33 Veränderungen über einen
Walzer von Diabelli
Daniel Barenboim bleibt im "persönlichen Kontakt" zu seiner Fangemeinde im Beethoven-Jubiläumsjahr - trotz aller Pandemie
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Bewertung:
Der Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden ist unter anderem auch Präsident der Barenboim-Said Akademie und Gründer des Pierre Boulez Saals, ja und somit tut ihm freilich auch obliegen, wer und wann und was im schönsten und spektakulärsten aller Kammermusikräume in der deutschen Hauptstadt derzeit (Achtung! Zeiten von Corona) musiziert - die Sache ist und bleibt fatal, denn bundesweit dürfen wegen der Pandemie derzeit keine Veranstaltungen, wo sich Menschen gegenseitig infizieren könnten, stattfinden, und zwar im Großen nicht, im Kleinen eigentlich dann auch nicht. Aber es gibt Ausnahmen: Per Live-Streams, falls die aufzeichnenden Kameras und Mikrofone möglichst von sehr wenigen oder (besser noch:) möglichst keinen Leuten bedient sein müssten, sind Einzel- und kammermusikalische Auftritte in Klein(st)besetzungen erlaubt, natürlich ohne Publikum bei Einhaltung aller behördlich angeordneten Sozialdistanzen von anderthalb bis zwei Metern...
Was Daniel Barenboim als Künstler (Pianist und Dirigent) betrifft: Alle mit ihm geplanten Auftritte und Gastspiele, ob solo oder mit der Staatskapelle Berlin sowie den Wiener Philharmonikern, finden in absehbarer Zeit (in Österreich bis mindestens 30. Juni) nicht bzw. nicht mehr statt; Absagen weltweit, ohne Ende, und da steht der Weltstar wahrlich nicht allein auf weiter Flur. Erst dachte er, nachdem "es" überraschend heftig aber vom Behördlichen her noch recht zaghaft losging, dass er wenigstens dann in der Staatsoper so eine Art von Online-Festival austragen könnte, hieße, möglichst Alles, was bisher (auch inbezug der FESTTAGE, v.a. hinsichtlich des Aufführungszyklus mit allen Sinfonien Beethovens) geplant gewesen war, zu streamen und ins Netz zu stellen, und so wäre ihm & Staatsoper & Staatskapelle letztenendes immerhin das Publikum erhalten geblieben - trotz des finanziellen Gaus wegen fehlender Kartenpreiseinnahmen usw. usf.
Alles kam anders.
"Der Pierre Boulez Saal stellt im Zuge der digitalen Konzertreihe INTERMISSION seit Wochen Konzerte, Lectures und Workshops zur Verfügung. Ab Karfreitag geht die Initiative in eine neue Runde: Daniel Barenboim wird in Berlins einzigartigem Kammermusiksaal eine Reihe von Konzerten spielen [und] wird am 10., 19. und 24. April mit Soloprogrammen zu hören sein. Den Beginn macht eine Aufführung der Diabelli-Variationen, Beethovens letztes großes Klavierwerk. Zusammen mit Michael Barenboim wird er am 13. April Mozarts Violinsonaten Nr. 32 und 33 (KV 454 und KV 481) sowie am 17. April die Sechs Variationen auf 'Hélas, j’ai perdu mon amant' (KV 360/374b) und die Violinsonate Nr. 35 (KV 526) spielen. Für die Aufnahmen werden ferngesteuerte Kameras eingesetzt, so können die Mitglieder des Audio- und Videoteams geschützt in verschiedenen Räumen arbeiten." (Quelle: Pierre Boulez Saal)
Und der Weltstar ließ verlauten:
"Es kommt mir vor, als sei Beethoven in so vielen seiner späten Werke, zu denen auch die ‚Diabelli-Variationen‘ zählen, in einen Zustand völliger Abgeschiedenheit von der Welt geraten. [...] Solist und Publikum entdecken hier bei jeder Aufführung etwas Neues. Dass dank der Deutschen Grammophon und ihrer Partner Hörer in aller Welt dieses Erlebnis mit uns teilen können, als wären sie mit uns im Pierre Boulez Saal, macht mich sehr froh.“ (dto.)
Die Deutsche Grammophon (als Mitausrichterin der für sie nicht ganz uneigennützigen Initiative) livestreamt die Einspielungen kostenfrei auf ihren Web-Kanälen und wird sie im Nachhinein erwartbar zu vermarkten wissen; wir sind diesbezüglich außerordnetlich gespannt, wie hoch der Spendenanteil an wegen der Pandemie in wirtschaftliche Not geratne freiberufliche Musikerinnen und Musiker, die nicht durch ein nur annähernd bevorteilendes Privileg (wie's beispielsweise Barenboim zuteil wird) ihr behördlich angeordnetes Social Distancing überwinden könnten, ausfällt.
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Barenboim wirkt ausgeglichen und sieht plötzlich nicht mehr ganz so physisch mitgenommen aus wie oftmals in den letzten Jahren, wenn man ihn bei seinen strapaziösen Groß- und Vielprojekten (heute hier und morgen dort) erlebte. Diese momentane "Kunstpause" scheint ihm nicht schlecht zu tun, man ahnt eine gewisse Erdung, eine konzentriert-zurückgenommene Bewusstheit seines individuellen Künslertums, mit andern Worten ausgedrückt:
Beethovens Diabelli-Variationen stehen ihm - in dieser sonderlichen Zeit - besonders gut; er spielt sie sehr entspannt, lässt sie fast ineinander übergehen, ja und permanent scheint ihm zu diesem oder jenem (einzelnen) der 33 Stücke was besonders Launiges vom Interpretatorischen her einzufallen.
Mit Verlaub, ich hatte nicht die Absicht, mit dem Rotstift während dieses live erlebten einstündigen Vortrags meine hörerische Einschätzung "abzunotieren" - letztlich konstatiere ich, wie meist, wenn ich ihm live zuhöre und zusehe, dass er mich in meiner Höre stets zu inspirieren in der Lage ist, und völlig gleich, ob alles das, was er so spielt und spielte, mit den Maßstäben Arraus, Pollinis, Magaloffs, Richters oder Benedetti-Michelangelis vergleichbar wäre oder nicht; emotional bereichern mag es allemal!
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Andre Sokolowski - 11. April 2020 ID 12160
INTERMISSION (Pierre Boulez Saal, 10.04.2020)
Ludwig van Beethoven: 33 Veränderungen über einen Walzer für Klavier op. 120, Diabelli-Variationen
Daniel Barenboim, Klavier
Live-Stream aus dem Pierre Boulez Saal
Weitere Infos siehe auch: https://boulezsaal.de/
http://www.andre-sokolowski.de
BEETHOVEN 250
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