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Konzertbericht

Annäherungen

an eine Stimm-Ikone



Meredith Monk und ihr Vokalensemble performen im Tanzhaus NRW „The Tale“ | Foto © Ansgar Skoda

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Seit nunmehr fünfzehn Jahren zieht das Approximation Festival regelmäßig Musikkünstler unterschiedlichster Genres in die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens. Mit experimentellen Gesang war die New Yorkerin Meredith Monk ein Highlight des diesjährigen Approximation Festivals. Die 77jährige Allround-Künstlerin, Komponistin und Sängerin gilt seit den 1960er Jahren als bedeutende Pionierin der interdisziplinären Performance, der erweiterten Gesangstechnik und des stimmlichen Experiments. Die ausverkaufte Deutschland-Premiere von Cellular Songs: Concert Version im Tanzhaus NRW war eine anregende und sinnliche Meditation über die Stimme und über zellulares Leben.

Bereits in ihrem Film Books of days von 1988 setzte sich Monk mit einem Krankheitsthema auseinander. Damals waren es die mittelalterliche Pestepidemie und die in den 1980ern weltweit steigenden Zahlen der um sich greifenden HIV-Infektionen, die sie filmisch zueinander in Beziehung setzte. Mit ihrem dreiteiligen Werk Cellular Songs zieht sie heute Analogien von zellularen Strukturen zum Zusammenwirken in der Gesellschaft. Ausgehend vom Thema Krebs behandelt ihre aktuelle Komposition das Funktionieren und das harmonische Zusammenwirken von Zellen. Übertragen handelt die abendfüllende Performance so auch von der Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt.

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Das minimalistische Bühnenbild reduzierte sich auf fünf Hocker und einen seitlich platzierten Konzertflügel. Begleitet wurde Monk von einem vierköpfigen Vokalensemble, das ihr im nuancierten Ausdruck stets ebenbürtig war. Alle traten in heller, cremefarbener Kleidung auf. Ellen Fisher, Katie Geissinger, Jo Stewart und Allison Sniffin, die Mitglieder des Vocal Ensemble, setzten eigene ausdrucksstarke, vokale Akzente. Mal antworten sie auf Monks initialen Einsatz; meist trugen sie jedoch eigene Gesangslinien vor, die mit den Melodien der anderen in einen spannungsvollen Austausch traten. Aufeinander abgestimmte Rhythmen, polyphone Klänge und Obertongesänge formten komplexe Dialoge und Konversationen zwischen den Künstlerinnen. Silben wurden wiederholt, es wurde geflüstert, gekeucht, gesummt, synchron ein- und ausgeatmet.

Während der wechselseitigen Stimmperformance schritten die Frauen oft über die Bühne und formten gemeinsam harmonische Bewegungsbilder, indem sie etwa synchron ihre Arme erhoben. Der Stimmvortrag näherte sich oft einer gemeinsamen Linie, ging ineinander über und wurde ununterscheidbar. Sowohl Monk als auch Allison Sniffin begleiten kurzzeitig die Vokalperformance am Flügel. Sniffin, die Monk seit vielen Jahren begleitet, betätigt sich außerdem zu Beginn an einer Violine. Auch Ellen Fisher ist seit den 1970er Jahren eine Vertraute und Wegbegleiterin Monks. Sie führt ein tänzerisch-choreographisches Solo vor, während sich die anderen Künstlerinnen gemeinsam am Flügel betätigen.

Zwischen den drei Teilen der Vorführung erzählte Monk etwas über die Hintergründe und Herangehensweise an die Performance. Mit Cellular Songs ist Monk daran gelegen eine Alternative aufzuzeigen zu dunkel und bedrohlich erscheinenden aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Auch aus diesem Grund arbeitet sie hierbei nicht mit Männern, sondern ausschließlich mit vier Frauen zusammen.

Seit nunmehr fünf Jahrzehnten exploriert Monk die stimmlichen Möglichkeiten und entwickelte sich stets künstlerisch weiter. Die Stimme wird dabei zu einem Instrument ihrer Musik, ohne dass es darum geht, irgendwelche existierenden Musikinstrumente nachzuempfinden. In einer Solo-Performance in Cellular Songs zieht sie eine Art Fazit einer Erfahrung, die sie einmal in einer Meditation hatte „I´m a happy woman“.

Nach stehenden Ovationen des sichtlich bewegten Publikums performte Monk dann noch „The Tale“. Fröhlich-beschwingt beschreibt diese Komposition von 1981 eine selbstzufriedene Betrachtung einer alten Frau auf ihr Leben. Die zweite Zugabe „Insect“ von 1979 drückt vokalkünstlerisch ausdrucksstark eine Begegnung mit einem kleinen Insekt aus. Ein kurzweiliger und eindrucksvoller Konzertabend mit einer Wegbereiterin der amerikanischen Musikszene und der experimentellen Avantgarde.



Meredith Monk und ihr Vokalensemble beim Abschlussapplaus im Tanzhaus NRW | Foto © Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 10. Februar 2020
ID 11991
Weitere Infos siehe auch: https://www.meredithmonk.org/


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