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BAYREUTHER FESTSPIELE 2018

"blau, von

opiatischer,

narkotischer

Wirkung"


Neo Rauch & Rosa Loy taten (obgleich sie vorgaben Nietzsches Zitat bis dahin nicht gekannt zu haben) Wagners Lohengrin in ihr Privatblau tauchen, was dann in der Tat "opiatisch" und "narkotisch" wirkte

Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen 2018 | Foto (C) Enrico Nawrath


Bewertung:    



Bayreuths neuer Lohengrin ist vorder- als wie hintergründig ein vor allem visueller Akt.

Das Künstlerpaar Neo Rauch & Rosa Loy hatte ihn - dem Vernehmen nach einer fast sechsjährigen konstruktiven Schaffensphase geschuldet - für die hochdimensionale Festspielbühne auf dem Grünen Hügel konzipiert; ja und der (statt des eigentlich zu diesem Zweck geplant gewes'nen Alvis Hermanis) recht kurzfristig hinzugesellte junge Shotting-Star Yuval Sharon - der seinerseits mit den von ihm erfundenen The Industry-Projekten nicht nur in L.A. Furore machte und weswegen dann sein Ruf bis übern Großen Teich nach Franken und zu Katharina Wagner schallte - konnte sich da, und in Anbetracht des bühnenbildnerischen Vorlaufs, "nur noch" als Erfüllungsgehilfe hinsichtlich des Szenischen an sich etwas bemerkbar machen, will sagen: Von Personenführungen (speziell der Hundertschaften Chor) konnte und durfte während dieser denkwürdigen Aufführung wohl kaum die Rede sein. Vereinzelte Tableaus oder diverse Zweier-, Dreier-, Vierer-, Gruppenarrangements wurden durch die zwei Künstler sozusagen "vorgefasst", Sharon tat ihnen letztlich etwas Lebensatem einverleiben, dass die Angelegenheit schließlich nicht ganz als statisch ausgestellte Kunst verendete. Und in der Tat: Dass dieser faszinierend-fulminante Bühnen- und Gestaltungsraum so dominant erlebbar wurde, hätte sich wohl unser Quasi-Quereinsteiger so nicht vorstell'n wollen; jedenfalls: er hatte und er hat das Beste aus all diesen Umständen gemacht; Respekt!

*

Die beiden Hauptprotagonistinnen des kompliziert vom Dichterkomponisten z´sammgestrickten Stückes treffen dann in der [für meine Sehe] unvergesslich-einprägsamsten Szene aufeinander: Elsa´s Passfotoprofil lugt wie als würde es vom Mondlicht angestrahlt aus einem Fensterchen eines Transformatorenhäuschens, welches wiederum - während der konspirativ-einleitenden Szene zwischen Telramund und Ortrud, die der Konkurrentin durch eine Intrige deren angestammte Thronfolge abspenstig machen wollen - im sich lichtenden Frühmorgendämmernebel hinter hie und da vorbeirückenden Schilf & Sträuchern 'rauf und 'rab illusioniert; während das Alles (Trafohäuschen, Schilf & Sträucher) gleichsam durchsichtig erscheint und oberhalb der Rauch´schen Flussuferlandschaft bleischwere Wolken erst nach links und dann nach rechts in Zeitlupe entlang ziehen. Die trübe Stimmung des (auf Gaze projizierten) Doppel-Bildes ist natürlich - und ganz Neo Rauch! - mit schier aus sich heraus tretendem Weißlicht "unterbrochen"; durchaus möglich, dass in naher Zukunft das und/oder die Originalgemälde Weltrekordpreise auf den Weltkunstmärkten erzielen...

Anja Harteros und Waltraud Meier beherrschen gestisch-mimisch und (selbstredend:) stimmlich die besagte Trafohäuschen-Schilf-Szene!! Tomasz Konieczny als Telramund ist ebenfalls präsent, auch gestisch-mimisch und (selbstredend:) stimmlich; nur dass man bei ihm leider kein Wort versteht, weswegen er sich auch am Schluss heftiges Buhgewitter angedeihen lassen muss; Bayreuth hat schon etwas erbarmungslos Brutales.

* *

Christian Thielemann war/ist von der zumeist in Rauch'schem Blau gehalt'nen Grundstimmung, die sich vor seinen Augen permanent und wohl auch rauschhaft mitteilte, so derart eingefangen worden, dass er diesen Lohengrin angeblich völlig anders als die vielen andern Lohengrin´s, die er seither dann jemals dirigierte, anging - er hielt ausgleichender Weise Maß, will sagen: es gab kein Zuviel und kein Zuwenig, alles hatte eine austarierte [und im unspöttischen Sinne von mir attestierte] "Wohlgefälligkeit", die dem Besoffenmachenkönnnenden (des Vorspiels und der Ritterankunft und der Liebesszene und der Gralserzählung...) UND dem Nationalbombastischen (der tumben Kriegs-Chöre) intelligenten Vorschub leistete; perfekt gemischt, dabei in Gänze un-langweilig, stellenweise bis zum Bersten angespannt. Der bisher beste Thielemann aus allen Zeiten!!

Festspielchor, Festspielorchester: hochgrandios.

Und Georg Zeppenfeld beeindruckte als König Heinrich, und Piotr Beczała verwischte mit seinem Fast-schon-Windgassen-Sound die seit Jahrzehnten anhaltende Kerosinspur von Klaus Florian Vogt (zuletzt als Neuenfels'scher Lohengrin hier hochgejubelt), und Egils Silins imponierte als der Heerrufer.

Ein absolutes Muss nicht bloß für Neo-Rauch-Fans.




Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen 2018 | Foto (C) Enrico Nawrath

Andre Sokolowski - 2. August 2018
ID 10825
LOHENGRIN (Bayreuther Festspiele, 29.07.2018)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung: Yuval Sharon
Bühne und Kostüme: Neo Rauch & Rosa Loy
Licht: Reinhard Traub
Chor: Eberhard Friedrich
Besetzung:
König Heinrich ... Georg Zeppenfeld
Lohengrin ... Piotr Beczała
Elsa von Brabant ... Anja Harteros
Friedrich von Telramund ... Tomasz Konieczny
Ortrud ... Waltraud Meier
Der Heerrufer des Königs ... Egils Silins
Vier Edle ... Michael Gniffke, Tansel Akzeybek, Kay Stiefermann und Timo Riihonen
Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
Premiere war am 25. Juli 2018.
Weitere Termine: 02., 06., 10.08.2018


Weitere Infos siehe auch: http://www.bayreuther-festspiele.de


http://www.andre-sokolowski.de

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Lektüre-Tipp:

PLASTE UND ELASTE AUS SCHKOPAU
Ring-Plaudereien vom Grünen Hügel


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