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Neue Musik

Helmut

Oehring:

Blaumeer

(Berliner Erstaufführung)


Der in Berlin lebende Komponist Helmut Oehring hat ein wunderliches wunderschönes Werk geschrieben, es heißt BLAUMEER, dauert ca. 30 Minuten und ist Teil von Oehrings EINKEHRTAG. Uraufgeführt wurde es am 11. Juli 2003 durch das Sympohonieorchester des Bayerischen Rundfunks - heute, über vier Jahre danach, erlebte es seine Berliner Erstaufführung. Ingo Metzmacher, der BLAUMEER schon in München dirigierte, nahm es ins Programm vom DSO. Und BLAUMEER wurde hier und jetzt zu einem wogenden Triumph!!



Ost-Ostsee als Ozean

Null Probleme, den erläuternden Gedanken Helmut Oehring's nachgerade in verwandschaftlichende Erinnerung zu kriegen. Es betrifft die Leute seiner (meiner) Generation. Sie fuhren in den 70ern und 80ern mit ihren Eltern an die Ostsee, waren also Kinder, Jugendliche, allenthalben vor den Eintritten in das Erwachs'nenreich. Es waren sehr bescheidene und um so herrlichere Urlaubstage. Meistens schien die Sonne, und das Meer erschien uns über alle Maßen blau. Und ob in großen, mittleren und kleinen, oder ob in gar-nicht-keinen Gruppen: Ferienmachen in der DDR - eine der allerschönsten Rückblicke auf dieses schlicht so einst vorhandene und plötzlichhin, bis heute, so politisierte Fleckchen Land...
Der Abend dieses mehr als denkwürdigen DSO-Konzerts (mit Werken Helmut Oehrings / Gustav Mahlers) kann nicht einschneidender, ungewöhnlicher beginnen: Absolute Dunkelheit im Saal. Rechts hinterm aufgestellten Deutschen Symphonie-Orchester eine offne Tür. Durch sie, quasi von draußen kommend, Schuberts Wanderer gesungen von Hans Hotter, eine alte Schallplattenaufnahme. Totenstille während dieses Liedes. / Dann wird Licht, und Ingo Metzmacher steht da mit einem Mikrofon. Er lässt noch einmal ein paar Zeilen dieses todsüchtigen Wahnsinnstextes rekapitulieren; und dann schreitet er sofort zum Thema und zur Tat: Er holt sich Helmut Oehring, dessen vor vier Jahren schon in München (auch durch Metzmacher) uraufgeführtes BlaumeerMittel- und auch Schneidepunkt des abendlichen DSO-Programms bedeutet - nach der Pause gab es Mahlers Vierte - auf das Podium, und er lässt ihn sich und seine Werkabsicht, sein Blaumeer, kurz erklären. Das ist freilich sehr verfänglich, und es funktioniert auch, noch viel viel weniger dann für den Komponisten selber, schwer um nicht zu sagen überhaupt nicht; Oehring wusste/weiß das freilich ganz genau, und trotzdem ließ er sich auf diese Art "Vermittlung" ein, und was bei Allem hängen bleiben sollte, war der allzu menschliche Aspekt einer fürwahr sehr ungewöhnlichen Geschichte... Oehring ist das Kind von taubstummen Eltern, und das ziemlich Allererste, was er lernte oder lernen musste, war so die Gebärdensprache; Oehring kam zudem als Autodidakt zur Musik. Erst in den letzten Jahren und Jahrzehnten singularisierte sich sein Oevre als sein unverwechselbares "Selbst" heraus; es ist beträchtlich, schon vom Ausmaß, und die Interessen an dem Werk sind international.
Blaumeer - die Ostsee also:

Der gesamte Instrumentenapparat eines auf Großstärke bestimmten Sinfonieorchesters wird mittels Elektronik surround-sound-mäßig verstärkt. Trompete, E-Gitarre, eine Knabenstimme liefern das Solistische; auch sie kriegen durch mischtechnische Zutuungen einen volligeren Drive. Die Atmosphäre insgesamt: ein innerliches Ruhen, kaum auch Wellen, "Ein- und Unterbrechen", Tinnitus und andrer "innerlicher" Urgewalten; auch:

Ich kann mich sehr genau an einen meiner allerersten Ostseeurlaube erinnern. Weißer Strand von Trassenheide. Und ich war das allererste Mal allein am Meer. Am Horizont die Silhouetten von beeindruckenden Kriegsschiffen. Vom Meer in Richtung Landesinnere herandonnernde Staffeln Dutzender von Kampfhubschraubern. Und im Tiefflug zwei, drei Mig's, dass man, so ängstlich abgeduckt wie eingeschüchtert, nicht mal richtig zählen konnte wie viel Düsenflugzeuge da über einem weggeflogen waren... so gefährlich und skurril gings in der DDR mitunter auch dann zu: der allzu nahe Truppenübungsplatz. // Das Alles fiel mir bei den "lauten Stellen" im und aus dem Blaumeerein.
Auch: Könnte alles das Gehörte nicht am Ende gar so eine Grundvorstellung dessen sein, wie wir uns eine innere Erlebniswelt der Taubstummen zu denken hätten - nein, ich weiß es nicht; ich dachte es mir jedenfalls dann so oder so ähnlich.

Einhellige Akzeptanz am Schluss, ein Auffahren der wogendsten Begeisterung!!

* * *

Andreas (ein Solist des Tölzer Knabenchores) war sowohl im ersten wie im zweiten Teil dieses Konzerts omnipräsent. Und was für Himmelstöne er dann ausgerechnet aus Des Knaben Wunderhorn entlocken tat, wird unvergesslich bleiben bis in alle Ewigkeit! Wir waren/sind es vielzu sehr gewohnt, von eitlen Sopranistinnen mit diesen drallig-heitren Versen an dem Schluss der Vierten Sinfonie von Mahler angenervt zu sein.

Was für'n Konzert!!!


Andre Sokolowski - 17. September 2007
ID 3442
http://www.andre-sokolowski.de

DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER (Philharmonie Berlin - 17./18. September 2007
Helmut Oehring (geb. 1962): Das Blaumeer)
Gustav Mahler (1860-1911): Symphonie Nr. 4 G-Dur
William Forman, Trompete
Jörg Wilkendorf, E-Gitarre
Andreas (Solist des Tölzer Knabenchores)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Ingo Metzmacher


Informationen zum Komponisten Helmut Oehring unter:
http://www.helmutoehring.de


Weitere Infos siehe auch: http://www.dso-berlin.de





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