Bilder-
rauschig
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Doris Soffel (als Amme in Knallrot) kümmert sich um Simome Schröder (als Die Frau ohne Schatten) an der Oper Leipzig - Foto (C) Kirsten Nijhof
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Bewertung:
Die Oper Leipzig hat am Samstagabend - nach ihrer sensationellen Darbietung von Hofmannsthals/Strauss' Die Frau ohne Schatten - ihre Wiedereingliederung in die Riege der 1 A-Häuser gepackt! Das war aber auch allerhöchste Zeit. Allein die Tatsache, dass ihr mit jener traditionsreich-stadtverwalterisch bestimmten Dauerpräsenz durch das Gewandhausorchester Leipzig immerhin einer der weltbesten Klangkörper in ihrem hauseignen Orchestergraben zur Verfügung stand und steht, gerechtfertigte und gerechtfertigt das anhaltende hehre Ziel, die Mit-Besten dann sein zu wollen und zu sein - ganz außer Frage.
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Es wird aufgetischt in der Frau ohne Schatten an der Oper Leipzig - Foto (C) Kirsten Nijhof
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Udo Zimmermann, welcher als Künstlerintendant zwischen 1990 und 2001 die Oper Leipzig international zu Anerkennung führte, trat mit explosionsartiger Wucht sein ganz reales Amt an, um dann allerdings (aus Kostengründen) in dem elitären Bau von lauter Luftschlössern zu endigen; alle Rameau-Opern unter dem unbezahlbaren Dirigat eines hier namentlich nicht näher zu bezeichnenden Alte-Musik-Spezialisten oder Wagners Tetralogie unter Regie von Steven Spielberg waren da so Beispiele. Doch immerhin brachte er 2mal Stockhausen (aus Licht) zur Uraufführung und so manches Hochspektakuläre mehr. An "echter Teilnahme" von Volkes und Regierungsseite mangelte es freilich zusehens, ja und die Oper Leipzig lief Gefahr, nach Abzug ihres prominenten Wegbereiters aus der Pleißestadt, weiter und weiter im Niveau hinabzudümpeln...
Bis zum Samstagabend, wie gesagt.
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Ulf Schirmer, welcher jetzt und aktuell der Intendant und Generalmusikdirektor "seines" Hauses ist, hat Ehrgeiz noch und noch. Zwar steht "sein" derzeitiger Ring unter einem nicht sonderlich glücklichen Zeichen - aber wer konnte/kann schon vorhersagen, wie künstlerisch so manches werden wollen würde - , doch mit "seiner" von Regisseur Balázs Kovalik, Bühnenbildnerin Heike Scheele und Kostümbildner Sebastian Ellrich szenisch verantworteten und von ihm höchstselbst dirigierten Frau ohne Schatten sind und bleiben alle mäklerischen Einwände von früher her erst mal wieder versenkenswert.
Seit 50 Jahren war das musikalisch überbordende und librettistisch übersymbolistische Gemeinschaftswerk von Richard Strauss/Hugo von Hofmannsthal nicht mehr in Leipzig vorgestellt; damals führte Joachim Herz Regie, ja und obgleich sich kaum noch Zeitzeugen im Kreis der (Über-)Lebenden aufrufen lassen sollten, die hierüber Kunde geben könnten, muss die Aufführung - nach überlieferten Gerüchten - sagenhaft gewesen sein; was für 'ne Steilvorlage!
"Binnen dreier Tage muss die Kaiserin, Tochter des Geisterkönigs Keikobad, einen Schatten werfen, um ganz Mensch zu werden und ihren Gatten vor der ewigen Versteinerung zu bewahren. Auf den Plan der Amme, einer Färberin ihren Schatten – und damit verbunden die Fähigkeit Kinder zu gebären – einfach abzukaufen, steigt die Kaiserin zunächst ein. Doch als sie erfährt, dass damit die Liebe und das Leben der Färbersleute auf dem Spiel steht, offenbart sich ihre wahre Menschlichkeit." Soweit der auf der hausinternen Website nachlesbare Plot zum Stück.
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Thomas J. Mayer als Barak-TV in der Frau ohne Schatten an der Oper Leipzig - Foto (C) Kirsten Nijhof
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Es ist fürwahr ein etwas kompliziertes Kunstmärchen, ja und - obgleich ich jedesmal, wenn ich die Frau an einem sogenannten Spitzenhaus zu sehen kriegte, von den (jedesmal dann) bildstarken Gereichungen stark angetan war; denn ich bin ein visueller Typ - es lockt geradewegs zu einer (meistens zeitlos) bildnerischen Üppigkeit; also wer's kann, der macht es (meistens) gut. Was Heike Scheele allerdings hier bühnenbildnerisch ablieferte, verschlug einem die Sprache!! Sie bedient sich dreier Grundräume für "ihre" Handlungsakte: Keikobads Geisterwelt besteht aus einer rundum eingefensterten Galerie mit aufgestellten Marmorstatuen in kaltem Weiß, das Kaiserinnnen-und-Kaiserreich wird durch ein mit fünf großformatigen Kitsch-Stilleben eingemäldeten (Ess-)Saal in Cinemascope versinnbildlicht, die Färberabsteige erfährt sich unterhalb von einem großstädtischen Slum und ist mit einem Lager ausschlachtbarer Fernseher des Färbers Barak (der hier nur noch alte oder ausgediente Fernseher verkauft und repariert) bemüllt. Die weiteren bzw. fortführenden bühnenbildnerischen Highlights "kommen" dann in den Verwandlungs- oder Zauberszenen - beispielsweise wenn die Scheele (in tatkräftiger Gemeinsamkeit mit dem Kostümdesigner Ellrich und Regisseur Kovalik!!) das Barakweib, das sich in einer allerersten Weg-Verführung durch den Ammen-Wink urplötzlich mittenmang in einem Opernhaus, in dem gerade ein rauschhafter Opernball stattfindet, reingestellt sieht, derart unter Droge setzt, dass sogar ich als eigentlich doch unbeteiligt Zusehender irgendwie dann nicht mehr weiß, "wo bin ich hier"; was für ein Wunderwerk an visuellen Einfällen!!!
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Auch die Besetzungsliste strotzt vor handverlesnem Spitzenpersonal, allen voran die drei fraulichen Hauptgestalten:
Doris Soffel [die ich schon als Amme vor paar Jahren, auch dann unter Schirmers Leitung, an der Deutschen Oper in Berlin erleben konnte] hat sich diese Rolle vollkommen zueigen gemacht. Kann sein, dass es derzeit womöglich keine bessere Amme gibt als sie! Ihr tiefgelegter Sprechgesang an prononcierten Stellen kommt als lustvoll-schauerhaftes Infernal der absoluten Sonderklasse an.
Die Färbersfrau Jennifer Wilsons prescht dann nicht nur stimmlich voll aus sich heraus - auch was eine gebührliche Portion Humor (für diesen doch dann überspitzt-gefassten Part betrifft), scheint ihre großartige Interpretin ganz genau die Richtige zu sein.
Simone Schröder ist die Hauptentdeckung dieses so verstörend-schönen Abends: Sie wurde bisher [was ich soweit bemerkte] "nur" dem Namen nach und in vielleicht nicht ganz so unwichtigen Hauptpartien hie und da nicht übersehen, aber "richtig" power geben durfte sie noch nicht - - jetzt also haben wir sie als DIE Kaiserin erlebt, ja und noch immer fehlen mir die Worte, ihre zauberhafte, kultivierte, durchschlagende, höhensichere und also unverwechselbare Stimme angemessen zu beschreiben... Sie ist einfach göttlich!
Burkhard Fritz [ein langzeitiger Wagner-Star im dirigiererischen Umfeld Daniel Barenboims] hat nun als Kaiser debütiert; da gibt es Stellen, die sind in der Höhe kaum zu schaffen. Fritz muss daher sehr, sehr, sehr mit seiner Stimme haushalten, dass er die Oper unbeschadet durchhält. Packt er zwar. Doch zunehmend war ein gewisser Abbau (kräftemäßig) feststellbar; er konnte dies aufs Wunderbarste wegkaschieren.
Der von Thomas J. Mayer gesungene und dargestellte Barak klang sehr warm und hörte sich schon schön an.
Alle "Nebenrollen" adäquat besetzt.
Das Gewandhausorchester musizierte einen Strauss, wie man ihn so von ihm rein imagemäßig zwar erwartet hätte - aber überrascht war ich dann schon über so derart gut gespielten und "disziplinierten" Rausch. Der Schirmer hat halt eine merklich-reiche Grunderfahrung mit der Frau, die gibt er klug und edel an die Andern (alle) weiter...
Ungezügelte Begeisterungs-Tumulte.
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Opernballszene in Frau ohne Schatten an der Oper Leipzig - Foto (C) Kirsten Nijhof
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Andre Sokolowski - 17. Juni 2014 ID 7913
DIE FRAU OHNE SCHATTEN (Oper Leipzig, 14.06.2014)
Musikalische Leitung: Ulf Schirmer
Inszenierung: Balázs Kovalik
Bühne: Heike Scheele
Kostüme: Sebastian Ellrich
Choreinstudierung: Alessandro Zuppardo
Einstudierung Kinderchor: Sophie Bauer
Dramaturgie: Christian Geltinger
Besetzung:
Der Kaiser ... Burkhard Fritz
Die Kaiserin ... Simone Schneider
Die Amme ... Doris Soffel
Der Geisterbote ... Tuomas Pursio
Ein Hüter der Schwelle des Tempels ... Paula Rummel
Erscheinung eines Jünglings ... Sebastian Fuchsberger
Die Stimme des Falken ... Olena Tokar
Eine Stimme von oben ... Sandra Janke
Barak ... Thomas J. Mayer
Baraks Frau ... Jennifer Wilson
Der Einäugige ... Jonathan Michie
Der Einarmige ... Sejong Chang
Der Bucklige ... Dan Karlström
1. Dienerin ... Paula Rummel
2. Dienerin ... Olena Tokar
3. Dienerin ... Sandra Janke
Chor und Kinderchor der Oper Leipzig
Gewandhausorchester Leipzig
Premiere war am 14. Juni 2014
Weitere Termine: 21., 24., 28. 6. 2014
Weitere Infos siehe auch: http://www.oper-leipzig.de
http://www.andre-sokolowski.de
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