Narkotisch
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Plakatmotiv | Bildquelle: instagram.com/neukoellneroper
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Bewertung:
Ich als Wenig- oder Nichtkenner interner Termini des queergesellschaftlichen Spektrums musste erstmal (ehe ich sogleich ans Werten des 1988 in Philadelphia uraufgeführten und nunmehr an der NEUKÖLLNER OPER neu produzierten Philip Glass-Einakters 1.000 Airplanes on the Roof gehen wollte) nach "FLINTA+", einer hochspezifischen Vokabel, die dann der betriebsinterne Vorschautext verwandte, recherchieren - ja und die KI auf meinem Browser klärte mich wie folgt auf:
"FLINTA+ ist ein Akronym, das für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans- und agender Personen steht. Der Begriff wird verwendet, um bestimmte Gruppen zu bezeichnen, die nicht cis-männlich sind, und dient als Schutzraum, um spezifische Bedürfnisse und Erfahrungen dieser Gruppen zu benennen, beispielsweise in Räumen, die auf Frauen abzielen, aber auch in anderen Kontexten wie der Musik- oder der Selbstverteidigungsszene. Das Sternchen (*) steht als Platzhalter für alle nicht-cis-männlichen Identitäten."
Okay soweit.
Also:
"Was kommt dabei heraus, wenn der Godfather der Minimal Music (das ist Philip Glass) eine Kammeroper mit einem Alien komponiert, dieser Stoff einer queeren Perspektive unterzogen und mit einem rein weiblichen FLINTA+-Cast auf die Bühne gebracht wird? Für Regisseurin Paige Eakin Young war von Anfang an klar: Keine klassische SiFi-Geschichte und auch nicht irgendeine Metapher auf unsere Gesellschaft. Sondern vielmehr eine erotische Space Opera über Liebe, Fürsorge, Verletzlichkeit, Sichtbarkeit und T4T [steht, lt. meiner KI, für Trans for Trans und beschreibt eine Beziehung oder Anziehung zwischen zwei Trans-Personen; AS] geschaffen von einer ausschließlich aus FLINTA+ bestehenden Besetzung sowie von Performerin und Musikerin Mara Snip als enge Komplizin." (Quelle: neukoellneroper.de)
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1.000 Airplanes on the Roof an der Neuköllner Oper | Foto © Peter van Heesen
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Keine Ahnung, wieviel des ursprünglichen Textes die Young'sche Stückversion zuließ und ob dann überhaupt auch nur eine Originalzeile des David Henry Hwang von den Macherinnen "mitgenommen" wurde - dürfte aber auch ganz nebensächlich gewesen sein, denn:
Der (autobiografische?) Subtext, den Mara Snip in die für Philip Glass so typisch-endlosschleifige Musik hineingesprochen hatte, berührte auf das Innigste; und so erfuhren wir, dass sie in einem Berliner Café kellnert und bei der Gelegenheit einen Typen kennengelernt haben muss, zu dem sie eine mehr als oberflächliche Beziehung einzugehen (oder halt nicht einzugehen) sich vornahm und (vergeblich) auf Gegenreaktionen hoffte o.s.ä. Das ließ sie also dann schnell sein... Und sie blätterte diverse Erinnerungen, v.a. an ihre geliebte Großmutter, auf, in deren knöchellangem gelben Nachtkleid sie die andere Seite und/ oder Welt ihrer Körperlichkeit zu erkennen glaubte; so fing ihre "Verwandlung" an - und immer erlebte sie, so zwischendurch, zeitliche Aussetzer; und das waren dann diese körperlichen wie geistigen Verpuppungen (durch eine/n außerirdische/n Alien oder so)... Und derart machte sich nunmehr die glasklar-hohe Stimme von Sarah Bodle bemerkbar, in deren ebenso endlosschleifige Vokalisen die von ihr "verführte" Mara stellenweise mit einstimmte, bevor sie wieder, auch endlosschleifig, zu reden begann.
Und Sarah Taylor Ellis, Karola Elßner, Alba Gentili-Tedeschi, Holly Volker Schlott sowie Rachel Susser sorgten mit ihrem Instrumentarium für den unverwechselbaren und beinahe gänzlich narkotisierenden Philip-Glass-Sound.
Grandioser und sehr anrührender Abend.
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Andre Sokolowski - 1. November 2025 ID 15541
1.000 AIRPLANES ON THE ROOF (Neuköllner Oper, 31.10.2025)
von Philipp Glass
Musikalische Leitung: Sarah Taylor
Regie: Paige Eakin Young
Co-Regie: Mara Snip Ellis
Choreografie: Julia B. Laperrière und Friederike Heine
Dramaturgie: Anne van de Wetering
Ausstattung: Ana Ines Jabares-Pita
Lichtdesign: Catalina Fernandez
Mit: Mara Snip und Sarah Bodle sowie den Musikerinnen Sarah Taylor Ellis, Karola Elßner, Alba Gentili-Tedeschi, Holly Volker Schlott und Rachel Susser
Premiere war am 23. Oktober 2025.
Weitere Termine: 01., 02., 04., 06.-09.11.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.neukoellneroper.de
https://www.andre-sokolowski.de
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