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Bryan Ferry und sein derzeitiges Orchester auf Zeitreise - Mr. Perfect?



Bryan Ferry (2007) - Fotoquelle: Wikipedia



Als Poser zeigt sich Bryan Ferry immer noch. War er einmal Avantgarde? War er Glam oder Art? Die unterschiedlichsten Szenen haben jedenfall über die Jahre Bryan Ferry gehört. Und zumindest Roxy Music war mehr Art als Glam.


Way back with Bryan Ferry


Die Ursprungsbesetzung der 1971 gegründeten Band Roxy Music war: Bryan Ferry, Brian Eno, Andy Mackay. Es kamen und gingen diverse weitere Musiker. Und die nach der Bandauflösung folgenden Soloalben von Ferry waren teils doch sehr im Kommerz. Wenn auch das, natürlich, nicht ohne Niveau. Nun taucht der Sound einiger von Bryan Ferrys früheren Aufnahmen in ein Styling ein, das ein Jahrhundert alt ist. In die Jahre der Roaring Twinties und des Dixieland-Jazz. Merkwürdig mutet das an beim ersten Hören. Irgendwie dezent cool aber schon. Cool muß sein, was Ferry tut. Schon immer. Der mittlerweile 67-Jährige hat als jüngste Aktivität im vergangenen Jahr Musik zur Baz Luhrmann-Verfilmung von The Great Gatsby eingespielt mit dem formierten Bryan Ferry Orchestra. Und in dieser Besetzung auch Songs seiner früheren Jahre verfremdet zu "Yellow Cocktail Music" transformiert. Und lässt also auf Tonträger und zudem live auf der Bühne Teile seines Werks in einem Sound von Anfang des 20. Jahrhunderts verschwinden: Verschwinden, denn man erkennt die Songs manchmal kaum. Und rätselt beim Hören das eine oder andere Mal, welches Stück das nun ist. Fragt sich, ob man das also tatsächlich gut finden soll. Aber das Bryan Ferry Orchestra hat das, was man Klasse nennt. Und Ferry hat sich dafür entschieden, seinem Werk teilweise gerade diesen Touch zu geben. Eigenartig daran ist auch, dass zahlreiche interpretierte Stücke rein instrumental sind und die Lyrics nun dabei fehlen. Die altbekannten Songs verwandelten sich merkwürdig in gute alte Jazznummern. Klingen wie eingespielt mit einer Dixieland-Jazzband, wenn ein Banjo mit im Orchester ist. Und teils auch recht swingend, mit einer Geste wie zu Zeiten einer Big Band als der Cotton Club in New York ab den 1920er Jahren bekannt wurde. Aber: Der Cotton Club spielte mit Südstaatenklischees und hatte dabei eine reaktionäre Attitude, muß man wissen. Schwarze Besucher bekamen keinen Zutritt. Obwohl es um den Jazz ging, die Musik, deren Wurzeln bei Schwarzen liegt und die auch von Schwarzen gespielt wurde. Auch im Cotton Club der High Society. Weiße machten sich damals zunehmend den Sound der Schwarzen zueigen und verbreiteten ihn.


Bryan Ferry live 2013


Beim Konzert in der Tollwood-Arena in München am 03.07.13 eröffnet das Bryan Ferry Orchestra mit einem Set, der nun also an die Zeit des Cotton Clubs erinnert. Ferry selber ist dabei erst mal nicht mit auf der Bühne. Das Bryan Ferry Orchestra spielt gekonnt Instrumentalinterpretationen aus Ferrys Werk. Von "Do The Strand" über "Avalon" und "Just Like You" gibt es mal mehr Dixie, mal mehr Swing. Erst bei der siebten Nummer des Abends klinkt Brian Ferry sich in den Sound ein. Er wirkt etwas zurückhaltend. Und seine Stimme hat auch tatsächlich nicht mehr die schneidende Kraft wie früher, aber er kann ihr immer noch, wenn auch anders als in seinen jüngeren Jahren, den Moment Erotik geben, den sie haben soll. Alles ist durchinszeniert bei der ganzen Show, jede Geste, mit Ferry im Anzug, großem Orchester und glitzernden Background-Sängerinnen. Ferry hat sich das genau überlegt. Und hat also wirklich Teile seiner Vergangenheit in die Zeit vor seine Vergangenheit verlegt. Eine seltsame Entscheidung. Bei "Love Is The Drug" und "Back To Black" wird Ferry eigenwilliger. Und beginnt schließlich einen Sound zu bieten aus Pop, Rock, Funk und Jazz, der nicht mehr in der Vergangenheit des Jazz liegt und nichts anderes als aktuell zeitgemäß zu sein hat. Souverän integriert Ferry auch "Knockin' On Heaven's Door". Und zeigt bei Songs wie "Crazy Love" und "Chain Reaction" souveräne Pop- und Rockform. Insgesamt bringt Ferry mit Band und dem Bryan Ferry Orchestra einen Mix aus 25 Stücken einschließlich Zugaben auf die Bühne.


"I thought"


Was ich noch sagen will? Warum ich überhaupt hingegangen bin: Es war einfach so, dass ich einmal eine zeitlang Roxy Music anhörte. Deren Alben bildeten bei mir nicht selten den Backing Sound im Alltag. Ich kannte so gut wie jeden Song bis ins Detail. Obwohl ich Roxy Music nur ganz nebenbei hörte. Aber ständig wieder. Als ich meinen Fokus auf Free Jazz und Improvisation zu legen begann, klinkte ich mich gleichzeitig bei Bryan Ferry aus, ohne das bewusst entschieden zu haben. Rückwirkend kann ich sagen, dass ich auf einmal nicht mehr Roxy Musiy und Brian Ferry wahrnahm und diese regelrecht plötzlich vergaß. Weder die Aufnahmen von Roxy Music, noch Bryan Ferry solo nahm ich mehr zur Kenntnis. Er verschwand völlig aus meinem Leben. Jetzt im Juli 2013 wollte ich einfach mal wissen, was mich eigentlich eine Weile mit Ferry verband, warum ich ihn dann ignorierte und ob seine Arbeit mich wieder interessiert. Die Antwort ist ganz einfach: Bryan Ferrys Musik gehört nicht mehr zu meinem Leben. Und ich nahm ihn auch nicht wieder mit rein. Roxy Music war einzigartig. Bryan Ferry erinnert heute live auf der Bühne wie nur noch daran. Und die derzeitige Entscheidung für den Weg in die 1920er und 1930er des vergangenen Jahrhunderts bleibt etwas strange. Man kann gleich Cap Calloway und Duke Ellington hören und Cocktails trinken. "Move On Up" gibt Ferry zum Abschluss mit auf den Weg. Aber hübsch klingt das Bryan Ferry Orchestra schon. Oder soll man gelegentlich mal Bryan Ferry hören, etwa mit "Can't Repeat The Past?"?


Tina Karolina Stauner - 21. Juli 2013
ID 6977

Weitere Infos siehe auch: http://www.bryanferry.com/


Post an Tina Karolina Stauner



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