3 Blüten- und
6 Staubblätter
ALISMA-Tripelkonzert von William Blank uraufgeführt
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Bewertung:
Nach über einem Jahr Corona muss auch dieses Mal das INTERNATIONALE MUSIKFEST HAMBURG ohne Publikum auskommen. Ende April 2020 wurde das Eröffnungskonzert besetzungsmäßig reduziert und abgeändert, und es wurde uns ein Live-Stream übertragen, der zwar (schon vom Technischen her) imponierte, aber nicht gerade "glücklich" machte - nun, in diesem Jahr sind wir als Pandemiegebeutelte zwar immer noch nicht "glücklicher als glücklich", aber immerhin finden die für die derzeitige Spielzeit vorgesehenen Programme (digital natürlich) alle statt, und der Musikliebhaber kann nun einen Monat lang Streams seiner Wahl am Rechner live bzw. aus der Mediathek verfolgen...
Gestern war der Startschuss des 2021er Musikfests, und das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielte unter Leitung seines Generalmusikdirektors Kent Nagano die sog. Schicksalssinfonie von Beethoven, ja und zuvor gab es die Uraufführung von Alisma, dem Tripelkonzert für Violine, Violoncello, Klarinette und Orchester des aus der Schweiz stammenden Komponisten William Blank:
"Wer nach der Bedeutung des Titels fragt, bekommt eine überraschend konkrete Antwort, die ein bisschen Flora-Kunde verlangt: Die Alisma ist eine Wasserpflanze, deren Blüte immer aus drei Blütenblättern besteht, analog zu den drei Solisten. Außerdem bringt jede Blüte stets sechs Stamen (Staubblätter im Inneren der Blüte) hervor; Blank legte seine Komposition entsprechend in einer dreiteiligen Form mit je sechs Abschnitten an. Neben diesem Zahlenspiel sieht der Komponist in der Blume mit dem langen Stängel aber auch ein schönes Sinnbild für das Konzert – 'mit solistischen Stimmen, die scheinbar über dem Orchester schweben, das umgekehrt ihr Nährboden ist.'" (Quelle: elbphilharmonie.de)
Alisma - anlässlich des großen Beethoven-Jubiläums im letzten Jahr komponiert - verweist unzweifelhaft auch auf sein "Vorbild", das Tripelkonzert op. 56. Allerdings hat Blank statt des Klaviers, das er nur scheinbar beiläufig zum Mitmachen in das Orchester stellte, eine Klarinette als das dritte Soloinstrument, neben der Geige und dem Cello, vorgeschrieben.
"Einerseits finde ich, dass diese Besetzung im vergangenen Jahrhundert zu sehr in Vergessenheit geraten ist, und andererseits war es mir auch wichtig, mich nicht genau an dem zu versuchen, was Beethoven so genial gelungen ist. Geige und Cello waren für mich – auch auf Grund der engen Zusammenarbeit mit Jan Vogler – von Anfang an klar. Für das dritte Instrument habe ich dann nach einem möglichst breiten Klang gesucht, der sich gut in in diese Streicherbesetzung einfügt, und habe gemerkt, dass die Klarinette dafür ideal ist." (Quelle: Interview mit William Blank auf elbphilharmonie.de)
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Mira Wang (Violine), Jan Vogler (Violoncello) und Daniel Ottensamer (Klarinette) musizieren den Solopart in William Blanks Alisma-Tripelkonzert - mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter Leitung von Kent Nagano | Screenshot d. Live-Streams auf elbphilharmonie.de v. 06.05.2021
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Die durchkomponierte Alisma dauerte so an die 20 Minuten, und es setzten (zum Orchester, das zunächst den "Backround" bot) hintereinander Mira Wang mit ihrer Geige, Daniel Ottensamer mit seiner Klarinette und Jan Vogler mit seinem Cello ein; sie hatten also zu Beginn, als Einstieg sozusagen, gleich mal einen jeweils ziemlich anspruchsvollen Solopart zu absolvieren.
Das vorzüglich aufeinander eingestimmte Instrumentaltrio vermochte sehr bestimmt die dem (was meine individuelle Wahrnehmung betraf:) recht kopflastigen Werk zueigen seiende Komplexität mit spielerischer Transparenz und absoluter Virtuosität zu demonstrieren - dabei taten sich gleichsam diverse andere Soli mit andern Instrumenten aus Orchesterrichtung peu à peu herauskristallisieren.
Was den emotionalen Hör-Gehalt anging, hatte ich zugegebnermaßen Schwierigkeiten, "es" so richtig bei mir ankommen bzw. ausreifen zu lassen; nicht, dass ich mich irgendwie gesperrt hätte, aber - so ist das halt nicht unoft mit der zeitgenössischen Musik - "es" wollte halt dann nicht.
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Beethovens Fünfte ging Nagano spürbar schlank, unaufgeregt und analytisch an. Wenn ich das richtig sah, hatte er hierfür sogar 2 Natur- statt Waldhörner besetzt. Seit längerem ist er ja schon auf diesem anhaltenden Experimentaltripp, siehe auch seine mehr abgespeckt sich gebenden Wagner-Darreichungen, z.B. bei Walküre oder Parsifal; man hofft ja, dass sein Großprojekt mit dem Concerto Köln (der Ring unter Beachtung einer historisch informierten Aufführungspraxis), trotz der über einjährigen Unterbrechung wegen der Coronapandemie, noch zur Debatte steht.
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Andre Sokolowski - 7. Mai 2021 (2) ID 12897
INTERNATIONALES MUSIKFEST HAMBURG (Elbphilharmonie, 06.05.2021)
William Blank: Alisma; Tripelkonzert für Violine, Violoncello, Klarinette und Orchester (UA)
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
Jan Vogler, Violoncello
Mira Wang, Violine
Daniel Ottensamer, Klarinette
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Dirigent: Kent Nagano
Live-Stream auf elbphilharmonie.de v. 06.05.2021
Weitere Infos siehe auch: https://www.elbphilharmonie.de/
http://www.andre-sokolowski.de
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