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Uraufführung

19. Februar 2014 - Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

DER KLANG DER OFFENBARUNG DES GÖTTLICHEN

von Ragnar Kjartansson & Kjartan Sveinsson nach "Weltlicht" von Halldór Laxness



Nur für Melancholiker!

Naturalistisch-nordisches

Zurückgewandtsein


Der isländische Nationaldichter sowie Nobelpreisträger Halldór Laxness (1902-1998) hat vier Jahre am Roman Heimsljös (dt. Weltlicht) rumgesessen. Dieses Werk [1998 in einer neuen deutschen Übersetzung von Hubert Seelow bei Steidl erschienen] wurde von ihm angeblich gereimt und ist also ein episches Strophengedicht. Es besteht aus vier Teilen, die da einzeln heißen: Der Klang der Offenbarung des Göttlichen / Das Schloß des Sommerlandes / Das Haus des Dichters / Die Schönheit des Himmels. Vor allem geht es um die Lebensgeschichte eines Dichters - - so wie Laxness halt. Ja und es geht - so wie man es in puncto Island kaum mehr anders prophezeien wollen würde - um Natur. Um isländische Natur. Um die Natur als Schöpfung. Um Natur an sich... als "Traum von Schönheit und Vollkommenheit" vom Dichter-Dichter grundsätzlich und aus Prinzip apotheosiiert.

Eine charmante Hörfunk-Regisseurin, die rein zufällig am Abend neben mir gesessen hatte, brachte Selbiges - noch während ihres/meines Live-Erlebthabens (s.u.) - als ein "Trostpflaster aus dem Trollland" auf den Punkt und tat Gesagtes, treffsicher ergänzend, auf die "gebeutelte kapitalistische Seele" beziehen. Großartig!!

Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz hatte also jetzt - in Kooperation mit dem City Theatre Reykjavik - zur Uraufführung einer bebilderten Vertonung Heimsljös' durch den Künstler Ragnar Kjartansson sowie den Komponisten Kjartan Sveinsson in ihren Hauptsaal, welcher (nebenbei bemerkt) eine erstaunliche Akustik für so klassisch anmutende Zwecke hat, versammeln lassen. Der Klang der Offenbarung des Göttlichen [s. Überschrift des Ersten Teils des Laxness-Opus] wurde das Gesamtereignis übertitelt:

"Das Stück steht in Tradition der 'Pictorial Music Plays', die Sir Hubert von Herkomer, ein britisch-deutscher Maler, Bildhauer, Musiker, Theater- und Filmemacher, Ende des 19. Jahrhunderts erfand. Er hatte die Vision, das Theater vom Drama zu lösen. Der Stücktext wurde ersetzt durch die Zeremonie und das gesprochene Wort durch das Lied. Schauspieler waren nicht mehr nötig – Theatre Solitude." [Quelle: volksbuehne-berlin.de]

Sieben Maler (Namen s.u.) schufen vier schön anzusehende Prospekte mit Natur-Stilleben, zwischen denen und/oder davor sowie dahinter unaufdringliche Bewegung auszumachen ist: mit aufbäumenden Wellen, mit herabrieselndem Schnee, mit brennenden Hauspfosten, mit glutrotem Sonnenaufgang...

Viermal schließt sich - währenddem geräuschunarme Umbauphasen aus dem Off zu registrieren sind - der dunkelblaue Bühnenvorhang; angestaute Unruhe macht sich zum Anfang (allerdings nur in den ersten beiden Kunstpausen) im Saale breit.

Und vier Musik-Sätze in einem eigentlich doch gleichbleibenden Grundduktus und -ton erklingen nach und nach... Ihre "Verwandschaft" ist nicht eindeutig zu identifizieren; wohl vermeint man eine ziemlich starke und fast parallele Samuel-Barber-Attitüde des Adagio for Strings herausgehört zu haben. Auch das dreisätzige Dauer-Lento jener dritten Sinfonie vom Polen Górecki könnte durchaus bei einer nachempfinderischen Notensuche zu Hilfe genommen worden sein. Und wenn man allzu kühn das Alles weiterdenkt, hätte sogar die depressiv machende Masche eines Arvo Pärt zu Buche schlagen können - hätte sie es doch dann wenigstens getan!

Ein Phänomen: Diese Musik von Kjartan Sveinsson ist als Wonne-Kissen für so anfällige Melancholiker (wie mich) rein wohlfühlmäßig und auch therapeutisch oder klinisch zu gebrauchen; hört sich also ungelogen gut an - insgesamt jedoch empfindet sie sich als totaler Kitsch; ja und man möchte diese Platte einfach nicht nochmal von vorne abgenudelt haben.

Das Personenaufgebot für diese Produktion - und insbesondere für ihre musikalische Gereichung - war enorm: Das Deutsche Filmorchester Babelsberg und der Berliner Filmchor hatten ein schier großsinfonisches Programm zu absolvieren; und obgleich doch "nur" der Streicherapparat des Klangkörpers und eine Windmaschine inkl. etwas Schagzeug mit von der Partie gewesen waren. Dirigent: David Thór Jónsson.

Als provokativ verstandenes Gesamtkunstwerk mit unverhohlen-brusttonigem Retro-Anspruch geht die Angelegenheit jetzt bei mir (nüchtern-positiv gesehen) durch.




Der Klang der Offenbarung und des Göttlichen - Foto (C) Rafael Pinho | Bildquelle: http://www.borgarleikhus.is




Bewertung:    


Andre Sokolowski - 20. Februar 2014
ID 7619
DER KLANG DER OFFENBARUNG DES GÖTTLICHEN (Volksbühne Berlin, 19.02.2014)
Regie & Bühne: Ragnar Kjartansson
Maler: Victor Cilia, Thorvaldur Gröndal, Lilja Gunnarsdóttir, Axel Hallkell Jóhannesson, Ingjaldur Kárason, Ragnar Kjartansson und Ann Mirjam Vaikla
Mitarbeit Bühne: Axel Hallkell Jóhannesson
Licht: Johannes Zotz
Ton: Jörg Wilkendorf
Dramaturgie: Henning Nass
Besetzung:
Alba Vilar, Sopran
Ulrike Jahn, Alt
Gerald Beatty, Tenor
Berliner Filmchor
Deutsches Filmorchester Babelsberg
Dirigent: David Thor Jónsson
Uraufführung war am 19. Februar 2014
Weitere Termine: 20., 28. 2. / 1., 16. 3. 2014
Mit Dank an Maria Huld Markan Sigfusdottir, Freyja Gunnlaugsdóttir und Gytha Valtysdottir


Weitere Infos siehe auch: http://www.volksbuehne-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de



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