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Konzertkritik

Gefühlte

40 Grad



EIN DEUTSCHES REQUIEM
in Paris


Johannes Brahms als junger Mann - in diesem Alter (ca. 33jährig) vollendete er nach sieben Jahren eines seiner populärsten Werke unter dem Titel Ein deutsches Requiem. | Bildquelle: Wikipedia


Warum bekam ich keine Gänsehaut?

Die Gegenfrage könnte lauten: Warum solltest du (bei 40 Grad im Saal) 'ne Gänsehaut bekommen?

Antwort: Weil mich (trotz der 40 Grad im Saal) die Ehrlichkeit von Brahms' Ein deutsches Requiem rührt und rühren wollte.

[Brahms schaffte mit ihm, 33jährig, seinen kompositorischen Durchbruch; also von da ab ging es nur noch aufwärts. Sieben Jahre werkte er daran. Die emotionalen Grundauslöser waren zum Einen der Tod seines langjährigen Komponistenfreundes Robert Schumann - wegen dieser Freundschaft deckelte er, auch noch nach dem Tod des wahnsinnig Gewordenen, das Liebesleiden um und wegen Clara Schumann zu - ; zum Anderen der Tod seiner geliebten Mutter. Und heraus kam eine überdimensionierte Trost-Musik in sieben unterschiedlich langen Sätzen, also nicht so'n Requiem in dem herkömmlichen Sinne; und die Ehrlichkeit, von der ich oben sprach, rührt selbstverständlich und in erster Linie von dem derart "Inspiriertgewesenen", weniger noch vom Text her; hier (im Text) zeigte uns Brahms, also in seiner bloßen Textauswahl, was für ein bibelfester Mensch er wohl gewesen war, also die Auswahl "seiner" Bibel-Stellen war/ist schon frappant.]



Das Pariser Théâtre des Champs-Élysées war unter anderem auch Uraufführungsstätte von Strawinskys LA SACRE DU PRINTEMPS oder Debussys JEUX; das sogenannte Ballets Russes wirkte hier...


Im Pariser Théâtre des Champs-Élysées (gefühlte 40 Grad im Saal) wollte Pierre Cao zeigen, wie Ein deutsches Requiem von Brahms auch auf historischen Instrumenten klingt. Und der von ihm vor Jahren und Jahrzehnten gegründete und seit der Zeit betreute Choeur Arsys Bourgogne (in Luxembourg ansässig) - einem in Sachen historische Aufführungspraxis nicht minder geübten und gewieften Klangkörper - sang hierzu freilich und erwartbar lupenrein und glasklar-schön; sein Personalbestand war überschaubar. Aufhorchen dagegen ließ das fast um's Dreifache der "Stammbesatzung" (18 / 55) aufgestockte Concerto Köln; es spielte also, wie fürs Werk von Brahms beschlossen, in der Zirkastärke eines Sinfonieorchesters, hat jedoch empfindlichere (halt "historischere") Instrumente, was die Angelegenheit natürlich fallenstellerischer Weise etwas komplizierter macht, denn: Jede "Gurke" (Achtung! Bläser) würde da zur Katastrophe - - war zwar nicht der Fall, aber die klitzekleinste (Hör-)Ahnung zum Patzer hin regte mehr den Verstand als das Gefühl an, um's mal volksnah und verständlich auf den Punkt zu bringen.



Zählen Sie auch 18 Leute auf dem Bild? Das CONCERTO KÖLN (hier die Mitglieder der Stammbesetzung) vergrößert sich auch manchmal fast ums Dreifache, wenn es die großen Werke der Romantik, beispielsweise, spielt...


Generell ist dieser Klang der in den letzten Jahren und Jahrzehnten auf dem Plattenmarkt und im Konzertleben sich wohl zurecht voll etabliert habenden Weltspitzenensembles auf historischen Instrumenten (Concerto Köln zählt unbedingt dazu!) - um das besagte Beispiel vorbereitend einzudefillieren - sehr geradlinig, vor allem aber sehr sehr "vibrationsarm"; ja und ausgerechnet Das verlieh dem Ganzen hier (Ein deutsches Requiem von Brahms) einen schier kastrationsartigen Ansatz, und obgleich:

Es wurde unmenschlich geschwitzt (bei [un-]gefühlten 40 Grad im Saal) - aber ich roch halt nix.

Andre Sokolowski - 4. Juli 2010
ID 4708
EIN DEUTSCHES REQUIEM (Théâtre des Champs-Élysées, 03.07.2010)
Rosemary Joshua, Sopran
Mathias Hausmann, Bariton
Choeur Arsys Bourgogne
Concerto Köln
Dirigent: Pierre Cao


Weitere Infos siehe auch: http://www.theatrechampselysees.fr


http://www.concerto-koeln.de

Post an den Autor: mail@andre-sokolowski.de



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