Monteverdi Choir & English Baroque Soloists (Sir John Eliot Gardiner)
L´ORFEO
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Krystian Adam in der Titelrolle von L'Orfeo beim MUSIKFEST BERLIN 2017 | Foto (C) Carolina Redondo
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Bewertung:
Nomen est omen.
Sir John Eliot Gardiner, der 1964 "seinen" Monteverdi Choir gründete und ihn (und sich) zu Weltruhm führte, meinte jetzt - im 450. Jubiläumsjahr des 1567 in Cremona geborenen italienischen Komponisten - , dass man dessen drei überlieferte Musiktheater ruhig mal wieder nacheinander und im Block aufführen sollte:
"Wir spielen die drei Opern als Zyklus, weil wir das Publikum auf eine Reise mitnehmen möchten – von der Schäferidylle zum höfisch-städtischen Leben, vom Mythos zur politischen Historie, von der Unschuld zur Korruption, von einem Mann, mit dem die Götter ihr Spiel treiben, über einen Helden, der sich nicht von seinen menschlichen Leidenschaften befreien kann, bis zum Doppelporträt eines wahnsinnigen Liebespaares, dessen Ehrgeiz und Lust völlig außer Kontrolle geraten ist. Wer trägt am Ende den Sieg davon? Vielleicht die Musik."
Das halbszenische Projekt (mit besagtem Chor sowie den [ebenfalls von Gardiner, in 1978, gegründetenden] English Baroque Soloists) tourt seit April durch aller Herren Länder - das am Donnerstag gestartete MUSIKFEST BERLIN buchte den einzig-einzigen Deutschland-Abstecher dieses Großprojektes exklusiv für sich; und mit L'Orfeo ging es also gestern Abend los...
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Es soll angeblich die allererste Oper überhaupt sein, die die Menschheitsgeschichte soweit registrierte. Und in L'Orfeo (1607 in Mantua uraufgeführt) ist bereits schon Alles drin, was eine richtig gute Oper ausmacht: viel Gefühl, viel Geist!! Für Letzteren, besagten Geist, sorgte der Librettist Alessandro Striggio, nach dessem durchaus lebenszugewandtem Stück so eine Art Maxime greifen sollte, dass wohl unser aller Leben nicht unendlich ist - nicht einmal, wenn so höhere also gottähnliche will sagen göttlich-vorhersehungswütige Beeinflussungen existier(t)en:
Eurydike, die Liebste unsers Orpheus, segnet durch 'nen unvorhersehbaren Schlangenbiss (mein Gott, so was kann schon passier'n) das Zeitliche - und der Zurückgeblieb'ne übt sich halt in bis zur Selbstverblödung ausufernde Trauer (kann man alles menschlich nachvollziehen). Dieser selbstverblödende Aspekt gipfelt dann ganz abrupt in der abstrusen Annahme, dass er die Tote aus dem Totenreich zurück zu sich und auf die Erde holen könnte; und dann würde halt dann alles wieder so wie früher, also alles gut... Ja, der Versuch ist es schon wert - - aber im tiefen Totenreich herrschen nun mal ganz andere Gesetze und Bedingungen als etwas weiter oberhalb - - - der Liebste darf sich nicht nach seiner Liebsten umdrehen, wenn er sie von der einen in die andre Welt (zurück-)holt; doch wie soll das in der Praxis funktionieren, hä? man muss ja schließlich noch gewärtig sein, ob der/die/das Zurückgeholte in der Tat noch hinter einem ist, also wäre ein kontrollierender (Zurück-)Blick fürsorgliche Bürgerpflicht, nein??
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Jedenfalls:
Der Krystian Adam (mit phänomenalen Koloraturen!) war Orfeo, und die Hana Blažíková (mit ihrer betörenden Ausstrahlung!) war Euridice.
Aber Lucile Richardot als Messaggeria und Gianluca Buratto als Plutone liefen den zwei HauptprotagonistInnen den Rang ab; Richardot könnte auch gut als Lady Macbeth und Buratto gut als Hagen (fremd-)besetzt sein, stellte ich mir kühn-klammheimlich vor.
Sir Gardiner erzeugte insbesondere während der vielen schönen "Ruhephasen" Spannung bis zum Bersten!
Chor sowie Orchester = ein wohl nicht zu toppendes Gesamtereignis!!
Und das Publikum drohte nach den zwei viel zu kurz erlebten Stunden völlig auszuflippen; was für ein grandioser Monteverdi-Start!!!!!
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L'Orfeo beim MUSIKFEST BERLIN 2017 | Foto (C) Carolina Redondo
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Andre Sokolowski - 3. September 2017 ID 10228
L’Orfeo (Philharmonie Berlin, 02.09.2017)
Halbszenische Aufführung
Regie: Elsa Rooke und Sir John Eliot Gardiner
Kostüme: Isabella Gardiner und Patricia Hofstede
Lichtdesign: Rick Fisher
Besetzung:
Orfeo ... KRYSTIAN ADAM
La Musica / Euridice ... HANA BLAŽÍKOVÁ
Messaggiera ... LUCILE RICHARDOT
Prosperina ... FRANCESCA BONCOMPAGNI
Caronte/Plutone ... GIANLUCA BURATTO
Speranza ... KANGMIN JUSTIN KIM
Apollo ... FURIO ZANASI
Pastore I ... FRANCISCO FERNÁNDEZ-RUEDA
Pastore II / Spirito I / Eco ... GARETH TRESEDER
Pastore IV / Spirito III ... JOHN TAYLOR WARD
Pastore III ... MICHAŁ CZERNIAWSKI
Spirito II ... ZACHARY WILDER
Ninfa ... ANNA DENNIS
MONTEVERDI CHOIR
ENGLISH BAROQUE SOLOISTS
Dirigent: SIR JOHN ELIOT GARDINER
Monteverdi 450
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinerfestspiele.de
http://www.andre-sokolowski.de
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