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CD-Kritik

Murphy´s Law





Bewertung:    



Mondän räkelt sich die Pop-Ikone im Lack-Dress mit lockiger Mähne und schwarzem Netzoberteil. Das 80er-Retro-Cover von Róisín Machine deutet bereits an, dass es zurück zu früheren Formaten des Tanzbaren geht: Elektro-Nostalgie paart sich mit kühn aufgebauten House-Fantasien. Das fünfte Solo-Album der Irin Róisín Murphy bebt nur so vor repetitiven Beat-Arrangements. Soundmuster, Rhythmen und Harmonien grooven voll dramatisch sich steigernder Backgrounds. Gesangslinien überlagern sich, auch rhythmische Dynamiken finden passgenaue Übergänge. Ein Track mündet wie in einem DJ-Mix in den nächsten.

Die Mutter zweier Kinder macht seit 25 Jahren Musik. Sie hatte bereits mit der Trip-Hop-Dance-Formation Moloko mit ihrem Lebenspartner Mark Brydon einige internationale Hits, wie „Sing it back“ (1999), „The Time is now“ (2000) und „Familiar feeling“ (2003). Seit 15 Jahren geht sie nun solo musikalische Wege. Murphys drittes Album Hairless Toys (2015) war unter anderem für den Mercury Prize nominiert. Für Take her up to Monto (2016) posierte sie mit Schutzhelm im Baustellenumfeld. Beide Vorgängeralben waren sperriger, experimenteller, theatralischer und weniger eingängig.

Mit Róisin Machine eroberte sie nun Platz 24 der deutschen Album Charts, ihr bisher größter Erfolg hierzulande. Der 47jährigen Künstlerin zufolge ist ihr fünftes Album eine Reise in die Vergangenheit, in der sie in Sheffield noch in den Clubs die Nächte durchtanzte. Sie wählte den Albumtitel Róisín Machine, weil sich die Wörter reimen (ihr Vorname spricht sich „ro-schien“). Die Diva der elektronischen Tanzmusik begreift sich gerne auch mal selbst bei den eifrigen Kunstschöpfungen als Maschine. Als Vertrauter und musikalischer Weggefährte steuerte diesmal der Engländer Richard Barratt oder Crooked Man aka DJ Parrot musikalischen Feinschliff bei. Die Songs behandeln Rhythmus und Groove, das Verlangen nach Liebe und Kontakt.

Der Album-Opener beginnt mit der verschwörerischen Verkündung: „I feel my story is still untold / but I'll make my own happy ending" (dt.: Meine Geschichte ist noch nicht erzählt, aber ich bau mir mein eigenes Happy End). Der pumpende House-Beat des langsam sich entfaltenden „Simulation“ setzt ein. Bald wird er verstärkt durch Hi-Hat, Strings, Bass und Gitarre und Murphys hypnotischen Gesang.

„Murphy’s Law“, ein Cover vom gleichnamigen Hit von Cheri von 1982, grooved lässig mit augenzwinkernden Hooks. Der funkige Disco-Song handelt vom Ende einer Beziehung. Die Erzählerin gesteht ein, dass Murphy’s law sie erneut dazu bringen könnte, eine unheilvolle Beziehung einzugehen. Auch „Narcissus“ oder „Jealousy“ philosophieren hymnisch und basslastig eigentlich über ernste Themen wie Selbstliebe respektive Eifersucht.

In „Shellfish Mademoiselle" fragt Murphy: „How dare you sentence me to a lifetime without dancing?" (dt.: Wie könnt ihr es wagen, mich zu einem Leben ohne Tanzen zu verurteilen?). Die Wortverdrehung aus „selfish“ deutet auch auf das ausgeprägte Ego der Grande Dame hin. Für die Tänzerin sind die Corona-Zwänge eine Strafe. Der vibrierende Drang nach Bewegung ist allen Songs gemein.

Smash Loops im festlichen Flow oder rhythmischer Sprechgesang mit Schnappatmung und lasziven Gehauche lassen Róisín Machine zu einem Hörerlebnis werden. In diesen Zeiten ein Anheizer für den Dancefloor der gepflegten Heimdisco in den eigenen vier Wänden. Es bleibt zu hoffen, dass Murphy tatsächlich kommendes Jahr auch durch Deutschland touren kann. 2015 war sie noch das Highlight der Electronic Beats in Köln.


Ansgar Skoda - 20. November 2020
ID 12611
https://www.roisinmurphyofficial.com/


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