Blessings "Nqo" Nkomo und Vusa Mkhaya Ndlovu performen polyphonen A-capella-Gesang im Imbude Stil der Ndebele aus dem Süden von Simbabwe. Dreistimmig singen sie eine Mischung aus Gospel, Weltmusik und spirituellem Volksgesang. Sie begleiten sich nebeneinander synchron mit Gesten, Perkussion, Shakers und laden das Publikum regelmäßig zum rhythmischen Klatschen ein.

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Klangwelten voller Atmosphäre und Intensität hallen noch lange nach, nachdem das Publikum nach warmherzigen Applaus gegen Ende weit nach Mitternacht die Kirche über den Kreuzgang verlassen hat.
Ansgar Skoda - 12. Juni 2024
ID 14795
Weitere Infos siehe auch: http://www.romanischer-sommer.de/


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