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nachDRUCK # 5

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Uraufführung

Erinnerung

und Ewigkeit

Neuwirth und Mahler mit den Wiener Philharmonikern


Olga Neuwirth | Foto: Harald Hoffmann; Bildquelle: http://www.olganeuwirth.com

Bewertung:    



Olga Neuwirth (* 1968) ist eine berühmte österreichische Komponistin, deren Werke weltweit gefragt und gespielt werden. Als sie vor fünf Jahren von den Wiener Philharmonikern gebeten wurde, ein Orchesterstück zum 100. Todestag von Gustav Mahler zu schreiben, musste sie (zu diesem Zeitpunkt) passen, weil sie so mit ihrer eignen Arbeit eingedeckt war, dass sie es (zeitlich) nicht hätte schaffen können - unter anderem befand sie sich im kompositorischen Endstadium zu ihrer Oper American Lulu, die dann später in Berlin zur Uraufführung kam [wir berichteten 2012 darüber]...

Jetzt - nachdem sie den Kompositionsauftrag für sich um fünf Jahre verschob - liegt Masaot/Clocks without Hands (= Titel des Neuwirth-Stücks) endgültig vor! Die Wiener Philharmoniker hoben es während ihres Kölner Gastspiels vor fünf Tagen aus der Taufe und gingen mit ihm sogleich auf Tour weiter nach Luxemburg. Aber auch im Wienere Konzerthaus bildete es den zentralen Schwerpunkt zum Eröffnungskonzert des 37. Internationalen Musikfests, einem inoffiziellen Teil der Mitte Mai beginnenden Wiener Festwochen [wir waren live vor Ort].

* *

Die Komponistin schrieb zu ihrem neuen Werk einen schönen Einführungstext, in dem sie sich v.a. auf einen Traum bezog, wo ihr ihr Großvater, welchen sie nie persönlich kennenlernte, wesenhaft erschien - der sollte ihr zum Initialzünder von Masaot/Clocks without Hands werden:

"In den sonnendurchfluteten Donauauen mit dahinplätscherndem Wasser bewegte der Wind Myriaden grüner Grashalme in einer Umgebung verworrenen Schilfrohrs. Mein Großvater stand inmitten der Grashalme und spielte mir auf einem alten, krachenden Tonbandgerät ein Lied nach dem anderem vor und sagte: 'Von Anfang an fiel ich aus dem Rahmen. Ich war ein Außenseiter und passte nie ganz zu meiner österreichischen Umgebung. Ich hatte ein lebenslanges Gefühl des ausgegrenzt Seins. Hör diesen Liedern zu, das ist meine Geschichte.' Er war aus der Zeit gefallen und teilte es mir mit." (Quelle: olganeuwirth.com)

Der Orchesterapparat ist imposant, und er verweist tatsächlich "artverwandt" auf Mahler - dieser hatte (auch) Zitatfreude und -leidenschaft bewiesen; meistens tat er's bissig, karikierend in den Scherzosätzen seiner Sinfonien, wo er sich auf Walzer, Militärmärsche und Operettiges ironisch einschoss. Neuwirth leistet nun in ihrem Werk auf ihre unverwechselbare Weise zutuend Erinnerungsarbeit, nicht bloß hinsichtlich ihres Großvaters, indem sie (ihrerseits) ganz kurze aber stark prägnante Querschlenker auf Mahler wirft oder - an zufälligen Stellen - jenes jüdisch-traditionelle Hava Nagila leitmotivisch durchblitzen lässt; das klingt sehr einprägsam und gibt, auch über diesen ganzen aufcholorisierten K-und-K-Wust weit hinaus, Gelegenheit zum Insichgehen und geschichtsbewussten Nachdenken, wahrscheinlich nicht nur für aus Deutschland stammende Konzertbesucher.

Daniel Harding, der die Uraufführung dirigierte, schien ein kongenialer Anwalt für das Werk zu sein. Die Wiener Philharmoniker (wahrscheinlich doch das wohl am weltbestwärmsten klingende Orchester!) kaprizierten sich da beispielsweise auf 'nen Streichersound, wo man, ganz insbesondere am Anfang von Masaot/Clocks without Hands hätte meinen oder fühlen können, unter einem "im Aufbruch" befindlichen Bienenstock verweilt zu haben; fast wie bei 'nem Psychokrimi frei nach Stephen King...

*

Nach der Pause gabs Das Lied von der Erde in der selten gespielten Fassung für Tenor und Bariton! Matthias Goerne faszinierte da im Ganzen und gab einen "Abschied" zum Besten, der nicht irrlichtener und verewigender hätte sein können wie halt von ihm gestaltet und gesungen: Wunderbar!!



Die Wiener Philharmoniker im Wiener Konzerthaus - Foto (C) Herbert Schwingenschlögl

Andre Sokolowski - 11. Mai 2015
ID 8634
WIENER PHILHARMONIKER (Wiener Konzerthaus, 09.05.2015)
Olga Neuwirth: Masaot / Clocks without Hands
UA in der Kölner Philharmonie am 6. Mai 2005
Gustav Mahler: Das Lied von der Erde
Klaus Florian Vogt, Tenor
Matthias Goerne, Bariton
Wiener Philharmoniker
Dirigent: Daniel Harding


Weitere Infos siehe auch: https://konzerthaus.at


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

Wiener Festwochen



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