GÖTTERDÄMMERUNG
PentaTone classics PTC 5186409
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Liebesgeschichten zwischen Alt und Jung - so wie sie unsere Zivilgesellschaft schon seit langem kennt und "duldet" - sind ja gar nicht mal so ungewöhnlich wie es scheint, denn: Wo die Liebe hinfällt, fällt sie hin. In der Antike ging es da, mit oder ohne göttliche(r) Beeinflussung, drunter und drüber; sexuell natürlich auch, versteht sich, also: Vater mit Tochter, Mutter mit Sohn o.s.ä.
Dieses (s.o.) fällt mir ganz spontan, wenn ich jetzt querverbinderisch an Brünnhilde & Siegfried aus dem Ring des Nibelungen denke, ein. Die Beiden trennt doch mindestens ein Viertellebensalter. Wir erinnern uns, dass Wotan seine Lieblingstochter zu dem Zeitpunkt eingeschläfert hatte, als Sieglinde (Wotans Zwecktochter) mit Siegfried schwanger war; das war am Ende der Walküre. Zwanzig Jahre später, ungefähr, erweckt der Unbedarfte die ihm bis zu diesem Zeitpunkt völlig Unbekannte (eigentlich die Tante von ihm) justament aus dem Dornröschenschlaf; das war im Siegfried. Und ein bisschen später wälzte sich das Paar auf dem Brünnhildefelsen; das war zu Beginn der Götterdämmerung.
Brünnhilde könnte also Siegfrieds Mutter sein, obgleich sie seine Tante ist.
Lauscht man - auf den soeben auf den Plattenmarkt geworfenen CDs der Götterdämmerung (mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Marek Janowski) - den Stimmen der zwei Hauptprotagonisten Petra Lang / Lance Ryan, fallen deren geradezu dimensionsartig auseinanderdriftende Lagen auf: Sie, die ja eigentlich vom Alt-Fach kommt, empfinde ich, sobald sie "mittig" singt, als wohltuend und warm und weise; ihre formidablen Höhen resp. "Spitzen" hätte ich (ganz nebenbei bemerkt) bei ihr, mit dieser sebstbewussten Sicherheit, zunächst gar nicht für möglich halten wollen, aber spätestens nach einer ersten Wiederholungstat fühle ich mich, wie quasi unter ihren Höhenfittichen, aufs Beste aufgehoben. / Er, mit seinem vibrationsfreudigen Helden-Hochtenor, strahlt permanent eine von ungestümer Unbehaustheit durch und durch zersonnte Lebensneugier aus; nichts scheint ihm heikel genug, dass er es nicht mit brachialem Impetus probiert und dass ich für ihn fürchten muss, dass er das in den nächsten Jahren kaum so weiter durchhält.
Ein - von mir prompt wahrgenommenes - Duell zwischen Erwachsener und ihrem Kind.
Und die von Wagner beispiellos durchkomponierte Wucht und Wonne oder Wonnenwucht speziell dieses besagten zweistündigen Ersten Aufzugs inkl. Nornenvorspiel wird durch die mir vorliegende (hochgrandiose!!!) Aufnahme zum eigentlichen Meilenstein des nunmehr abgeschlossenen Gesamtprojekts vom RSB (mit Wagners Ring und allen seinen andern "Hauptopern"):
Matti Salminen - der den Hagen auch schon mit der Staatskapelle Dresden vor Jahrzehnten sang - hat zu dem rolleninhärenten Aashaftigen zusätzlich noch Knorrigkeit und Kantigkeit hinzugeliefert, dass ich jetzt von ihm als einem unvergesslichen "Charakterbass" zu schwärmen mich erdreisten würde.
Die Waltraute von Marina Prudenskaya ist, ohne jeden Zweifel, DIE Entdeckung der CD - vor noch nicht allzu langer Zeit war sie, vokalphonetisch, kaum verstehbar; dieser (damalige) Vorwurf will nun nicht mehr greifen. Gott sei Dank nicht!
Markus Brück und Edith Haller beeindrucken als Gunther und Gutrune, Jochen Schmeckenbecher bringt sich noch einmal als Alberich in die Erinnerung.
Kaufen und hören - so kriegten Sie auch den Heiligabend kurz und schmerzlos rum.
Bewertung:
Andre Sokolowski - 18. Dezember 2013 ID 7474
Richard Wagner: GÖTTERDÄMMERUNG, WWW 86d
Ryan, Lang, Salminen, Brück, Haller, Schmeckenbecher, Prudenskaya u.a.
Rundfunkchor Berlin
Choreinstudierung: Eberhard Friedrich
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Dirigent: Marek Janowski
[Live-Mitschnitt vom 15. März 2013 (Philharmonie Berlin)]
PTC 5186409 / DSD Formal
CD-Neuveröffentlichung: Dezember 2013
Siehe auch:
http://www.pentatonemusic.com
CD-Kritik zu Das Rheingold und Die Walküre
CD-Kritik zu Siegfried
http://www.andre-sokolowski.de
Zu den 20 EXEMPLARISCHEN WAGNERKRITIKEN
(Buch anklicken!)
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