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nachDRUCK # 5

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Das Hohelied

der Depression



Bewertung:    



"Erstmals trafen sich Morton Feldman, einer der originellsten und radikalsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und der irische Dramatiker Samuel Beckett 1976 im Schiller Theater. Einen Monat später schickte Beckett sein Libretto, dass er in 87 Wörtern auf eine Postkarte schrieb, an Feldman, der hierauf seine einzigartige Oper Neither komponierte. Becketts Theaterstück Footfalls erlebte in der Werkstatt des Schiller Theaters seine deutsche Erstaufführung." (Quelle: staatsoper-berlin.de)


Katie Mitchell (Die gelbe Tapete, Le vin herbé und Atmen), deren hauptstädtische Inszenierungen von Mal zu Mal dann konzentrierter werden, trat jetzt an, zwischen den beiden Stücken [s.o.] eine Art von Brückenbogen zu gestalten - ihre Ausstatterin Vicki Mortimer baute ihr kongenial eine sich peu à peu nach hinten hin versechsfachende Breitwandbühne in getrübtem Dauerlicht (Jon Clarks); und auch Signe Fabricius hatte an dem optisch-eindringlichen Hype eine nicht unwesentliche Hinzuarbeit geleistet, denn sie tat, wahrscheinlich sehr konzepttreu, Becketts vorgeschriebne "Schrittfolgen" ganz insbesondere für dessen Footfalls choreografisch für die Schauspielerin Julia Wieninger und den Sopran-Star Laura Aikin sowie sieben weitere Performerinnen (nahtlos-anschließend in Feldman/Becketts Neither) umsetzen...

In Footfalls geht's um eine Tochter-Mutter-Beziehung: Die Junge (40) pflegt die Alte (90) und ist daher schon seit langem nicht mehr aus dem elterlichen Haus herausgekommen - eine selbst "gewählte" und erduldete Gefangenschaft als Dienstpflicht einer interfamiliären Samariterin. So etwas macht schon trübsinnig, um nicht zu sagen: depressiv. [Beim alten Beckett muss es zwischendurch mal ähnlich ausgesehen haben; seine liebevollen Pflegedienste gegenüber seiner schwer an Parkinson erkrankten Mutter sind in jeder Kurzvita von ihm einschlägig nachlesbar.]

Gibt es aus derartigen Zwangssituationen einen Fluchtweg? eine Möglichkeit sich einfach so davon zu stehlen?? oder wie man das auch immer nennen wollte...

Mitchell/Mortimer lassen - auf dass es stellenweise aussieht wie in einem gruseligen Film nach einer Stephen-King-Vorlage - zwei mal sieben Türen, rechts und links der Breitwandbühne, sich so wie von unsichtbarer Geisterhand betätigt öffnen, schließen, öffnen, schließen, öffnen, schließen... Hinter diesen Türen lauert helles Licht; doch keine der von links nach rechts und rechts nach links und immer wieder hin und her gehenden Frauen "wagt" den Schritt nach draußen; sie sind alle raumgebannt und scheinen völlig in sich eingeschnürt zu sein. Da gibt es also keine große Hoffnungslage, wie man, äußerst deprimiert gestimmt von diesem Ganzen, letztlich sieht; o Gott, wie ist das schlimm!

Die an die Staatsoper Berlin zurückgekehrte Laura Aikin, die auch mal Ensemblemitglied dieses Hauses war und ab den 1990ern über dreihundert Auftritte (als Königin der Nacht, Lulu, Sophie, Adele, Zerbinetta usw. usf.) verbuchen konnte, hat in Neither größtenteils "nur" Töne auszuhalten; stellenweise muss sie da ganz hoch und noch ein bisschen höher zielen - doch mit ihrem legendären 3-Oktaven-Umfang meistert sie das mühelos.

Aus dem Orchestergraben murmelt, schwirrt und glockt es wie bei einer "unheimlichen" Filmmusik. Wenn sich der Schreiber dieser Zeilen nicht ganz täuschen sollte, hörte er doch irgendwie Zitate aus Mathis der Maler oder Herzog Blaubarts Burg heraus; aber er könnte sich dann auch verhört haben; egal. Die Musikerinnen und Musiker der Staatskapelle Berlin werden dirigiert von François-Xavier Roth.

In dem vorzüglich zusammengestellten Programmheft (Redaktion: Jens Schroth) erfährt man quasi Alles, was in den Zusammenhängen Footfalls/Neither oder Beckett/Feldman lesenswert und wissenswichtig ist.

Genial gemachter Schauspiel-/Opernabend!!




Laura Aikin (li.) und Julia Wieninger (zu L. A. nach links schauend) in Footfalls/Neither an der Staatsoper im Schiller Theater - Foto (C) Stephen Cummiskey

Andre Sokolowski - 28. Juni 2014
ID 7926
FOTTFALLS / NEITHER (Staatsoper im Schiller Theater, 27.06.2014)
Musikalische Leitung: François-Xavier Roth
Inszenierung: Katie Mitchell
Co-Regie: Joseph W Alford
Bühne und Kostüme: Vicki Mortimer
Choreografie: Signe Fabricius
Licht: Jon Clark
Dramaturgie: Jens Schroth
Mit: Laura Aikin (Sopran), Julia Wieninger (May/Mother) sowie den Performern Claudia Albrecht, Anne Ernst, Katharina Funke, Antonia Kruschel, Eva Günther, Janine Schneider und Silke Vente Yubi
Staatskapelle Berlin
Premiere anlässlich der INFEKTION! war am 22. Juni 2014
Weiterer Termin: 29. 6. 2014


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

INFEKTION! 2014




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