In der Fremde
Roman Trekel & Barbara Baun
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Bewertung:
Wehmütige Sehnsucht ist ein durchgehendes Element in den Liederzyklen Robert Schumanns (1810-1856). Im Arp Museums Bahnhof Rolandseck in Remagen kamen vergangenen Sonntag zwei von ihnen zur Aufführung. Bariton Roman Trekel trat in Klavierbegleitung von Barbara Baun mit Schumanns Liederkreis op. 39 nach Joseph Freiherrn von Eichendorff und den Zwölf Liedern nach Justinus Kerner auf.
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Ein lyrisches Ich befindet sich stets auf Wanderschaft. Es wird von Situationen des Fremdheits- und Unbehaustheitsgefühls begleitet. Naturstimmungen wie das Wipfelrauschen und wiederholt beschriebene Nachteindrücke lassen Spannung entstehen. Subjektive Gefühlswelten, Wünsche nach dem Mythischen, Träumerisches, die Dämmerung und das Zwielicht, die Ferne und das Dunkle, Unbewusstes und Trauer schwingen in den gereimten Versen Kerners und Eichendorffs mit. Die Gedichtvorlagen für seine Liederzyklen wählte Schumann in einer Art Schaffensrausch um 1840 aus. In dieser Zeit warb er auch um seine spätere Gattin Clara Wieck.
Roman Trekel gestaltet den lyrisch-melancholischen Text energetisch, indem er mit Farbunterschieden und mitunter einem Drängen in der Stimme singt. Aufsteigende Quinten und Legati wiederholen sich. Es gibt Ruhe- und Haltepunkte, in denen Barbara Bauns Pianobegleitung mit miniaturhaften Nachspielen eine Art Echoraum schafft.
Schumann verarbeitet die ausgewählten Gedichte in recht heterogene Liedsorten. Neben dem Liebeslied oder der Romanze thematisieren einige Lieder Todessehnsucht und einige Balladen schaurig-bedrohliche Waldesbegegnungen. Trekel begibt sich bei Mondnacht, dem bekanntesten und wohl heikelsten Lied des Eichendorff-Zyklus, mit unangestrengter Ruhe in weiche und zarte Höhen. Er gestaltet das Thema der Sehnsucht nach dem Überirdischen mit eleganter Modulation. Es gelingt ihm, Schumanns Manierismen und Verzierungen etwa im Schwellen und Zurückgehen beim Legato mit dunklen und langen Vokalen eindrücklich vorzutragen. Mit abgedunkelter Stimme schafft er darüber hinaus eine expressive Liniengestaltung.
Die schwermütige Enthaltsamkeit der romanisch-lyrischen Persönlichkeiten, denen Schumann nachspürt, wird greifbar. Der Komponist entwickelte enthaltene Motive wie das Fernweh und die Sehnsucht mit musikalischen Mitteln eindrücklich weiter. Dichte, kontrapunktische Klänge und minimalistische Melismen lassen mitunter aufhorchen. Verlangsamte, leichte und zarte Tempi erstarken und erblühen leidenschaftlich, Melodielinien steigen in hohe Lagen auf und zeugen von mitreißender Dramatik. Baun spielt die hochdifferenziert ausgearbeiteten Klavierparts mit cooler Akkuratesse. Oft ist es, als stünde die Zeit still, angesichts dieses Reichtums an Harmonik.
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Roman Trekel (Bariton) und Barbara Baun (Klavier) nach ihrem Liederabend im Arp Museum Bahnhof Rolandseck | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 7. August 2019 ID 11605
RHEINVOKAL (Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 04.08.2019)
Robert Schumann: Eichendorff-Liederkreis, op. 39
- Kerner-Lieder, op. 35
Roman Trekel, Bariton
Barbara Baun, Klavier
Weitere Infos siehe auch: https://www.rheinvokal.de
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