FOREIGN AFFAIRS - 27. Juni bis 14. Juli 2013
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1. Juli 2013 - Haus der Berliner Festspiele
SWAMP CLUB (DEA)
Philippe Quesne / Vivarium Studio, Paris
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Der dem Vernehmen nach als Festival-Liebling von den Veranstaltern gehätschelte und getätschelte Franzose Philippe Quesne hat jetzt auch und wieder mal Berlin mit seiner als Vivarium Studio so genannten kollektiven Eingemeindung von "diversen" Leuten mit diversesten Gewerken (Kunst, Musik, Tanz, Schauspiel usw.) heimgesucht und - anlässlich der laufenden FOREIGN AFFAIRS - im leider viel zu dünn beseelten Hause der Berliner Festspiele eine Performance abgehalten, die wohl ihres Gleichen sucht!
"Swamp Club ist ein urbanes Märchen, das in der gespenstisch-friedlichen Umgebung eines einsamen Sumpfes spielt, der von eigentümlichen Kreaturen, Insekten und Geräuschen bewohnt wird. Einziges übrig gebliebenes Gebäude", wie uns der erklärende Begleittext aus dem Internet belehrt, "ist das Kulturzentrum: Die Künstler sind die Artists in Residence" dortselbst - und was wir eineinhalb Stunden erleben, ist ein still-zurückhaltender und doch gleichsam aufhorchend-erschreckender Weltuntergangsentwurf der absoluten Sonderklasse; permanent hätte man querverbindend an den Melancholia-Film von Lars von Trier, zum Beispiel, denken können, aber - wie gesagt - die still-zurückhaltende(re) Vivarium-Studio-Variante hat doch eine Klasse mehr!!
Das in dem Stück fast wie autistisch vor sich hin spielende Paladi-Quartett (dessen MusikerInnen unverzeihlicher Weise nicht auf der Besetzungsliste namentlich Erwähnung fanden) musizierte Einzelsätze aus drei sehr berühmten Streichquartetten: Schostakowitschs Achtem, Haydns Dreiunddreißigstem Nr. 5 und Schuberts Der Tod und das Mädchen... Parallel hierzu laufen zwei Leuchtschriften; die eine leiert zwei- bzw. dreisprachig den Tagesablauf eines zu veranstaltenden Residenz-Programmes ab, die andere (im großen Glashaus [jener Residenz]) erzählt die wirr-unglaubliche Geschichte eines auf einem Smaragdstein thronenden uralten Zwerges und seiner Zwerguntertanen wie als wäre es womöglich die verklausulierte Alberich-Geschichte aus dem Wagnerischen Ring des Nibelungen... Anfangs richten drei mit Robin-Hood-Kapuzen überstülpte Residenzinsassen auf das Vorbereitende die Residenz für irgendwann ankommende Besucher oder in der Residenz bereits verweilende Besucher her... Leute mit weißen Sauna-Mänteln werden nachfolgend als diejenigen in der Residenz bereits verweilenden Besucher identifiziert... Drei "Neue" kommen an bzw. werden von den Residenz-Verantwortlichen zum Betreten/Einnehmen der Residenz ermutigt und herangelockt; es sind Touristen... Der Personenkreis ist damit abgeschlossen und komplett.
Man smalltalkt nett und leise - in der Art etwa, wie wenn sich Tagungsteilnehmer zu irgendeiner Tagung erstmalig begegnen und man also erst mal miteinander warm oder auch nicht warm werden müsste. Bei Gelegenheit zeigen dann Diejnigen, die halt etwas länger schon in der besagten Residenz sind, jenen Anderen oder Dazugekommenen die Residenz und auch das Residenzumfeld: zum Beispiel eine Grotte, die als Notausgang nach unten, "5 Kilometer tiefer", führt...
Ein überdimensionaler Maulwurf kommt hervor...
Die um die Residenz befindliche Flora und Fauna wird von den drei Robin-Hood-Gestalten "eingesammelt" und ins Glashaus von der Residenz gestellt.
Detonative Ferngeräusche.
Die Personen der Handlung verlassen den Ort im Gänsemarsch durch die "5 Kilometer tiefe" Grotte; auch das Paladi-Quartett.
Licht aus.
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Grandios skizzierter Untergang des Abendlandes.
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Swamp Club - Foto © Martin Argyroglo
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Bewertung:
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Andre Sokolowski - 2. Juli 2013 ID 6911
SWAMP CLUB (Haus der Berliner Festspiele, 01.07.2013)
Idee/Regie/Ausstattung: Philippe Quesne
Künstlerische und technische Mitarbeit: Yvan Clédat und Cyril Gomez-Mathieu
Kostüme: Corine Petitpierre
Fotografie: Martin Argyroglo
Technische Leitung: Marc Chevillon
Assistenz der technischen Leitung: Thomas Laigle
Regieassistenz: Marie Urban
Mit: Isabelle Angotti, Snæbjörn Brynjarsson, Yvan Clédat, Cyril Gomez-Mahtieu, Ola Maciejewska, Émilien Tessier, Gaëtan Vourc’h und dem Paladi Quartett
Aufführungstermine am 1. + 2. Juli 2013
Eine Produktion des Vivarium Studio in Koproduktion mit Wiener Festwochen, Théâtre de Gennevilliers – Centre Dramatique National de création contemporaine (Paris), Festival d’Automne à Paris, Berliner Festspiele / Foreign Affairs, Festival d’Avignon, Le Forum / Scène conventionnée de Blanc-Mesnil, La Ménagerie de Verre (Paris), Kaaitheater (Brüssel), La Filature Scène nationale de Mulhouse, Kampnagel Hamburg, Festival Theaterformen (Braunschweig / Hannover) und dem Festival La Bâtie – Festival de Genève
Weitere Infos siehe auch: http://www.vivariumstudio.net
http://www.andre-sokolowski.de
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