Über allem
flackert die
Glühbirne
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Weiße Rose an der Oper Köln | Foto (C) Paul Leclaire
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Bewertung:
Ein intensives Kammerspiel hat Udo Zimmermann 1986 mit seiner Oper geschaffen, die die Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl in den Stunden vor ihrer Hinrichtung zeigt. Weiße Rose hieß die Gruppierung, der sie angehörten und die Flugblätter gegen das nationalsozialistische Regime verteilte – wofür Hans und Sophie zum Tode verurteilt wurden –, und so lautet auch der Titel von Zimmermanns Oper. Anders als eine erste Fassung aus dem Jahr 1967 sind die Szenen für zwei Sänger und 15 Instrumentalisten weniger handlungsgetrieben als eine Innenschau: Es geht vornehmlich um Gedanken, Erinnerungen und Hoffnungen der beide zum Tode verurteilten Geschwister mit einem deutlichen Appell am Ende: „Sagt nicht, es ist fürs Vaterland! Verlängert diesen Wahnsinn nicht. Stellt euch nicht blind und taub, wenn mitten unter euch der Tod zu Hause ist.“
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Weiße Rose an der Oper Köln ist Schwerstarbeit für die beiden Darsteller Claudia Rohrbach und Wolfgang Stefan Schwaiger, das Orchester und die Zuschauer. Rasch aufeinanderfolgend äußern sich verschiedenen Seelenzustände der beiden Protagonisten, die sich nur assoziativ mit konkreten Situationen verbinden lassen und ansonsten oftmals Ausdruck einer (emotionalen) Befindlichkeit der beiden in der Ausnahmesituation kurz vor der Hinrichtung sind. Eine Handlung zu erzählen, die es eigentlich gar nicht gibt, ist naturgemäß schwierig, zumal die Partitur kaum Platz zum Durchatmen gibt. Regisseurin Niki Ellinidou wählt den Weg des Plakativen. Es herrscht also wenig Stillstand auf der Bühne und viel Gestus. Selten wird es innerlich.
Ellinidou und ihre Ausstatterin Nefeli Myrtidi stecken die beiden Darsteller in einen grauen Raum, der allerdings nicht ganz geschlossen ist. Der Eindruck des Hermetischen will sich ohnehin nicht so wirklich einstellen, da von oben immer mal wieder Sand hineinrieselt in den Raum oder eine Glühbirne herabgelassen wird, die die Darsteller herumschwenken können oder die manchmal auch im Takt der Musik flackert. An einer Stelle dient sie auch als Kindersatz, bevor die Birne wieder brav in die Fassung geschraubt wird und im Bühnenboden entschwindet. An anderer Stelle wird von oben eine Art gläserner Kasten über Claudia Rohrbach herabgelassen, der dann mit Sand gefüllt wird (allerdings nur im Zwischenraum einer doppelten Außenwand) und so ihren Kampf ums Überleben versinnbildlicht.
Das sind für sich genommen nette Bilder, doch leider fügen sie sich nicht zu einem Ganzen, sondern bleiben Stückwerk. Und so manches ist vorhersehbar: Irgendwann wird die Rückwand transparent, und Figuren ziehen im Elendsgleichschritt, die Schulter und Köpfe hängen herab, vorbei. Sophies Mutter erscheint, die Tochter lehnt sich an den Schatten an, während der Sohn in einer Ecke kauert. Und natürlich, man ahnt es schon, schieben sich die beiden Seitenwände links und rechts irgendwann zusammen, um den Raum zwischen ihnen, in dem die Protagonisten stehen, immer enger werden zu lassen.
Ein weiteres Problem dieses Raums ist, dass er recht weit vom Publikum entrückt ist, was den Eindruck eines Kammerspiels zunichtemacht, und zudem ist die Bühne, vor der die Musiker platziert sind, ziemlich hoch. Als kleiner Mensch hat man so (in Reihe 1 sitzend) wenig Chancen, etwas zu sehen, zumal zu Beginn der Aufführung sehr viel im Liegen gespielt wird.
Vieles wirkt in Ansätzen gut in dieser Aufführung, aber wenig fokussiert. Ein wenig mehr Ruhe hätte dem Abend gut getan, mehr Konzentration auf den Kampf (mit den eigenen Gefühlen, dem Gegenüber und der Situation) und die emotionale Befindlichkeit zweier Menschen kurz vor der Hinrichtung. An Claudia Rohrbach als Sophie und Wolfgang Stefan Schwaiger als Hans liegt es nicht, dass das Schicksal der Geschwister Scholl merkwürdig abstrakt bleibt und wenig berührt. Sie legen sehr viel Emotion in ihre Darstellung und sind sängerisch überzeugend in ihren durchaus anspruchsvollen Partien.
Insgesamt ist die Aufführung musikalisch zu loben, auch wenn die Platzierung des Orchesters unter der guten Leitung von Arne Willimczik links vor der Bühne gelegentlich zu einem unausgewogenen Hören führt. In der Figurenführung irrlichtert Weiße Rose etwas – ähnlich wie die Glühbirne, die über allem hin und her schwebt.
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Weiße Rose an der Oper Köln | Foto (C) Paul Leclaire
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Karoline Bendig - 16. November 2016 ID 9687
WEISSE ROSE (Staatenhaus, 13.11.2016)
Musikalische Leitung: Arne Willimczik
Inszenierung: Niki Ellinidou
Bühne und Kostüme: Nefeli Myrtidi
Licht: Nicol Hungsberg
Dramaturgie: Tanja Fasching & Georg Kehren
Mit: Claudia Rohrbach (Sophie Scholl) und Wolfgang Stefan Schwaiger (Hans Scholl)
Statisterie der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln
Premiere an der Oper Köln: 22. 10. 2016
Weitere Infos siehe auch: http://www.operkoeln.com
Post an Karoline Bendig
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