steal you for
a moment
Francisco Camacho & Meg Stuart
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Bewertung:
Die hochsympathische amerikanische Choreografin und Tänzerin Meg Stuart (59), die in Brüssel (auch mit der Gründung von Damaged Goods) ihre künstlerische Karriere begann, hat in Berlin ihren Hauptwohn- und arbeitssitz, ja und seit Jahren und Jahrzehnten kennen wir sie also hier. Im Archivbereich der TiA-Website reichen die Einträge über sie bis in das Jahr 1992 zurück; zuletzt konnte man sie in diesem Jahr (zusammen mit dem Kontrabassisten Doug Weiss und der Pianistin Mariana Carvallo) mit ihrer Performance All the Way Around im HAU2 erleben.
Jetzt hatte ihre neueste Produktion steal you for a moment (dt.: "Stiehl dich für einen Moment davon" o.s.ä.) Festivalpremiere im Radialsystem, ja und es fiel mir diesmal schwerer als schwer das alles irgendwie für mich zu dechiffrieren, aber was red' ich um den Brei herum, kurzum: Ich verstand nur Bahnhof. (Aber nicht nur mir, auch anderen Besuchern schien es ähnlich ergangen zu sein; die demonstrative Fluktuation von nahezu einem Dutzend Leuten war dann schon bemerkenswert.)
Sie holte sich ihren Kollegen Francisco Camacho, mit dem sie oft zusammenarbeitet, an ihre Seite; und ihr Szenograf Gaëtan Rusquet mischte auch ganz nebenbei (z.B. als Darstellender sprich Hin- und Herräumer seiner hölzernen Kulissen) mit.
Das Stück arbeitete sich im ungefähren 20-Minuten-Takt von Binnen- zu Binnenstück(chen), d.h. es gab da "handlungsinhärente" Trennlinien, sodass ich mich auf die jeweiligen Teil-Blöcke - unterschiedlich gelaunt - konzentrieren konnte. Zu den mich besonders unterhaltenden Erinnerungen zählten beispielsweise die stimmakrobatischen Einlagen, die das in Zeitlupe sich von links nach rechts voranbewegende Tanz- und Tänzerinnenpaar meisterte, vom tiefen Grummeln bis zum hohen Gieksen war da alles drin; so fing es schonmal an.
Dann schlichen sich urplötzlich Madame Butterfly-Zitate (aus irgendeiner herkömmlichen Aufnahme, die der Sounddesigner Vincent Malstaf für nutzbar hielt) in die "Handlung", ja und Meg & Francisco gingen peu à peu zu außerzeitlupigen Tanzelementen über; Puccini klang sehr hübsch, und das war aber auch das Einzige, was ich akustisch zu identifizieren glaubte und bei dem ich durchaus hätte mitreden können - später ließ der Vincent eine Westernballade und ein französisches Chanson, original und unverzerrt, erklingen, doch es kann gut möglich sein, dass ich das alles nicht korrekt bezeichnete, weil ich die zwei Musiknummern halt noch nicht kannte, sorry.
Auch gut: Die kleine Laser-Show, welche der Gaëtan mit seinem kleinen Beamer, den er vor sich aufstellte, mittels der grünen Strich-Strahlen (ein jeder kennt das ja vom Sehen) fabrizierte; es sah aus, als wenn er hiermit eine Art von Hausumriss erzeugte, den er seitlich neigen ließ, keine Ahnung, wie man sowas technisch nennt.
Und dann war noch eine komödiantische Beziehungseinlage dergestalt, dass der Francisco paar der hölzernen Kulissen für die Meg als Geschenke überreichen wollte, was sie zwar dankend annahm, aber wo man ihrem Blick schon ansah, dass sie am liebsten hätte sagen wollen: "Danke, danke, doch was soll ich mit dem Scheiß" oder so ähnlich - aber das ist meine ganz private Interpretation.
Ansonsten, wie schon leise weinend angemerkt, verstand ich nur Bahnhof. Und das Ganze zog sich weit über anderthalb Stunden hin, und zum entnervenden Finale legten sich die Meg und der Francisco auf den Rücken und quatschten sich gegenseitig voll, so wie man sich halt nach so schweißtreibender Arbeit hinlegt und so vor sich hin plappert, falls man nach derart schweißtreibender Arbeit überhaupt noch Lust zum Plappern haben würde; alles freilich inszeniert.
Sehr langweilig.
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Angeblich wäre das Performerpaar von den Nuraghen-Ruinen auf Sardinien ("vergessene Überreste einer einst blühenden Kultur") zu ihren "Gefühlsartefakten" inspiriert gewesen.
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steal you for a moment mit Francisco Camacho & Meg Stuart | Foto (C) Laura Farneti
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Andre Sokolowski - 23. August 2024 ID 14882
steal you for a moment (Radialsystem, 22.08.2024)
Choreographie: Francisco Camacho und Meg Stuart
Szenographie: Gaëtan Rusquet
Sounddesign: Vincent Malstaf
Lichtdesign & Technische Leitung: Frank Laubenheimer
Mit: Francisco Camacho und Meg Stuart
Eine Produktion von Damaged Goods, EIRA in Kooperation mit TANZ IM AUGUST und Fuorimargine, Perpodium
Weitere Infos siehe auch: https://www.tanzimaugust.de
https://www.andre-sokolowski.de
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