Moritz Ostruschnjak
Trailer Park
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Bewertung:
Am Staatstheater Mainz hatte vor zwei Jahren Trailer Park, ein Stück des vor 43 Jahren in Marburg geborenen Moritz Ostruschnjak, seine Uraufführung. Die Arbeiten des in der Sprayer- und Breakdance-Szene sozialisierte Münchner Choreografen - er studierte später klassischen und zeitgenössischen Tanz, unter anderem bei Maurice Béjart in Lausanne - befassten und befassen sich...
"...mit den Veränderungen der körperlichen und sozialen Erlebnisfähigkeit in Zeiten der Digitalisierung und Virtualisierung. Räume aus Hyperlinks sind seine Werke, die die Medienmaschinerie des 21. Jahrhunderts als Motiv und Fundus nutzen und so gesellschaftliche Prozesse gleichermaßen spiegeln wie reflektieren. Nach dem Arbeitsprinzip Pick & Mix, Cut & Paste entsteht aus heterogensten Elementen und Verknüpfungen das Narrativ einer Realität, in der Politik, Entertainment und Populismus mehr und mehr verschwimmen." (Quelle: tanzimaugust.de)
Und für Leserinnen und Leser, denen das obig Zitierte einen Tick zu "anspruchsvoll" sein sollte, reiche ich wie folgt den inhaltlichen Kern oder Extrakt seines Trailer Parks (wie Ostruschnjak ihn selbst im Mainzer Programmheft-Interview mit der Theater-, Film- und Medienwissenschaftlerin Hannah Meyer-Scharenberg preisgab) nach:
"Hannah Meyer-Scharenberg: Trailer Park ist ein Titel, der gleich zwei starke Assoziationen auslöst: Man kann an die amerikanischen Wohnwagensiedlungen denken, in denen Menschen häufig in prekären Situationen leben oder an eine Aneinanderreihung von Kurzfilmen. Was beabsichtigst du mit dem Titel?
Moritz Ostruschnjak: Mich fasziniert genau diese Zweideutigkeit. Was ich interessant finde ist, dass Trailer-Kurzfilme die am meisten konsumierten Formate im Internet sind: Es sind Clips, die auf Social Media, gerade auf Plattformen wie TikTok und Instagram, rauf- und runterlaufen. Und mit der zweiten Bedeutung von Trailer Park, den Wohnwagensiedlungen, wird oft in abwertender Weise etwas Heruntergekommenes, vielleicht gar Stilloses assoziiert. Die Verbindung der zwei Begriffsdeutungen, könnte man sagen, liegt darin, dass Inhalte dieser beschriebenen Kurzvideos als trashig gesehen werden. Es gibt auch viel Gutes, aber auch viel Überflüssiges auf Social Media. Genau diese Videos sind Grundlage meines Stückes Trailer Park."
(Quelle: staatstheater-mainz.com)
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Also:
Die sympathischen zehn Performerinnen und Performer von tanzmainz (der am Staatstheater Mainz ansässigen Company unter Leitung des Tanzdirektors Honne Dohrmann) "clippten" sich eine Stunde lang mit zig Kurzauftritten und -bildern - mal solo, mal im Duett, meistens aber in der Gruppe - über die kahle schwarze Bühne und wurden hin und wieder durch Lichtkegel unterschiedlich stark mit einer zusätzlichen visuellen Bedeutung versehen. Einen roten also dramaturgischen Faden gab es nicht. Die durch die Truppe theatralisierten und erwiesenermaßen durch unkontrolliert-exzessives und die psychische Hygiene sodurch stark beeinträchtigendes Nutzungsverhalten "im Netz" ausgelösten kollektiven Unausgeglichenheiten (um es zurückhaltend auszudrücken) warn für mich zwar faktisch nachvollziehbar, emotional erreichten sie mich allerdings mitnichten; kurzum:
Es nervte nur, vor allem die durch Jonas Friedlich zusammengemixte Dauerbeschallung aus tagesaktuellen und nicht mehr ganz so tagesaktuellen "Hits".
Und außer mir tobte das Publikum vor ungezügelter Begeisterung - ich war dann wohl im falschen Film.
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Trailer Park von Moritz Ostruschnjak | (C) Andreas Etter
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Andre Sokolowski - 27. August 2025 ID 15430
Trailer Park (Radialsystem, 26.08.2025)
Choreografie & Bühne: Moritz Ostruschnjak
Choreografische Mitarbeit und Kostümbild: Daniela Bendini
Mit: Tanit Cobas, Paul Elie, Christian Leveque, Agathe Leira Madsen, Jaume Luque Parellada, Finn Lakeberg, Jaime Neves, Meritxell Van Roggen, Réka Rácz und Matti Tauru
Musik: Jonas Friedlich
Lichtdesign: Tanja Rühl
Eine Produktion des Staatstheaters Mainz in Kooperation mit dem Radialsystem
Weitere Infos siehe auch: https://www.tanzimaugust.de
https://www.andre-sokolowski.de
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