Vereint in
Nostalgie
|
|
Bewertung:
In Folkocracy begibt sich Rufus Wainwright hin zu seinen Wurzeln und schwelgt in Erinnerungen. Seine Eltern waren renommierte Größen der Folkszene der 60er Jahre. In seiner Kindheit besuchte der Sohn der kanadischen Singer-Songwriterin Kate McGarrigle und des US-amerikanischen Musikers Loudon Wainwright III sommerliche Folk-Festivals. Damals betrachtete er seine berühmte Familie auf der Bühne.
Heute erobert Wainwright selbst Musikgenres wie den Pop bis hin zur Oper. Sein Vorgänger-Album Unfollow the rules war 2021 als Best Traditional Pop Vocal Album für den Grammy nominiert. Mit seinem gerade veröffentlichten zwölften Studioalbum begeht er auch seinen 50. Geburtstag und schart ein Entourage namhafter Künstler um sich. Seine fünfzehn Songs enthalten Gastauftritte von Größen wie David Byrne, Sheryl Crow und Susanna Hoffs; letztere ist legendäre Sängerin der Bangles.
Mit Folkocracy gelingt Rufus Wainwright eine persönliche Hommage mit bewegend eindrücklichen Sets. Sein aufwendig arrangiertes Passionsprojekt enthält einfühlsame Neuauflagen von Country-Klassikern. Der kanadische Popkünstler covert traditionelle Melodien längst vergangener Zeiten. Die lose Zusammenstellung enthält bereits im späten 19. Jahrhundert komponierte Songs wie das Seemannslied „Shenandoah“.
Ein weiteres Cover ist das, mit treibenden Harmonien temporeich-beschwingte „Twelve-Thirty (Young Girls Are Coming To Town)“, im Original von The Mamas & The Papas. Nicole Scherzinger von den Pussycat Dolls sorgt im hawaiianischen „Kaulana Ná Pua“ für dezent stimmungsvolle Hintergrund-Vocals. Mit Funk-Ikone Chaka Khan interpretiert Wainwright das alte amerikanische Lied „Cotton Eyed Joe“ - von Rednex in den 90ern noch mit stampfenden Beats dem Dance-Genre populär einverleibt - hier jedoch an eine atmosphärisch-leise Live-Version Nina Simones von 1959 erinnernd. Peggy Seegers „Heading For Home“ interpretiert Wainwright stimmungsvoll-fröhlich zusammen mit dem US-amerikanischen Singer-Songwriter John Legend.
Auch die mehrfache Grammy-Preisträgerin Brandi Carlile gehört einer jüngeren Generation US-amerikanischer Singer-Songwriter an. Ihre Stimme verschmilzt mit Wainwrights, wenn beide eindringlich in „Down in the Willow Garden“ die Geschichte eines brutalen Mordes aus der Sicht des Täters erzählen. Mit jazziger Note interpretiert Wainwright „Black Gold“ vom langjährigen musikalischen Weggefährten Van Dyke Parks, der hier selbst am Piano und am Akkordion begleitet. Das Album enthält auch ein Cover eines eigenen Songs Wainwrights, „Going to a Town“ von 2007, eine Abrechnung mit Homophobie. In Folkocracy wird Wainwrights schwelgerischer Gesang effektvoll von Transgender-Musikerin Anohni unterstützt. In "Hush Little Baby" besorgen schließlich Wainwrights Schwestern Martha & Lucy diskret die Backing Vocals. Eine Interpretation von „Nacht und Träume“ nach Franz Schubert bezeugt Wainwrights Verehrung für romantisches Liedgut. Ein Chor summt das neu arrangierte zentrale Motiv zu Klavierbegleitung.
Opulente Gesangsharmonien bergen Wohlfühlmomente. Wainwrights setzt seinen charakteristischen Stimmumfang und sein markant-theatralisches Vibrato auf Folkocracy behutsam ein. Die eindringlichen, gefühlvoll interpretierten, üppig arrangierten Folk-Hymnen handeln oft von kollektiver Sehnsucht, gemeinschaftlicher Traurigkeit oder Hoffnung.
Ansgar Skoda - 7. Juni 2023 ID 14239
https://rufuswainwright.com/music/folkocracy/
Post an Ansgar Skoda
skoda-webservice.de
CD-Kritiken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
LEUTE
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|