DSO-Konzert
mit Werken
Berwalds,
Bruckners
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Der schwedische Komponist Franz Berwald lebte von 1796 bis 1868. Als er sich als Sinfonien-Schreiber viel zu unbeachtet fühlte, wechselte er den Beruf und war so eine ganze Zeit lang Orthopäde. Ungeachtet dessen blieben seine Sinfonien, beispielsweise, doch dann unsterblich erhalten. Herbert Blomstedt pflegt die Werke seines Landsmannes auf die nur ihm gemäße liebevolle und sympathisch anmutende Weise... so wie jüngst im DSO-Konzert, wo Berwalds DRITTE SINFONIE erklang... | Bildquelle: Wikipedia
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Brandbedingt (Philharmonie Berlin) mussten und müssen auch die anderen Orchester, außer den Berliner Philharmonikern, mit Ausweichvarianten ihrer Regulärkonzerte vorlieb nehmen. Der Konzertbetrieb der Hauptstadt spielt sich größtenteils, und abwechselnd, entweder im Scharoun-Bau oder im Konzerthaus ab; und beide Säle sind natürlich immer, und fast jeden Abend, ausgebucht.
Das Deutsche Symphonie-Orchester - eines der vier Großgeschwister im Orchester-Chor-Verbund der sogenannten ROC Berlin (einer GmbH des Rundfunks Berlin Brandenburg) - hatte es da, vergleichsweise, nicht schwer mit dem gefundenen Ersatzort; man entschied sich also fürs betriebseigne Gebäude "Großer Sendesaal des RBB", und Vorteil (nicht nur für den Rezensenten) war, dass man dann überhaupt zum ersten Mal dorthin zu sitzen kam: Sensationelle, so noch nie erfahrene Akustik!
Bruckners Neunter - womit Herbert Blomstedt, der der Dirigent dieses Konzertes war, seinen seit Jahren und mit allerruhigsten Kontinuitäten eingespielten Bruckner-Zyklus durch das DSO an Ort und Stelle fortsetzte - bekam der fast schon völlig nachhalllose Klang in diesem Saale außerordentlich und gut. Vielleicht ist es sogar einer von den "gefährlichsten" Konzertsälen der Stadt; er ist ja so gebaut, dass keinerlei von störenden Geräuschattacken aus dem Draußen in ihn dringen könnte, absolut hermetisch abgeriegelt. Umso umweltunfreundlicher freilich dann die leisesten oder verschämtesten Grippalverlautbarungen, die vom Saalgestühl - wie eine fiese Invasion sich lautstark breit machender Hustenfliegen - zum Orchester hin, und Stuf' für Stuf' "nach oben" also, ungelenk und polternd drangen...
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Herbert Blomstedt ließ sich davon nicht beirren, und er bot den Hörern eine Sicht der Dinge, die man "auseinandergehender", um gar zu sagen epochaler, nicht beschreiben könnte.
Bruckners Schlusswerk ist, im Gegensatz zu seinen acht (neun) Schwestern, dreisätzig; den letzten Satz hatte er nicht mehr schaffen können.
Blomstedt nun versteifte sich, unüberhörbar, auf das Scherzo.
Bruckners Scherzi kann man ja, in allen Sinfonien, bildlich mit Geschichten fassen. Das ist eine sonderbare Ausnahmeerscheinung im sinfonischen Gewerke dieses merkwürdigen ewig alten Mannes.
Blomstedt führte einen regelrechten Todes- oder Teufelstanz am Rand des ersten Höllenkreises vor. Der ganze Streicherapparat wird aufs Brutalste in die Knie gezwungen, und die Bläserfront hält ungezügelt mitten drauf, tritt quasi nach - der Mittelteil der immer dreigeteilten Scherzi hat dann einen etwas leiseren, verspielteren Charakter; hier nun sah ich, elfenartig, einstmals wahnsinnig gewordne "unsterbliche Mädchen" auferstehen, zig Opheliaartige, die wissen und erfahren wollten, welcher Höllenhund sie aus dem Totgeträumten riss...
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Und vor der Pause konnte man ein Zeuge dessen sein, warum passieren musste, dass ein zeitlebens fast ungehört gebliebner Komponist - nicht nur aus wirtschaftlichem Grund - ins von ihm einstudierte Fach des Orthopädischen berufsgewollt zurückverschwunden war: Der Schwede Berwald - dessen Sinfonien Herbert Blomstedt auch bereits im Leipziger Gewandhaus rezuanimieren liebevoll sich vornahm - komponierte wohl so schlicht und schön, dass es dem Hörer auf das Einfältigste hin die Sprache rauben sollte.
Andre Sokolowski - 27. Mai 2008 ID 3850
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DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER BERLIN (Großen Sendesaal des RBB, 26.05.2008)
Franz Berwald: Symphonie Nr. 3 C-Dur, Sinfonie singulière
Anton Bruckner: Symphony Nr. 9 d-Moll
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Herbert Blomstedt
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Weitere Infos siehe auch: http://www.dso-berlin.de
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