Rosinenpicken (193 / 194)
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DANIEL
LINEHAM /
P.A.R.T.S.
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Die Berliner Saure-Gurken-Zeit ist spätestens - in jedem Jahr - so um August herum, also sobald die Schulferien vorüber sind, im Wesentlichen ausgestanden, denn: TANZ IM AUGUST elektrisiert zu dieser Zeit über zwei Wochen lang die Stadt! In diesem Jahr gibt es das Fest bereits zum vierundzwanzigsten Mal - kaum zu glauben, dass es sich tatsächlich schon so lange und so viele Jahre lang gehalten hat. Es ist das absolute Highlight dieser Tage, und sein Publikum strömt nahezu aus allen Himmelsrichtungen zu ihm heran...
Wir hatten gleich am Anfang ein paar Stippvisiten machen wollen; hier unsere Kurzeindrücke:
Zombie Aporia (zu deutsch in etwa: "lebendig-toter [logischer] Widerspruch") ergibt zwar einen Nullersinn, klingt irgendwie jedoch interessant. Der Choreograf und Tänzer Daniel Linehan braucht allenthalben den von ihm ersonnenen begrifflichen Konstrukt als Vorlage oder Schablone, um mit seinen beiden tänzerischen MitstreiterInnen Salka Ardal Rosengren und Thibault Lac ein regelrechtes Feuerwerk (amerikanischen) Minimalismus' vor den Zuschauern und Zuhörern im Podewil in Serie abzufackeln... Es wird sich "normal" und "unnormal" bewegt und Artikulation auch im Akustischen betrieben. Imposant und steigerungsunfähig sicherlich das Stück, wo Linehan mit Rosengren und deren Stimmerzeugungsorganen wie der Kehle, dem Zwerchfell manipulativ herumhantiert und sie zur gleichen Zeit ein Liedlein nach dem anderen zu singen hat; schon irre das! Nach einer Stunde hatten wir es zwischenzeitlich alle mitbekommen, was die Botschaft ist: den internationalen Stumpfsinn denkmalhafterweise abzugoogeln oder so...
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ZOMBIE APORIA - Foto (C) Jean-Luc Tanghe
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P.A.R.T.S. heißt die Tanz- und Choreografenschule der sie einst begründet habenden und weltberühmten Brüsslerin Anne Teresa de Keersmaeker. Etwas "Analoges" ist wahrscheinlich in Europa schwer zu finden; womöglich mit der Paluccaschule in Dresden zu vergleichen - aber dort gehts vielmehr klassisch als modern zu... Jedenfalls veranstaltet die Einrichtung in jedem Jahr eine Tournee, die sie mit frischen Absolventen ihres Hauses macht; ja und Berlin ist/war dann eine der Stationen in 2012:
Gezeigt wurden vier Arbeiten an zwei Abenden... Einzel-Etüden von nun nicht gerade sensationslastigem Qualitätsformat; und insbesondere die jeweils beiden Teile vor den jeweiligen Pausen ließen durch uns Zuschauende/Zuhörende sehr geduldig-brav erkennen, dass da schon sehr ernthaftig und ausdauernd eine Performance neu erstellt, geprobt und abgeleistet war - im ganz Besonderen wurde da allerdings bewusst, wie nervtötend (für uns als Rezipienten) sich das Stilmittel der permanenten Wiederholungen erwies.
Dann gab es aber noch - gottlob - ein hübsches "Handlungsstück"; es hieß Now and then, here and there (Choreografie: Néstor Garcia Diaz). Da saß ein Paar am Esstisch, und es ließ sich von der Kellnerin die Karte und sodann ein Fläschchen Weißwein bringen, und der Mann der Kellnerin (sprich der Kneipier) schaute dann ab und zu nach allem Rechten; und dann gab's noch einen Typ, der störend einen Asozialen mimte - später mimte er dann einen Kommissar; ja und der Mann vom Paar am Esstisch war dann plötzlich tot und lag so leblos da, als ihn die Kellnerin als Leiche abfotografierte und der Mann der Kellnerin ein die Leiche untersuchender Kriminalbeamter wurde/war... Ja und das Alles wiederholte sich in zig verändernden Variationen usf.
Nun, im HAU 3 wurde dann etwas ratlos und mehr unwillig zum Schluss der beiden (anstrengenden) Abenden geklatscht.
Es gab schon Besseres an Tanz zu sehen.
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So nackt und schön sehen ein paar der diesjährigen Absolventen von der Brüssler Tanz- und Choreografenschule P.A.R.T.S. aus, und wir hätten sie sehr liebend gern in diesem Outfit so gesehen... Doch es handelt sich hier lediglich um einen PR-Gag der Leute - Foto (C) Bart Grietens
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Andre Sokolowski - 15. August 2012 ID 6143
ZOMBIE APORIA (Podewil, 11.08.2012)
Konzept, Choreografie & Text: Daniel Linehan
Mit: Daniel Linehan, Salka Ardal Rosengren und Thibault Lac
Produktion: Caravan Production / Koproduktion: Rencontres chorégraphiques internationales de Seine-Saint-Denis, Centre National de la Danse Pantin, CDC Toulouse, Kunstencentrum Vooruit Gent, Kunstencentrum BUDA Kortrijk
P.A.R.T.S. (HAU 3, 12./13.08.2012)
111-1 von und mit José Paulo dos Santos, Youness Khoukhou, Radouan Mriziga und Mohamed Toukabri
Now and then, here and there von Nestor Garcia Diaz, mit Nestor Garcia Diaz, Polina Akhmetzyanova, Stefan Alge und Siet Raeymaekers
EN von Stefan Alge und Cyriaque Villemaux, mit Polina Akhmetzyanova, Stefan Alge, José Paulo dos Santos, Nestor Garcia Diaz, Cyriaque Villemaux, Siet Raeymaekers und Michiel Vandevelde
G#$*&! / Disagreement? / How to dance things with doing von und mit Stefan Alge, Nestor Garcia Diaz, Siet Raeymaekers, Michiel Vandevelde und Cyriaque Villemaux
Gefördert durch Départs Network mit Unterstützung der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms »Culture 2000«
Weitere Infos siehe auch: http://www.tanzimaugust.de
http://www.andre-sokolowski.de
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