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Premierenkritik

Aus dem

Leben zweier

Showgirlie-

Schicksen



Katharine Mehrling und Velma Kelly in Chicago - an der Komischen Oper Berlin | Foto (Detail): Barbara Braun

Bewertung:    



Chicago wird von der Komischen Oper Berlin als sog. Musical-Vaudeville angezeigt.

Das Buch und die Songtexte (zu Chicago) stammten von Fred Ebb und Bob Fosse, die Musik komponierte John Kander; Ebb & Kander steuerten übrigens auch Text & Musik zu dem in jeder Hinsicht weitaus bedeutungsvolleren Cabaret bei, beide Stücke liegen neun Jahre auseinander, Cabaret wurde 1966, Chicago 1975 uraufgeführt.

Zunächst gefragt: Was ist ein Vaudeville?

Wikipedia erklärt es, bezogen auf das Herkunftsland, wie folgt:



"Das US-Vaudeville als Bühnenunterhaltung bestand aus einer temporeichen Zusammenstellung gemischter Nummern in der Art eines Varietés. Im Unterschied zum französischen Vaudeville hatte es keine in sich geschlossene Handlung, sondern ein Nummernprogramm und tendierte zu einer Art Zirkus in kleinem Rahmen. Dies hatte den Vorteil, dass es keine Anfangszeiten gab, nach denen sich das Publikum hätte richten müssen."


Mit andern Worten ausgedrückt, man hätte zu/ aus diesem Stück wohl auch zu jeder x-beliebigen Zeit kommen und gehen können, ohne irgendwas verpasst haben zu wollen; der gesamte Mischmasch mit den jeweils abgespulten "Nummern" wäre eigentlich nicht annähernd so wichtig wie die "Nummern" an sich. Aber womöglich hatte ich da etwas falsch verstanden.

In Chicago gibt es nämlich eine Handlung, sie spielt anno 1924 (kurz nach Ende der Hyperinflation infolge des Ersten Weltkrieges, fünf Jahre vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise), also ziemlich am Anfang der Golden Twenties in den USA:



"Roxie Hart und Velma Kelly – beste Feindinnen forever – wissen beide, was es zum echten Star braucht. Künstlerische Exzellenz reicht da nicht aus. Publicity ist alles! Um im Rampenlicht zu stehen, würden sie über Leichen gehen. Würden? Roxie landet nach dem Mord an ihrem betrügerischen Lover im Gefängnis, wo Velma, die ihre Schwester mit ihrem Liebsten in flagranti erwischt hat, bereits einsitzt. Und was sorgt schon für saftigere Schlagzeilen als ein dramatischer Gerichtsprozess? Als Roxie ihn gewinnt, stiehlt ihr allerdings schon der nächste Skandal die Show. Die beiden Erzfeindinnen wissen, jetzt hilft nur eins: Zusammenhalten. Denn gleich zwei eiskalte Feger wie sie zusammen auf der Bühne – das hat selbst Chicago noch nicht erlebt..."

(Quelle: komische-oper-berlin.de)


*

Der nicht nur in puncto Musical expertisisch ausgewiesene KOB-Exintendant Barrie Kosky (West Side Story, 2013; Anatevka, 2017 oder Ein Käfig voller Narren , 2023) inszenierte Chicago jetzt als erste Premiere im neuen Ausweichquartier des ersten Hauses in der Behrenstraße, wo die nächsten Jahre kräftig saniert und um- wie ausgebaut wird - das Schillertheater in Berlin-Charlottenburg wurde schon von der Staatsoper Unter den Linden (2010-2017) und der Komödie am Kurfürstendamm (2018-2022) als vorübergehendes "Asyl" genutzt.

Kosky kann mit den nach und nach abgenudelten "Nummern" eigentlich ganz gut, mit ihrem Stück (als Überbau) kommt er nur stockend voran; es gibt keinen Spielfluss, das bremst die Angelegenheit von vorn herein tatkräftig aus, wobei das wiederum dann weniger am Regisseur als an dem Stück an sich, was allzu läppisch ist, zu liegen scheint.

Von aufmunternder Sehenswürdigkeit sind (wie sooft, wenn er bei Koskys Inszenierungen als Choreograf hinzubestellt wurde) die extraordinären Tanzeinlagen Otto Pichlers!

Das Bühnenbild von Michael Levine wird von einer raumfüllenden und -bewegbaren Glühbirneninstallation bestimmt, welche die grellsten Lichtspiele ins Auditorium schneien lässt; Showbusiness halt, nur diesmal ohne Showtreppe.

Victoria Behr hat toll und sexy aussehende Glitzer- und sonstige Fummel kreiert; die darstellende Belegschaft gefällt sich auf das Lustvollste hierin, es aktiviert ihren wie unter Drogen aufgepeitschten Spiel- und Zeigetrieb.




Jörn-Felix Alt (als Billy Flinn) in Chicago - an der Komischen Oper Berlin | Foto: Barbara Braun


* *

Aus der Besetzungsliste ragen ohne Frage die zwei Haupt-Schicksen hervor, wobei mir Ruth Brauer-Kvams Velma-Girlie fast noch besser als das Roxie-Girlie von Katharine Mehrling gefiel; die von mir Erstgenannte stach dann doch v.a. wegen ihres sportlich-tänzerischen Einsatzes deutlicher aus dem Rahmen als die von mir Zweitgenannte.

Meine persönliche Favoritin war dann allerdings Andreja Schneider als Gefängniswärterin Mama Morton.

Und Jörn-Felix Alt (als Rechtsanwalt Billy Flinn) sang und tanzte dermaßen professionell, wie der zuhörende/ zuschauende Laie sich das bei so Musical-Stars halt vorstellt; also nichts abwegig Besonderes.

Chor & Orchester der Komischen Oper Berlin (Choreinstudierung: Jean-Christophe Charron; Dirigent: Adam Benzwi) sangen und musizierten erwartungsgemäß in Topform!!

Chicago könnte sich zum KOB-Selbstläufer für die nächsten Jahre entwickeln.

Nervig bleibt es allerdings, und wie.


Andre Sokolowski - 29. Oktober 2023
ID 14451
CHICAGO (Schillertheater, 28.10.2023)
Ein Musical–Vaudeville [1975]
Buch von Fred Ebb und Bob Fosse
Musik von John Kander
Songtexte von Fred Ebb (nach dem Stück Chicago von Maurine Dallas Watkins)
Deutsch von Erika Gesell und Helmut Baumann

Musikalische Leitung: Adam Benzwi
Inszenierung: Barrie Kosky
Bühnenbild: Michael Levine
Kostüme: Victoria Behr
Choreographie: Otto Pichler
Dramaturgie: Johanna Wall
Chöre: Jean-Christophe Charron
Licht: Olaf Freese
Besetzung:
Roxie Hart ... Katharine Mehrling
Velma Kelly ... Ruth Brauer-Kvam
Billy Flinn ... Jörn-Felix Alt
Mama Morton ... Andreja Schneider
Amos Hart ... Ivan Turšić
Mary Sunshine ... Hagen Matzeit
Kitty ... Petra Ilse Dam
Liz ... Mariana Souza
June ... Martina Borroni
Annie ... Paulina Plucinski
Mona ... Danielle Bezaire
Hunyak ... Lindsay Dunn
Fogarty ... Matthias Spenke
Aaron ... Sascha Borris
Fred ... Nikolaus Bender
Tänzer: Lorenzo Soragni, Michael Fernandez, Andrii Zubchevskyi, Shane Dickson, Benjamin Gericke und Ivan Dubinin (Dance Captain: Silvano Marraffa)
Komparserie
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere an der KOB: 28. Oktober 2023.
Weitere Termine: 03., 11., 17., 19., 22., 26.11./ 02., 05., 09., 16., 23., 25., 28., 31.12.2023// 06., 12., 19., 27.01.2024
Koproduktion mit der Volksoper Wien


Weitere Infos siehe auch: https://www.komische-oper-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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