Ensemble intercontemporain
im Berliner Pierre Boulez Saal
mit Werken von Marc Andre, Helmut Lachenmann und Matthias Pintscher
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Bewertung:
Das 1976 von Pierre Boulez gegründete und in Paris ansässige Ensemble intercontemporain gastiert alljährlich - und wen wunderte das groß - im Pierre Boulez Saal in Berlin. Nach Péter Eötvös, David Robertson, Jonathan Not sowie Susanna Mälkki ist seit fast neun Jahren Komponist und Dirigent Matthias Pintscher der inzwischen sechste künstlerische Leiter dieser für zeitgenössische Musik zuständigen Instrumentalgruppe (allein mit 18 Musikerinnen und Musikern, die lt. der Website als Solisten ausgewiesen sind). 70 Konzerte bestreiten sie pro Saison, und die Reihe namhafter Komponisten, die ihre Werke explizit von ihnen aus der Taufe gehoben haben wollten, ist enorm.
In dem Berlin-Programm von gestern Abend gab es [bis zur Pause, nach der ich gegangen war] Stücke von Mark Andre (58) und Helmut Lachenmann (86) zu hören, das eine dauerte 25, das andere 22 Minuten.
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Der einigermaßen geübte Rezipierer sogenannter Neuer (oder neuerer) Musik weiß freilich längst, dass es bei dementsprechenden Werken meistens etwas weniger um Musik im herkömmlichen Sinne - gemeint ist selbstverständlich nicht das sorglos Nachsingbare eines "Alle meine Entchen schwimmen auf dem See"; mitnichten - als vielmehr um Klänge, Klangstrukturen, Klangeffekte usw. geht. Es handelte und handelt sich demnach um etwas, was im Allgemeinen auch als "A-Tonales" böswilligerweise abqualifiziert wird.
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Ensenble intercontemporrain | Foto (C) EIC; Bildquelle: boulezsaal.de
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Die deutsche Erstaufführung von Andres wohin für Harfe und Ensemble - entstanden während eines der vorjährigen Corona-Lockdowns - machte, jedenfalls auf mich, einen besonders optisch einprägsamen Eindruck; und Andre beschreibt das im Programmheft so:
"...dass im wohin die zentral auf dem Podium positionierte Harfe über simple Angelschnüre mit einem Gong und einem Tamtam verbunden wird wie einst Orte und Menschen mittels Telegraphenleitungen. Durch die Tonerzeugung der Solistin entstehen so fragilste Töne, die sich durch den kommunizierenden Brückenschlag verbreiten, einschwingen und wieder verklingen."
Valeria Kafelnikov strich zu dem Zwecke [s.o.] mit zwei Geigenbögen, einen in der rechten, einen in der linken Hand, die jeweiligen Angelsaiten; und das klang schon ziemlich sphärisch also schön.
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Und auch bei Lachenmanns Mouvement (– vor der Erstarrung) für Ensemble aus dem Jahre 1984 gab es viel zu sehen, beispielsweise zwei auf ihren Trommelfellen stehende Kesselpauken, die die beiden Schlagzeuger mit ihren Klöppeln hin und wieder auf den obig befindlichen Kupferblechfüßen dezent zum Schwingen brachten. Von einem Synthesizer, in der Mitte des Orchesters, drangen unvermittelt Uhrweckergeräusche.
Der Titel ließe sich lt. Wikipedia damit erklären, "dass die Musik aus dem Nichts aufzusteigen und sich zu bewegen scheint. Der Wechsel von Tönen/Noten scheint auf Zufall zu beruhen, doch die Musik beginnt schließlich ganz natürlich; zum Beispiel gibt es keine plötzlichen Übergänge zu mehreren Tönen/Noten oder zum gemeinsamen Spielen; es geschieht auf fast natürlichem Weg. Dasselbe gilt mehr oder weniger für das Zerbröckeln des Ganzen; nachdem man auf Hochtouren war, bremst man ab und am Ende (?) kommt man zum völligen Stillstand (Starrheit)."
Ab der Hälfte wurde es dann turbulent und laut, und sowieso hatte das Stück einen viel flotteren und flinkeren Charakter als das hochbedeutungsvolle Sphärenrauschen, -zischen, -fauchen, -atmen Mark Andres.
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Andre Sokolowski - 2. November 2022 ID 13891
ENSEMBLE INTERCONTEMPORAIN (Pierre Boulez Saal, 01.11.2022)
Mark Andre: wohin für Harfe und Ensemble
Helmut Lachenmann: Mouvement (- vor der Erstarrung) für Ensemble
Matthias Pintscher: sonic eclipse für Horn, Trompete und Ensemble
Jean-Christophe Vervoitte, Harfe
Clément Saunier, Trompete
Valeria Kafelnikov, Horn
Ensemble intercontemporain
Dirigent: Matthias Pintscher
https://www.ensembleintercontemporain.com/fr/
https://www.andre-sokolowski.de
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