Debüt-Album
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Bewertung:
Das erst vor fünf Jahren gegründete Bremer Barockorchester dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach mit zu den jüngsten seiner Art zählen, ja und es ist dann wiederum (von seinem Alter her) so derart "unverschämt jung", dass ich bisher - zu meiner Schande - noch nichts Näheres von seiner Existenz vernahm.
Belauscht man es nunmehr (Debütalbum BACH to the Roots!), obgleich bloß unter Kopfhörern, stellt man nach über einer Stunde intensivem Bach-Hören begeistert fest: Klingt toll!!! Es müsste also mit dem Teufel zugehen, wenn es sich nicht in allernächster Zeit als eines der vorzüglichsten Spezialmusikensembles, die ihr Repertoire im Sinne der historischen Aufführungspraxis bestücken, nicht nur deutschland- und europa- sondern weltweit exponiert. Letzteres scheint in Anbetracht der momentanen Covid 19-Krise gar nicht mal so einfach; in der Alte-Musik-Szene, die stark konzert- und gastspielabhängig ist, kriselt es derzeit nicht schlecht, alle beklagen eine Flut an Auftrittsabsagen, der Sommer schlug bei vielen aus der Zunft total ins Kontor, ja und von den Einzelschicksalen und/ oder prekären Situationen der freien Musikerinnen und Musiker, aus denen sich diese fantastischen Orchester meistenteils zusammensetzen, könnte man ein vielseitiges Trauerspiel verfassen. Man muss hoffen, dass das Blatt sich wendet und baldmöglichst die "normalen" Zustände zurückkehren, nämlich die Art Normalität, unter der halt ein unbeschwert-normales Musizieren überhaupt erst möglich wäre...
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Drei Solisten prägen die drei eingespielten Bach-Werke: Felipe Maximilian Egaña Labrín (Traversflöte), Nadine Remmert (Cembalo) und Tomoe Badiarova (Violine).
Und besonders bei dem von Néstor Fabián Cortés Garzón rekonstruierten Violinkonzert in d-Moll empfindet man so gar nicht, dass die Geige hier das eigentlich ihr zustehende Vor- / Vorzeigerecht auskosten wollen würde, merkwürderweise nicht, denn sie - obgleich man sie ganz selbstverständlich als die "erste Geige" wahrnimmt - lässt sich so gefällig, wie man das nur selten oder bisher nie in Aufnahmen und Auftritten bei anderen Vergleichsfällen erfuhr, von den sie liebevoll umspielenden Mit-Musikern quasi auf Händen tragen, geht mit ihnen eine Art von Hochzeit ein... Grandioses Mannschaftsspiel!!
Interessant zu lesen, womit der Cellist, Orchesterleiter und Rekonstrukteur Néstor Fabian Cortés Garzón im Booklet zur CD zitiert wird:
"Abgesehen davon, dass hunderte Takte aus Bachs Kompositionen verglichen wurden, um herauszufinden, welche Art von Ornamentation in seiner Musik verwendet werden kann, bestand ein großer Teil der Arbeit auch aus gemeinsamen Spielsessions, in denen wir die Dynamik der verschiedenen Stimmen direkt am Instrument untersucht haben, denn was theoretisch erdacht wurde, funktioniert nicht unbedingt beim Zusammenspiel auf der Bühne."
Das [s.o.] fasste auch in ungefähr zusammen, womit sich die vorliegende Einspielung der Bachwerke von anderen fundamental zu unterscheiden oder abzuheben vermag: ihre nicht überhörbare Verzierungskunst oder [um noch einmal das Booklet zu bemühen) "den Kadenzen oder einfachen Ornamenten einen Triller hinzuzufügen. Ornamentik war eine Kunst und ein wesentlicher Bestandteil der eigenen Interpretation".
Daher auch: So verspielt und luftig-leicht habe ich die Orchestersuite BWV 1067 noch nie zuvor gehört.
Andre Sokolowski - 3. Oktober 2020 ID 12506
BACH to the Roots!
Johann Sebastian Bach: Orchesterouvertüre h-Moll BWV 1067
- Violinkonzert BWV 1052R (Rekonstruktion N. Cortes)
- 5. Brandenburgisches Konzert BWV 1050
Tomoe Badiarova, Violine
Felipe Maximilian Egaña Labrín, Traversflöte
Nadine Remmert, Cembalo
Bremer Barockorchester
Dirigent: Néstor Fabián Cortés Garzón
EVÖ am 30.09.2020 (Label: arcantus)
http://www.bremer-barockorchester.de/
http://www.andre-sokolowski.de
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