INFEKTION! Festival für Neues Musiktheater
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FOR THE DISCONNECTED CHILD
Ein Projekt von Falk Richter
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Tatjana Winter als erkaltete und skypende
Karrierefrau
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Falk Richter - intellektuelle Insider-Instanz - hat ein Projekt zur diesjährigen INFEKTION!, dem Festival für Neues Musiktheater, beigesteuert. Es ist jetzt als Koproduktion zwischen Staatsoper und Schaubühne Berlin entstanden und im Hause am Lehniner Platz uraufgeführt worden - heißt For the Disconnected Child.
Der 44jährige Projektant - der unter anderem bei Jürgen Flimm Schauspielregie studierte und seit 2006 einer der Hausautoren Thomas Ostermeiers ist; seine Texte liegen in mehr als 25 Sprachen vor; beim Fischer Verlag hat er ein Dutzend Stücke unter Vertrag - ermunterte/verpflichtete gleich sieben Komponisten, dass sie für das oben Angezeigte Eigenbeiträge (zumeist zu Richters eignen Texten!) lieferten. Selbige finden wir auf einem Beipackzettel, den uns dankenswerter Weise die Berliner Schaubühne vor Vorstellungsbeginn gratis aushändigte und wo genau zu lesen steht, wer was dann eigentlich zu welchem Thema oder so verfasst sprich komponiert hatte; aus 24 Einzelnummern setzt sich For the Disconnected Child zusammen. Und es sind zudem drei Dramaturgen (s. u.) ausgewiesen, die das Alles dann zusammenzurren sollten oder wie...
Die "Klammer" bildet die Tschaikowski-Oper Eugen Onegin:
"Darin offenbart Tatjana dem Mann, dem sie für den Rest ihres Lebens nah sein will, in einem Brief ihr Innerstes – und wird von ihm zurückgewiesen, seine Freiheit will Onegin nicht aufgeben. Falk Richters Figuren schauen auf die romantische Oper wie auf ein Museumsexponat: berührt, aber ratlos. Alleinerziehende Mütter, ehrgeizige Assessmentcenter-Managerinnen, verständnisvolle Beziehungscoaches, auf den großen Auftritt wartende Gesangsdoubles, gestresste Praktikanten und ein Mann, der so nicht weiter leben kann: Wie Eugen Onegin sind sie ewig Suchende. Nach Nähe, Erfolg, nach Rausch, Intensität und Erfüllung. Wie Onegin taumeln sie rastlos von Gelegenheit zu Gelegenheit, suchen, finden, verfehlen einander und ertrinken in einer Flut unendlicher Möglichkeiten." (Quelle: Staatsoper im Schiller Theater)
Auf den Punkt gebracht geht es darum, dass sich der Mann/die Männer vom geschmeißfliegenden Sentiment der Frau/der Frauen rüstet/rüsten muss/müssen, um unbeschadet (von der Frau/den Frauen) seinen/ihren Weg (des Mannes/der Männer) gehen zu können - eine optimistisch-maskulinische Idee.
Selbstredend - was der Richter folgerichtig weiß und mittels seiner Texte deutlich aufzudecken in der Lage ist; er hat also den rechten Zeigefinger mitten in der Allgemeinwunde Gesellschaft stecken - klappt das Alles (s. o.) nicht so reibungslos in einem Staatsgebilde, was da ganz und gar auf die Familie (= Papa, Mama, Kind) abzielte. Und als abschreckendes Protobeispiel führt er uns die Liebesleidgeschichte von Tatjana Winter, einer Personalprofilbeauftragten in irgend so 'ner neuartig-neumodischen Scheißfirma, wo sie neben der Alleinerziehung ihrer beiden Kinder einem workoholig-anmutenden Fronjob nachgeht, vor (die Rolle wird genial gespielt/gesprochen von Ursina Lardi), um an ihr alle nur möglichen Klischees der beispielsweise unvermittelbaren und alleinstehenden Akademikerin um die 40 rum genüsslich abzuleiern - ja, auf derartige Sichten kann schlussendlich nur ein Mann (auch um die 40 rum) gelangen, der dann meint, "sein" kleiner, engstirniger Intellektuellenkosmos würde irgendwie für irgend etwas stellvertretend sein - - die einfache(re) Quintessenz ist freilich die, dass (Binsenweisheit!) niemals nie Frauen und Männer je zusammenpassten; Frauen (= die Tantjana's) wollen immer Männern (= den Onegin's) erstens Briefe schreiben, zweitens Rückbriefe erhalten, drittens (falls Tatjana's die Onegin's kriegten) kontrollieren und besitzen. Meint der Mann!!
Auch geht es um fatale (Vereinsamungs-)Folgen unseres Medienzeitalters; Chatten, Skypen, Facebook, Twitter... alles das.
Die Mutter der Zentralfigur (= Elena Winter, hochgenial gespielt/gesungen vom Staatsopern-Altstar Borjana Mateewa [die hatte ich bereits als kleiner Junge in der Lindenoper oft gesehen und gehört]) hat einen scheinbar "abgerissenen" Kontakt zu ihrer Tochter; und die Tochter würde ihre Mutter jetzt in dieser für sie allerhöchsten Not à la 'Was ist es bloß, dass mich kein Mann mehr will oder nie wollte' zwingend brauchen; doch die einzige (noch) lebende Bezugsperson ist weit, weit weg.
Um diese (Klein-)Handlung herum nur lauter Allgemeinplatz-Varianten von und mit noch Anderen. Gespielt, gesungen und getanzt.
Maraike Schröter und Gyula Orendt treten verschiedentlich als Paar Tatjana & Onegin auf; singen gut und schön!
Songwriter und Songleader Helgi Hrafn Jónsson gibt hübsche Lagerfeuerlieder hochsentimental zum Besten. Doch zum Stückschluss hin entpuppt er sich nicht unauffällig zu 'ner Nervensäge allerersten Grades; die verstörten Mienen einiger der Mitglieder der Staatskapelle Berlin, welche rechts außen "neben ihm" verweilten und den elektronisch verstärkten Krach auf sich ergehen lassen mussten, hatten einen Grad an Aussage, der außerordentlich spezifisch war.
Gehaltlos-eintöniger, unergiebig-penetranter Pseudo-Psycho-Misch-Masch.
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Bewertung:
Maraike Schröter, Gyula Orendt, Ursina Lardi, Franz Hartwig, Stefan Stern, Luise Wolfram, Jorijn Vriesendorp und Steven Michel in Falk Richters Projekt For the disconnected Child als Koproduktion der Staatsoper Unter den Linden mit der Schaubühne am Lehniner Platz - Foto (C) Arno Declair
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Andre Sokolowski - 18. Juni 2013 ID 6858
FOR THE DISCONNECTED CHILD (Schaubühne am Lehniner Platz, 17.06.2013)
Dirigent: Wolfram-Maria Märtig
Text | Regie | Choreographie: Falk Richter
Bühnenbild: Katrin Hoffmann
Kostüme: Daniela Selig
Licht: Carsten Sander
Video: Chris Kondek
Dramaturgie: Florian Borchmeyer, Nils Haarmann und Jens Schroth
Komponisten: Malte Beckenbach, Achim Bornhoeft, Oliver Frick, Helgi Hrafn Jónsson, Jan Kopp, Jörg Mainka und Oliver Prechtl
Gesang: Helgi Hrafn Jónsson, Maraike Schröter, Borjana Mateewa und Gyula Orendt
Schauspieler: Stefan Stern, Tilman Strauß und Franz Hartwig
Schauspielerin: Luise Wolfram und Ursina Lardi
Tänzer: Franz Rogowski, Steven Michel und Jorijn Vriesendorp
Mitglieder der Staatskapelle Berlin
Uraufführung war am 14. Juni 2013
Weitere Termine: 18., 20., 21., 23., 25., 29. + 30. 6. 2013
Eine Koproduktion der Schaubühne am Lehniner Platz mit der Staatsoper Unter den Linden im Rahmen von INFEKTION! Festival für Neues Musiktheater
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de/
http://www.andre-sokolowski.de
Außerdem bei INFEKTION! 2013:
AscheMOND oder The Fairy Queen von Helmut Oehring
Staatsoper im Schiller Theater | 19.06.2013
Récitations von Georges Aperghis
WERKSTATT im Schiller Theater | 20.06.2013
Hanjo von Toshio Hosokawa
Staatsoper im Schiller Theater | 20.06.2013
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