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Konzertbericht

Großkonzert

zum Jubiläum



Bewertung:    



Gestern Abend im Großen Saal der Berliner Philharmonie:

concentus alius, das Homophilharmonische Orchester Berlin wartet mit sage und schreibe 120 Orchestermusikerinnen und -musikern (darunter 45 Gästen) sowie weit über 200 Choristinnen und Choristen (Mahler-Projektchor) auf. Alle sind sie im Programmheft namentlich erwähnt.

Mahlers "Auferstehungssinfonie" steht auf dem Plan.

Es gilt das 25-jährige concentus alius-Jubiläum sichtlich und v.a. hörbar zu begehen.

Den Taktstock schwingt Christiane Silber, die seit 2010 die Dirigentin des Orchesters ist; ihre männlichen Voränger in dieser Position [in absteigender Reihenfolge] waren Tobias Mehling (2009/2010), E. Scott Wilkinson † (2006-2009), Eric Juteau (2006), T. Robert Grünberg (2000-2006) und Matthias-Constantin Lorenz (1999/2000). Wissende Konzertbesucherinnen und -besucher nicht nur aus der Hauptstadt kennen sie zudem auch als [orchesterintern bezeichnete] "Vorspielerin Bratsche" beim RSB.

Der Saal ist ausverkauft, und außer einer zahllos zum Fest erschienene LSBTI*-Community sind es bestimmt nicht wenige Sympathiesantinnen und Sympathisanten der Bewegung oder auch "nur" zahlreiche Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber, die bei diesem besonderen Konzert live dabei sein wollen.


"Warum ein queeres Orchester für LSBTI*? Ist das in einer Zeit weitgehender Gleichberechtigung überhaupt noch relevant und zeitgemäß? Diese Fragen hören wir mitunter.

Der Versuch einer Antwort aus Binnensicht: Viel wichtiger, als dass wir schwul, lesbisch, bi oder genernonkonform sind, ist in unserem Orchesteralltag, dass wir musikbegeistert sind. Unsere Mitspielenden, die nicht 'aus der Familie' sind (ja, die gibt es, wir sind hetero-friendly), sind für unseren Zusammenklang genauso wichtig wie alle anderen. Aber dennoch ist es ein wichtiges und zeitloses Wesensmerkmal unserer Identitä als
concentus alius und unseres Miteinanders als Musiker*innen in diesem Orchester, dass wir homophilharmonisch sind.

Vielleicht entsteht ein anderer und auf besondere Art selbstverständlicher und harmonischer Zusammenklang, wenn Menschen miteinander musizieren, die voneinander wissen, dass sie in ihrem privaten Leben einer Minderheit angehören und dieses Schicksal teilen.

Menschen, die zunächst lernen müssen, sich in ihrem Anderssein selbst zu erkennen, zu akzeptieren und zu lieben, die ihren eigenen Weg finden müssen und dabei auch Außenseiter- und Diskriminierungserfahrungen machen. Menschen, die lernen, auf sich und aufeinander zu hören."


(Richard Harnisch im Programmheft von concentus alius)



Ausgelassene Stimmung herrscht, als der ehemalige Kultursenator Klaus Lederer und Schwester Hannelore Huesmann vom Hospizdienst Tauwerk das befeierte Orchester, den zusammengestellten Chor und das Publikum begrüßen - der concentus alius organisiert und spielt, seit seiner Gründung, immer wieder Benefizkonzerte zugunsten des ambulanten Hospizdienstes für Menschen mit AIDS.

Ja und dann geht es auch schon los...

*

So derart anspruchsvoll, in ihrem merkwürdigen Sendungsbewusstsein reichlich übertrieben, besonders aber personell wie räumlich überbordend diese Zweite Sinfonie von Gustav Mahler ist, so steht sie gleichsam nicht gerade selten auf dem Spielplan von Orchestern jeglicher Couleur - erst neulich hörte und sah ich sie anlässlich des Gastspiels der Münchner Philharmoniker beim MUSIKFEST BERLIN.

Diesmal klingt "es" noch um einen Deut bombastischer und lauter als jemals zuvor von mir erlebt.

Zwischen den Sätzen wird zwar applaudiert - und für die Ausführenden, aber auch für die geübten Klassikhörenden ist sowas immer wieder nervig; doch was willst du machen (Publikumsbeschimpfung?) - , dennoch trübt's die Stimmung nicht, na jedenfalls nicht allzu sehr.

Die Dirigentin Silber ist sonach bemüht, die mitwirkenden Hundertschaften inkl. Chor (Choreinstudierung: Thomas Hennig) sowie Fernorchester erfolgreich zusammenzuhalten. Sie kniet sich auch arg tief hinein in diese Monsterpartitur, worauf die Musiker enthusiasmiert veranlasst sind, mehr auf hörbare Klanggewalt (Voluminösität, Lautstärke) als dezenteste Zurückgenommenheiten (im Piano, Pianissimo) zu insistieren; aber macht nix, insgesamt wirkt's überraschend toll & gut.

Claire Barnett-Jones singt schön und textverständlich "Urlicht" (aus Des Knaben Wunderhon). Auch Sarah-Jane Brandon, deren Sopran was später einsetzt, fügt sich bestens in den ambitionierten Apparat; im himmlischen Finale, welches triumphale Ausmaße erreicht, stimmen die zwei Vor-Sängerinnen schließlich auf das Lustvollste im Chor der Auferstandenen mit ein, und davon kriege sogar ich (als quasi Unbeteiligter) richtige Gänsehaut.

Frenetische Begeisterung.



Nach dem Jubiläumskonzert von concentus alius mit Chor und Gästen - am 27. Februar 2024 in der Philharmonie Berlin| Foto (C) Uwe Petsch
Andre Sokolowski - 28. Februar 2024
ID 14639
25 JAHRE CONCENTUS ALIUS (Philharmonie Berlin, 27.02.2024)
Jubiläumskonzert

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 2 c-Moll "Auferstehung"
Sarah-Jane Brandon, Sopran
Claire Barnett-Jones, Mezzosopran
Sänger*innen aus 12 Berliner Chören
Choreinstudierung: Thomas Hennig
concentus alius ‒ Homophilharmonisches Orchester Berlin
Dirigentin: Christiane Silber


Weitere Infos siehe auch: https://www.concentus-alius.de


https://www.andre-sokolowski.de

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