5. Oktober 2012, FOREIGN AFFAIRS im Haus der Berliner Festspiele
enfant
Eine Performance für neun Tänzer und eine Gruppe Kinder
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Das ist Boris Charmatz - Foto © Caroline Ablain
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"Ein Kran, eine rotierende Rampe, ein pumpender Boden. Im schwarz-blau leuchtenden Raum ist nichts zu hören als das metallische Brummen der Maschinen, die die Leiber der Tänzer immer wieder in die Höhe ziehen und jedes Aufstehen verhindern. Ausgangspunkt für Boris Charmatz’ enfant, eine Choreografie für neun Tänzer und zehn Kinder, war das Interesse am der Maschine ausgelieferten menschlichen Körper. In enfant thematisiert der Choreograf das Verhältnis von Kinder- und Erwachsenenwelt – und befragt damit allgemein unbemerkte Mechanismen der alltäglichen Manipulation des bewusst-losen Körpers: Die Kinder auf der Bühne wirken lethargisch, wie schlafend. In den Händen der Erwachsenen werden sie zu willenlosen Objekten. Doch dann kehren sich die Verhältnisse um – die Grenzen zwischen Großen und Kleinen, zwischen passiv und aktiv, Mensch und Maschine verwischen, bis die Kinder schließlich ganz übernehmen. Das politisch und ästhetisch Unkontrollierbare wird zum künstlerischen Prinzip. Aus dem Tanz der Schlafenden, Verlassenen, Schutzlosen wird eine anarchische Choreografie der Autonomie: erfahrbar die Gewalt der Selbstermächtigung." [Quelle: Berliner Festspiele]
Das Alles (s. o.) war dann eigentlich auch ganz naiv und einfach zu besehen, denn:
Kinder, die schlafen, stören nicht.
Ausschließlich die Erwachsenen vermittelten, dass sie mit sich Probleme hätten. Ihre Kind-Mitbringsel - gottlob tief und fest im Schlaf versunken - wurden erst mal "abgelegt"...
Und nach und nach erfuhren wir, durch Kran und Förderband signalinitiiert, die Weck- wie Aufstehzeit und -phase eines Dutzend quicklebendig-quireliger kleiner Söhne oder Töchter ihrer Väter-oder-Mutter-Darsteller - es mimte Alles, was es von den Alten jemals sah und hörte, unverdrossen nach:
Die Kinder packten die Erwachsenen beim Schopfe, trieben sie im Laufschritt vor sich her bzw. schleiften sie auf ihren Sachentüchern hinter sich...
Gespielte Umkehrung! Die müde waren, wurden munter - die, die munter waren, wurden müde.
Schließlich "nur noch" Kinder.
Erwan Keravec (mit seinem Dudelsack), welchem das Kleinvolk folgte, hätte auch als Hamels Rattenfänger identifiziert sein können; war er aber vielleicht doch nicht.
Tagtraumhafte Szenen.
Wundervoll!
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Szene aus enfant von Boris Charmatz - Foto © Boris Brussey
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Andre Sokolowski - 6. Oktober 2012 ID 6252
ENFANT (Haus der Berliner Festspiele, 05.10.2012)
Choreografie: Boris Charmatz
Mit: Eleanor Bauer, Nuno Bizarro, Matthieu Burner, Olga Dukhovnaya, Julien Gallée-Ferré, Lénio Kaklea, Maud Le Pladec, Thierry Micouin, Mani A. Mungai und einer Gruppe Kindern aus Rennes (Frankreich)
Dudelsack: Erwan Keravec
Licht: Yves Godin
Ton: Olivier Renouf
Maschinen: Frédéric Vannieuwenhuyse und Alexandre Diaz
Assistent: Julien Jeanne
Technische Leitung: Antoine Guilloux
Kostüme: Laure Fonvieille
Eine Produktion von Musée de la danse / Centre chorégraphique national de Rennes et de Bretagne – Leitung Boris Charmatz, koproduziert von Festival d’Avignon, Théâtre de la Ville / Paris, Festival d’Automne à Paris, Internationales Sommerfestival Hamburg und Siemens Stiftung im Rahmen des Projekts SCHAUPLÄTZE, Théâtre National de Bretagne / Rennes, La Bâtie-Festival de Genève und Kunstenfestivaldesarts / Brüssel
Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-festspiele.de
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