Blitz &
Donner
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Semele an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus
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Bewertung:
Barrie Kosky - der das Händel'sche Semele-Oratorium (weil die hierfür vorgeseh'ne Laura Scozzi krankheitshalber ausgefallen war) kurzfristig übernahm - erzählt "seine" Geschichte jener übergriffigen Geliebten Jupiters, die zuzüglich ihrer rein sexuellen Auserwähltheit durch den Herrscher über Hain & Himmel auch noch den in seinem Reiche sowie unter seinesgleichen üblichen Unsterblichkeitenstatus mitbesitzen wollte, nach und nach vom Ende her: Am Anfang und am Schluss sah man dann also eine mit zig Brandblasen und blutverschmierten Hautverletzungen umher taumelnde Frau, die es noch immer nicht so recht begreifen konnte, was da urplötzlich mit ihr geschah und dass es sie wie'n Blitz aus heiterm Himmel schicksalhaft so furchtbar-grausam traf... Ihr Aschehaufen dampfte, und aus ihm trat dann das Stück verbranntes Fleisch, das sich nun, in retourmetamorphosischer Manier, an Dies & Das seiner so wechselvollen Vorgeschichte 'rückbesann:
"Göttervater Jupiter entführt an ihrem Hochzeitstag die Königstocher Semele. Jupiters eifersüchtige Gattin Juno setzt alles daran, der hemmungslosen Affäre ein Ende zu setzen. Der Nebenbuhlerin erscheint sie als deren Schwester Ino und überredet sie in dieser Verkleidung, Jupiter dazu zu bringen, sich in seiner wahren göttlichen Erscheinung zu zeigen. So könne Semele die ersehnte Unsterblichkeit erlangen. Semeles Ehrgeiz ist stärker als Jupiters männlicher Widerstand. So ist ihr Schicksal besiegelt: In den sengenden Strahlen des Gottes geht sie grausam zugrunde."
(Quelle: komische-oper-berlin.de)
Man kann nie alles haben, was man will! Das war und ist die schlichte und auch für das Stück von Librettist William Congreve (1670-1729) vollkommen ausreichende Botschaft dieses unsre allgemeinbildende Götterkunde um das eine oder andere Detail ergänzenden sprich auffrischenden langen Abends.
Händels Phase mit den vielen italienischen Opern (und das HWV zeigt diesbezüglich 42 Nummern an!) schien irgendwie dann nicht mehr so erfolgreich so wie früher fortzufunktionieren, weshalb er das für ihn urtypische Genre "seiner" Oratorien (25 Nummern!) erstkreierte, ja und neben all den alttestamentarischen Stoffen (Saul, Messiah, Judas Maccabaeus, Jephta usw.) arbeitete er v.a. mythologische, römisch-antike Gott-und-Mensch-und-Mensch-und-Gott-Geschichten ab - alles in Englisch also passgenau und populär für die in England resp. London, wo sein damaliges Hauptbetätigungsfeld lag, zu dieser Zeit verweilt habenden Lebenden. Es funktionierte und bescherte ihm, auch materiell, Erfolge ohne Unterlass.
Im Fall Semeles haben wir es übrigens mit einem "Mischding" zwischen Oper/Oratorium zu tun; auf alle Fälle ist es funktionierendes Musiktheater pur!
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Konrad Junghänel (einer der langjährigen und auch treuesten wie selbstverständlich sachkundigsten Dirigenten und Verwalter für Barockmusik an diesem Haus; und unter seinem Dirigat gab es z.B. Glucks Armida, Händels Xerxes oder Giulio Cesare in Egitto) wird wohl immer besser! Was er aus den MusikerInnen des Orchesters der Komischen Oper Berlin, diesem mit allen Wassern gewaschenen Alleskönner schlechthin, "herausholt" und v.a. WIE er dieses Kunststück hinkriegt - traditionelle Opernorchester sind eigentlich und ebenso de facto nunmal keine Spezialisten für Alte Musik - , nötigt bewundernden Respekt ab. Anders ausgedrückt: Dieser am allerwandlungsfähigste Berliner Klangkörper spielte Semele so professionell-authentisch, dass man hätte meinen können, dass er "nie was anderes" als das jemals im Schilde führen wollte. Hochsensationell!!
Allein die fast mittels Piano-Pianissimo bis zur akustischen Kaum-noch-Vernehmbarkeit getriebenen und wundervoll sich anhörenden Arien (mit den so entwaffnend-schönen Cello-Soli Rebekka Markowski's) - eine hörerische Wonne sondergleichen!
Von der SängerInnen-Riege fielen erstrangiger Weise Nicole Chevalier, Allan Clayton, Ezgi Kutlu oder auch Katarina Bradić völlig aus dem Rahmen. / Vom Altus Eric Jurenas vernahm man irritiererische Zischlaute. / Die Soubrette Nora Friedrichs kicherte und giekste, außer dass sie hochperfektisch sang, wohl einen Deut zu viel. / Und Evan Hughes (als Somnus) tat nicht bloß gesanglich außerordentlich begeistern, sondern auch rein körperlich; der Kosky ließ ihn sich als sexuell benutz- und brauchbares Objekt der Lüste wohlgefallen, und kein Wunder auch, wenn man allein schon so verführerisch (wie Hughes) ausschaut und sich barbrüstig in absichtsvoller Weise anzupreisen weiß; ja, lefz hoch zehn!
Die allgemein fürs Händel-Oratorium dramaturgisch-langweilige Nummernabfolge vermochte (jedesmal im Übrigen) das Auftreten des hochagilen Chores der Komischen Oper Berlin (Einstudierung: David Cavelius) gekonnt zu torpedieren.
Zwischendurch wurde an diesen oder jenen Stellen, wo dann Semele's Erinnerung von einer in die andere abrupt gesprungen war, über stark dröhnende Verstärkerboxen lautes Jupiter-Gewitterdonnern in den Saal hineinkommuniziert; das war okay soweit, aber wir hatten das Prinzip auch schon beim ersten Knall verstanden.
Semele - ein insgesamter Wurf!!!!!
Tosender Beifall.
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Semele an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus
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Andre Sokolowski - 13. Mai 2018 ID 10696
SEMELE (Komische Oper Berlin, 12.05.2018)
Musikalische Leitung: Konrad Junghänel
Inszenierung: Barrie Kosky
Bühnenbild: Natacha Le Guen den Kerneizon
Kostüme: Carla Teti
Dramaturgie: Johanna Wall
Chöre: David Cavelius
Licht: Alessandro Carletti
Besetzung:
Cadmus, König von Theben ... Philipp Meierhöfer
Semele, seine Tochter ... Nicole Chevalier
Ino, ihre Schwester ... Katarina Bradić
Athamas, Prinz von Böotien ... Eric Jurenas
Jupiter, König der Götter ... Allan Clayton
Juno, seine Frau ... Ezgi Kutlu
Iris, ihre Vertraute ... Nora Friedrichs
Somnus, Gott des Schlafes / Priester ... Evan Hughes
Chor und Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere war am 12. Mai 2018.
Weitere Termine: 18., 26.05. / 03., 15.06. / 10.07.2018
Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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