Deutschsprachige Erstaufführung
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Ein Nicht-
theater-
stück
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Maren Eggert und Max Simonischek in Starker Wind von Jon Fosse am Deutschen Theater Berlin | Foto (C) Arno Declair
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Bewertung:
Anfang der 2000er Jahre wurde der norwegische Dramatiker und Schriftstellers Jon Fosse mit einigen düsteren, in den 1990er Jahren verfassten Theaterstücken in Deutschland bekannt. Der Name (Berliner Schaubühne, Regie: Thomas Ostermeier), Das Kind (Thalia Theater Hamburg, Regie: Michael Talke), Da kommt noch wer (Düsseldorfer Schauspielhau, Regie: Jürgen Gosch) oder Die Nacht singt ihre Lieder (Schauspielhaus Zürich, Regie: Falk Richter) waren alle recht erfolgreich. Traum im Herbst in der Regie von Luc Perceval wurde 2002 zum THEATERTREFFEN eingeladen, Die Nacht singt ihre Lieder sogar 2004 von Romuald Karmakar verfilmt. Danach verlegte sich Fosse wieder mehr auf die Prosa und schrieb auch einige Gedichte und ein Libretto nach seinen Roman Melancholia.
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Mit Starker Wind legt Fosse nach sieben Jahren erstmals wieder ein Theaterstück vor. In der Regie von Jossi Wieler hatte jetzt die deutschsprachige Erstaufführung in der Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel an den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin Premiere. Auch das ist ein Stück im recht typisch einsilbigen Fosse-Sound. Es ist von melancholisch philosophischen Seins-Betrachtungen und Monologen eines Mannes und ein paar dünnen Dialogen mit seiner ehemaligen Frau und ihrem neuen Mann durchzogen. Die drei Protagonisten tragen wie gewohnt bei Fosse keine Namen. Und nach ca. 70 Minuten ist das Ganze auch schon wieder vorbei.
Für dieses recht sparsame Ambiente hat sich die Bühnenbildnerin Teresa Vergho (bekannt für die Ausstattung von Inszenierungen von z.B. Susanne Kennedy, Ersan Mondtag oder Falk Richter) doch etwas recht Eindrucksvolles einfallen lassen. Das Publikum sitzt auf der Drehbühne der Kammerspiele, während Maren Eggert, Bernd Moss und Max Simonischek ihre Rollen im Theatersaal spielen. Eggert und Simonischek wechseln auch mal auf eine grüne Kletterwand im Rücken des Publikums. Dazu wird zweimal die Drehbühne in Bewegung gesetzt. Allerdings ist das dann fast schon das Aufregendste, was von diesem Abend zu vermelden wäre.
Bernd Moss spielt einen Mann, der zu Beginn über das Fenster, aus dem er immer heraussieht, sinniert. Ob er sitzt oder steht, es das gleiche oder ein anderes Fenster ist. Der Mann ist sich nicht sicher, auch mit der Wahl der Worte, die ihm wie „Augenblick“ nicht besonders gefallen. Auch liegt ihm die „Denkerei“ nicht, obwohl er doch eine Menge nachzudenken scheint. Worüber oder ob es überhaupt etwas bedeutet, ist nicht ganz klar. Ein Sinnieren über die Zeit, das Hier und Jetzt und die Ewigkeit. Vielleicht sogar eine Reflexion über das Theater, das Fosse uns hier eher verweigert. Dass es gerade auch darum geht, nicht die richtigen Worte zu finden, oder ihnen nicht trauen zu können, wird schnell klar. Nur bleibt das hier leblose Materie, reine Theorie oder Versuchsanordnung.
Wir folgen den Gedankengängen jenes Mannes, der nach langer Zeit wieder nach Hause kommt, in seiner Wohnung aber seine Frau mit einem anderen Mann sieht, sich nicht mehr sicher ist, ob es seine Wohnung ist, aber schon sicher, dass er die Frau noch liebt und wieder dort mit ihr leben will. Moss sitzt dabei in einer der Reihen des Saals, während sich nach und nach Eggert und Simonischek zu ihm gesellen. Das geht eine Weile hin und her. Der junge Mann bietet dem älteren sogar an, ihm und der Frau beim Sex zuzusehen oder sogar mit einzuziehen, was weder der Mann noch die Frau wollen.
An der Kletterwand wird zwischendurch etwas geturnt und geklammert, während der Mann weiter außen vor bleibt, sich an früher erinnert und seiner Frau ins Gewissen redet. Etwas unmotiviert bemascht sich das Paar dann noch mit grüner Farbe vor grüner Wand. Dass das Ganze nicht in echt, sondern nur im Gehirn des Mannes abläuft, kann man sich denken. Da der Mann vor dem offenen Fenster, das ziemlich weit oben liegt, steht und von der „klaren, dicken Luft“ da draußen spricht, ist es nicht weiter verwunderlich, dass er dann irgendwann auch rausspringt. Zumindest liegt Moss am Ende plötzlich oben, über den Köpfen des Publikums auf den Gitterrosten des Schnürbodens. Kein Ende mit Schrecken, aber irgendwie doch ein erlösendes. Ein Theaterstück ist das jedenfalls nicht. Fosse selbst nennt es auch „szenisches Gedicht“. Der Wind pfeift seine Lieder, dann legt er sich wieder.
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Starker Wind von Jon Fosse am Deutschen Theater Berlin | Foto (C) Arno Declair
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Stefan Bock - 23. November 2021 ID 13318
STARKER WIND (Kammerspiele des DT, 21.11.2021)
Regie: Jossi Wieler
Bühne & Kostüme: Teresa Vergho
Musik: Michael Verhovec
Dramaturgie: John von Düffel
Mit: Maren Eggert, Bernd Moss und Max Simonischek
Premiere am Deutschen Theater Berlin: 14. November 2021
Weitere Termine: 04., 05., 18., 19.12.2021
Weitere Infos siehe auch: https://www.deutschestheater.de/
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