Auf der Bühne
beheimatet
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Alice Merton in der Kölner Live Music Hall | Foto © Ansgar Skoda
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Bewertung:
Songs, die Geschichten erzählen, bleiben oft besonders in Erinnerung. Zurückhaltend, aber durchaus sympathisch performt der englische Singer-Songwriter Declan J Donovan aus Essex selbstkomponierte Lieder. Fallen so young schrieb er für die Hochzeit seines Bruders, wo er statt einer Trauzeugenansprache lieber ein Ständchen darbot. Auch die Liebeslieder Pieces und Vienna verarbeiten persönliche Schicksale. Der 24-Jährige hatte schon einige Top 10-Hits. Er bestreitet zusammen mit seinem Gitarristen Scott Nelson und Schlagzeuger Mike Park das Vorprogramm für die Kanadierin Alice Merton.
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Gegen 21 Uhr erklingt dann in der Kölner Live Music Hall als Opener The Alan Parsons Project song von 1981 aus den Lautsprecherboxen. Besonders bei den wenigen Älteren unter den 1.400 Besuchern des ausverkauften Konzertes weckt die Melodie Erinnerungen. Ein Chor der aufgeregten „Alice“-Rufe erklingt hingegen seitens der jüngeren Besucher. Einige der jugendlichen Fans haben ihre Eltern mitgebracht. Kurz darauf betritt Alice Mertons vierköpfige Band die Bühne. Das Quartett im schwarzen Dress stimmt routiniert Easy an. Merton tritt schillernd mit einer Jacke voller glitzernder und leuchtender Pailletten auf, die sie wiederholt ablegt. Die 26-Jährige hüpft mädchenhaft über die Bühne. Sie tänzelt wiederholt ihre Bandmitglieder an. Die Popmusikerin plaudert zwischen den Songs im fließenden Wechsel mal Deutsch und mal Englisch drauflos. Sie macht dabei nette Ansagen: „Ihr wisst wahrscheinlich schon – meine Songs sind stets sehr persönlich.“ Spontan entdeckt sie, dass scheinbar an diesem Regenabend durch die Decke auf die Bühne vereinzelt Regentropfen fallen. Sie lacht und erklärt: „So viel schwitze ich aber nicht. Wenn ich einen Stromschlag kriege und sterbe, weil es hier auf die Bühne regnet, I’ll be so sorry.“
Songs wie Learn to live, Funny Business oder I don’t hold a grudge von ihrem bisher einzigen Album MINT (2019) reißen mit und heizen den Besuchern ein. Hooklines werden wiederholt mitgesungen. Die vielfach ausgezeichnete Künstlerin begleitet sich selbst beim Song Back to Berlin am Piano – eine nostalgische Hommage an ihre derzeitige Wahlheimat Berlin. Die Singer-Songwriterin räumt aber auch ihren Bandmitgliedern, Gitarrist Regi Drake, Bassist Alex Broschek, Keyboarder Bastian Völkel und Drummer Lucas Heiby musikalisch temperamentvolle Soli ein.
Ihren Durchbruch hatte Merton vor etwa drei Jahren mit ihrer Hit-Single No Roots, die nicht nur in Frankreich, Deutschland und Österreich Top-Platzierungen erreichte. No Roots handelt davon, dass sie das Gefühl hat, nirgendwo Wurzeln zu haben. Als Kind lebte Merton so in Kanada, USA und England. Auch Homesick handelt von Mertons Erfahrung eines fehlenden Heimatgefühls. Merton meint auf der Bühne, dass sie als junges Mädchen vor allem Angst hatte, etwa vor Hunden oder sogar vor dem Wetter. Sicherheit und Geborgenheit fand sie bald in der Musik. Sie gründete mit ihrem Manager und besten Freund Paul Grauwinkel das eigene Label Paper Plane Records International, wo auch ihre Musik erschien. Ihr Song Two kids, bei dem das Publikum den Refrain mitsingen darf, handelt von der Gründung des eigenen Plattenlabels.
Mertons powervoller Gesang trägt ihre verspielten Arrangements, die sich irgendwo zwischen Jazz, Pop und Rock verorten lassen. Live gibt es auch besondere A-cappella-Einsprengsel oder Solos, die man von den Studioaufnahmen her nicht kennt. Als Zugabe spielt das Quintett um Merton dann noch den Hit Why so serious. Mit diesem positiven Lied setzt Merton ein fröhliches Statement gegen übertriebenen Leistungsdruck. Der Song handelt davon, dass man die Welt auch mal etwas weniger ernst nehmen darf. Merton beruhigt insbesondere ihre jüngeren Fans aus der Generation des Zentralabiturs, wenn sie erzählt, dass sie lange in fast allen Schulfächern nur Fünfer hatte. Druck bringe hier manchmal nicht weiter. Man dürfe auch mal etwas auf die leichte Schulter nehmen. Schon bald werde sie im Studio neue Songs aufnehmen, verkündigt Merton trotzdem gegen Ende des Konzertes. Wir dürfen also gespannt bleiben.
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Alice Merton in der Kölner Live Music Hall | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 3. März 2020 ID 12053
Weitere Infos siehe auch: https://www.alicemerton.com/
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