Sangbare Sprache,
sehnsüchtige Stimmen
Elena Bashkirova, Martina Gedeck und Georg Nigl mit ihrem Liederabend JE LÄNGER, JE LIEBER in der Kölner Philharmonie
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Bewertung:
„Schönes Licht, das uns warm hält, bewahrt und wunderbar sorgt,/ Dass ich wieder sehe und dass ich dich wiederseh!/ Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein …“
Diese Verse aus Ingeborg Bachmanns Gedicht An die Sonne [s.o.] spricht Martina Gedeck langsam, andächtig und ohne abzulesen. Sie blickt ins Publikum und umarmt mit ihrem freudvollen Strahlen den ganzen Saal der Kölner Philharmonie. Die 60jährige Schauspielerin beeindruckt bei dem Liederabend Je länger, je lieber mit Textsicherheit und mehrfach auch mit gesanglichen Qualitäten, wie etwa bei ihrer gefühlvollen Interpretation von Pete Seegers Sag mir, wo die Blumen sind.
Ausdrucksstarke Rezitation ausgewählter Lyrik wechselt fließend mit Klavierspiel und Gesang. Alleine ein Programmheft informiert über die Abfolge der Werke und die Namen ihrer Urheber. Die russische Pianistin Elena Bashkirova stimmt am Flügel auf das etwa zweistündige Programm mit der Serenàda von AntonìnDvorak ein. Danach begleitet sie den österreichischen Bariton Georg Nigl bei Franz Schuberts op. 88,4 An die Musik. Inhaltlich kreisen die lyrischen Werke und Lieder meist empfindsam und frei assoziativ um die Innerlichkeit des Denkens oder die Reflexion des Seins und Vergehens. Neben oft melancholische treten manchmal jedoch auch lustige Lieder, wie Beethovens Vertonung von Goethes Flohlied oder Das Couplet von den Blunzen und der Leberwurst von Carl Lorenz oder auch Es liegt in der Luft von Mischa Spoliansky.
Georg Nigl war schon als Kind bei den Wiener Sängerknaben Sopransolist. Mit feinem Timbre singt er als Vokalsolist Sterb‘ ich, so hüllt in Blumen meine Glieder und das Lied Abschied von Hugo Wolf. Ein Höhepunkt des Abends ist seine kraftvolle Interpretation von Gustav Mahlers Revelge. Martina Gedecks frei vorgetragenen Verse von Rilke, Goethe oder Brecht ergänzen den Gehalt der von Nigl volltönend oder nuancenreich zurückgenommen gesungenen Lieder von Hanns Eisler über Friedrich Hollaender bis hin zu Alban Berg. Gedeck lässt einen kurzen Auszug aus Virginia Woolfs Die Kunst des Erinnerns direkt übergehen in Peter Altenbergs Gedicht Sehnsucht. Auch das effektvoll mit kurzen Pausen von ihr vorgetragene Augen in der Großstadt von Kurt Tucholsky klingt noch lange nach.
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Die von Gerhard Ahrens gestaltete Konzertlesung mochte im Sinne Friedrich Nitzsches auf die organische Verbindung zwischen Musik und Sprache in der Tradition der Liederabende aufmerksam machen. Ein eindrucksvoller Event über das Wechselspiel von Sprache und Musik und die große Kunst des Verwebens dichterischer Träume in melodische Klangbilder.
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Pianistin Elena Bashkirova, Schauspielerin Martina Gedeck und Bariton Georg Nigl beim Abschlussapplaus in der Kölner Philharmonie | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 25. März 2022 ID 13539
Weitere Infos siehe auch: https://www.koelner-philharmonie.de
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