Rosinenpicken (179 / 180)
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23. / 25. Mai 2012, Berliner Philharmoniker / Deutsche Oper Berlin
2 x DIE WALKÜRE
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Simon Rattle dirigierte die Berliner Philharmoniker, die Die Walküre konzertant darboten - Foto (C) http://www.berliner-philharmoniker.de
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Die konzertante Walküre mit den Berliner Philharmonikern (Dirigent: Simon Rattle) war schon spektakulär! Allein was die Besetzung betrifft: Christian Elsner & Eva-Maria Westbroek als Siegmund & Sieglinde sind wohl derzeit nicht zu toppen!! Ihre Ausdrucksweisen haben eine sprachliche Delikatesse sondergleichen; man könnte sie sich jederzeit sofort in kammermusikalischer Konstellation und sowieso als Kunstlied-Interpreten vorstellen. Was auch an dieser Aufführung belebend gut tat - ja und damit gingen die Veranstalter auf deutliche Distanz zum aktuellen Wagner-Zyklus von Janowski, der es nach wie vor nicht lassen kann, "seine" Gesangssolisten sträflichst unagil, also als stünden sie auf Holzprothesen, rechts und links von sich zu kleben - war, dass die Akteure ihren Mimiken und körperlichen Unterstützungen derselben freien Raum ließen; zumindest hatte sie der Rattle, wenn auch nicht gezielt darin bestärkt, so doch in keinem Fall daran gehindert... Ganz besonders aufgekratzt, um nicht zu sagen hyperaktiv, nutzte das Evelyn Herlitzius als Brünnhilde aus; sie ist noch immer eine von den weltweit Besten für die Rolle. Terje Stensvolds Wotan profitierte ganz gewiss von diesem wildwuchshaften Mädchenimpetus der Chefwalküre und ließ sich sodurch zu kraftmeiernden Höchstleistungen inspirieren. Lilli Paasikivis Fricka nahm man wohl mehr die intellektuelle und zugleich hausfrauenhafte Überlegenheit der Wotansgattin ab; emotional gesehen hätte es vielleicht auch mit ein Noch-mehr-aus-sich-Rausgehen getan. Und Mikhail Petrenkos Hunding nervte arg durch flachmännisches Bellen. Das Oktett mit den bediensteten Walküren (Namen s. u.): weibisch-wuchtiger Gesang!!!!!!!! / Und somit hätte Deutschlands renommiertestes Orchester seine Pflichtkür zu dem Wagner-Jubiläumsjahr 2013 vorfristig und bravourös geleistet; in der kommenden Saison gibt es vom Jubillar gerade mal das Waldweben aus Siegfried (für Orgel), das Siegfried-Idyll (für 13 Instrumente), die Wesendonck-Lieder, das Lohengrin-Vorspiel zum 1. Akt und die Tannhäuser-Ouvertüre zu hören. Mehr nicht. Und das ist vollends richtig so.
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Das ist Heidi Melton, die uns als Sieglinde in Walküre (in der uralten Götz-Friedrich-Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin) recht gut gefiel - Foto (C) Kristin Hoebermann
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[Mit Westbroek und Herlitzius wird Sir Simon übrigens - Highlights der überübernächsten Spielzeit - Die Walküre und den Rest des Ringes an der Deutschen Oper Berlin im September nächsten Jahres dirigieren; doch bis dahin...]
Jetzt waren wir erst mal wieder neuerlicher Zeuge einer beispiellosen Repertoire-Pflege der DOB, wo ja seit Hunderten von Jahren der Götz-Friedrich-Ring untilgbar läuft und läuft und läuft - es war die 52. Vorstellung seit der Premiere am 6. Oktober 1984! Hinz und Kunz hatten in dieser Produktion schon ihre weltstarhaften Duftmarken zum Klingen bringen wollen; und es wäre lustig einmal festzustellen, wie viel von den "Damaligen" eigentlich noch leben.
Umso taufrischiger atmeten wir auf, als wir den Namen Heidi Meltons (als Sieglinde) auf dem Beipackzettel lasen - eine Neue also! eine von den Jüngeren!! Ja und die rettete den endlos-tunneldunklen Abend!!!
Denn die Anderen - die Höflichkeit gebietet es, an dieser Stelle ohne ausdrückliche Nennung ihrer Namen zu verfahren - waren schwach und schwächer: Siegmund gab sich redlich Mühe; Hunding rückte sich mit kampfhundartiger Gebärde fast asthmatisch in den Vordergrund; Fricka sah besser aus als dass sie sang; Brünnhilde ehrgeizte sich in gewagte Höhen, die sie ungehalten nicht mehr richtig packen tat; Wotan hatte intonationsmäßiges Dauerfehlverhalten; die Walküren chorten eigentlich zu viert anstatt "normal" zu acht...
Nur Donald Runnicles war Heidi Melton sozusagen ebenbürtig - er wie sie bevorzugten eine mehr schlanke, transparente Lesart durch die jeweiligen Instrumente; und obgleich sie beide, je für sich, recht vollschlank (Heidi / das Orchester) wirkten.
Es wird allerhöchste Zeit für einen neuen Ring.
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Andre Sokolowski - 26. Mai 2012 ID 5982
DIE WALKÜRE konzertant (Philharmonie Berlin, 23.05.2012)
Mit Eva-Maria Westbroek (Sieglinde), Christian Elsner (Siegmund), Mikhail Petrenko (Hunding), Evelyn Herlitzius (Brünnhilde), Lilli Paasikivi (Fricka), Terje Stensvold (Wotan) sowie Andrea Baker, Anette Bod, Susan Foster, Anna Gabler, Heike Grötzinger, Joanna Porackova, Eva Vogel und Julianne Young (als Walküren)
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Sir Simon Rattle
http://www.berliner-philharmoniker.de
DIE WALKÜRE (Deutsche Oper Berlin, 25.05.2012)
Mit Heidi Melton (Sieglinde), Torsten Kerl (Siegmund), Attila Jun (Hunding), Catherine Foster (Brünnhilde), Daniela Sindram (Fricka), Greer Grimsley (Wotan) sowie Julia Benzinger, Ulrike Helzel, Clémentine Margaine, Elaine McKrill, Roswitha C. Müller, Nicole Piccolomini, Rebecca Teem und Martina Welschenbach (als Walküren)
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Dirigent: Sir Donald Runnicles
http://www.deutscheoperberlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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