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CD-Besprechung

CONCERTARE - ABSEITS VOM MAINSTREAM

Solokonzerte von Hasse, Fasch, Pfeiffer, v.Bayreuth und Österreich

caterva musica records

Bewertung:    



Köln gilt als heimliche Hauptstadt der Alten Musik. In keiner andern deutschen Metropole gibt's mehr Musiker, Ensembles oder Spezialisten, die in diesem "Fach" quantitativ (und selbstverständlich auch qualitativ) so derart ausgewiesen und vertreten sind: Concerto Köln, Das Neue Orchester, Collegium Cartusianum, Cantus Cölln, Capella Coloniensis und und und - das Kölner Zentrum für Alte Musik weist allein 65 Musiker/Ensemble seines eingetragenen Vereines KGAM aus, und immer wieder kommen neue nach; ein schier unendlich sprudelnder Alte-Musik-Quell - wo nur hin mit diesen vielen hochqualifizierten Leuten? wollte man outsiderisch fast meinen.

Als sehr anspruchsvoll und allwissend muss die von Köln (und andersher) bezielte Klientel bezeichnet sein. Alte Musik hat ja - seit sie "historisch-aufführungspraktisch" (= ihr Lieblings-Schlagwort) dargebracht und weltweit kommerzialisiert wird - andauernde Konjunktur. Die Stadt am Rhein ist sodurch fast schon Mainstream, und zwar absolut, geworden!

*

Concertare - abseits vom Mainstream nannte das Ensemble CATERVA MUSICA - seit mehr als 15 Jahren zwischen Gelsenkirchen und Bochum beheimatet - seine in Eigenproduktion entstandene CD mit Werken von Hasse, Fasch sowie den vielleicht weniger bekannten Johann Pfeiffer (1697-1761), Wilhelmine von Bayreuth (1709-1758) oder Georg Österreich (1664-1755). Ja und es hebt hiermit wohl nicht in erster Linie auf die "örtliche Distanz" zu Köln ab, nein - es will v.a. auch auf mainstreamferne Komponisten resp. ihre Werke aufmerksam gemacht haben.

70 Minuten Raritäten - also selten oder überhaupt noch nicht (auf Platte jedenfalls noch nicht) erlebte Stücke des Barock:

Zu meinen hörerischen Favoriten zählt das Cembalokonzert (Solistin: Sigrun Stephan) von Wilhelmine von Bayreuth, der Schwester Friedrichs des Großen und vielleicht nicht minder traurigen Gestalt aus Preußischer Geschichte, also "nicht viel trauriger als er". Das schwisterliche Paar litt seine Jugend lang an dem tyrannischen und auch gewaltsamen Patriachat seines gehassten Vaters (des verrruchten und berüchtigten Soldatenkönigs). Dass es sich daher in die Musik abflüchtete bzw. dorthin abzuflüchten wähnte, ist ein starkes Beispiel von gelebten und versuchten Gegenweltenseins - - erst Jahre und Jahrzehnte nach dem endgültigen Ableben des Übervaters konnte seine Doppel-Vita nach und nach "gesunden": Friedrich spielte Flöte, zog in Kriege und gestaltete "sein" Preußen; Wilhelmine trieb's in die Provinz nach Franken, baute eines der weltschönsten Opernhäuser (in dem Städtchen Bayreuth) und nahm Lautenunterricht [das wusste ich bisher noch nicht]...

Und kannten Sie [im Gegensatz zu mir] bis dato etwa Georg Österreich? Im Booklet lese ich, dass er ein Bierbrauerssohn aus Magdeburg gewesen war, dass es ihn als Alumne (heute heißt das Gymnasiast) zur Thomasschule nach Leipzig zog, dass er von dort der Pest wegen alsbald das Weite suchte, dass es ihn nach Hamburg und nach Braunschweig künstlerisch verschlug - er musste eine schöne Stimme gehabt haben; die ließ er ausbilden und wurde ihretwegen hie und da verpflichtet. "Am Wolfenbüttler Hof wirkte er daraufhin in den unterschiedlichen Positionen - Opernsänger, Gesangslehrer, Vizekapellmeister und Hofkantor - bis zu seinem Tode 1735." Sein kantatenartiges Tenorkonzert, das die CD beschließt, sollte [für mich] dann schon als eigentliches Highlight der CATERVA MUSICA-Einspielung gelten! Georg Poplutz gibt da, insbesondere im vierten Satz Ich fürchte mich nicht, so eine Art von sanduhrsandfließender Koloratur zum Besten; so was Irres habe ich noch nie zuvor gehört - Respekt dem Sänger!!

Auch das die CD einleitende Concerto Johann Adolph Hasse's muss an dieser Stelle unbedingt Erwähnung finden - Olaf Reimers (der zugleich der Gründer sowie künstlerische Leiter des Ensembles ist) spielt hier den Cello-Part; Elke & Wolfgang Fabri (Violinen) und Michael Glatz (Viola) sind die weiteren SolistInnen. Das Stück wird als für Hasse typischem "zwischen Barock und Empfindsamkeit", lt. Booklet, ausgewiesen. Und das hört man auch - mit sehr viel Lust und Laune!!

Alle Ausführenden dieser Einspielung müssen in Gänze wohl als handverlesene Experten gelten.

Hochsuperbes Musiziertsein von willkommenen Stück(neu)entdeckungen!



CATERVA MUSICA - Ensemble für Alte Musik | Bildquelle: http://www.caterva-musica.de

Andre Sokolowski - 2. Februar 2015
ID 8409
CONCERTARE - ABSEITS VOM MAINSTREAM (caterva musica records)
Johann Adolph Hasse (1699-1793): Concerto ex D a 5 für Violoncello solo, 2 Violinen, Viola und Basso Continuo
Johann Friedrich Fasch (1688-1758): Concerto B-Dur für Solo-Violine, 2 Oboen, 2 Violinen, Viola und Basso continuo FWV L:B2
Johann Pfeiffer (1697-1761): Concerto per il Cembalo (in der Fassung für Orgel) in G-Dur für Orgel, Violine 1 u. 2, Violoncello
Wilhelmine von Bayreuth (1709-1758): Concerto in g-moll für Cembalo, Streicher und Basso continuo
Georg Österreich (1664-1755): Geistliches Konzert für Tenor, Trompete, Streicher und Basso continuo
Elke Fabri, Violine
Sigrun Stephan, Cembalo
Michael Goede, Orgel
Georg Poplutz, Tenor
Nigel Paul, Trompete
Olaf Reimers, fünsaitiges Violoncello
CATERVA MUSICA
Musikalische Leitung: Olaf Reimers

http://www.caterva-musica.de/concertare/

Weitere Infos siehe auch: http://www.caterva-musica.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

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