8. Mai 2013 - Gielgud Theatre, London
THE AUDIENCE
von Peter Morgan
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Helen Mirren as Queen Elizabeth II in the World Premiere of The Audience - Fotoquelle: london.broadway.com
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Eine Lektion in britischer Geschichte
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Streng geheim ist das, was die Königin von England (gemeinhin als „Queen“ bekannt) in ihren wöchentlichen Audienzen mit ihren Premierministern bespricht. Das hat Autor Peter Morgan nicht davon abgehalten, ein Theaterstück zu schreiben, das sich genau mit diesen Begegnungen auf höchster politischer Ebene beschäftigt. Für ihn ist es ebenso wie für Hauptdarstellerin Helen Mirren eine Rückkehr zu einer erfolgreichen gemeinsamen Arbeit: Morgan schrieb das Drehbuch zu Stephen Frears’ Film The Queen, der Mirren 2007 den Oscar als beste Hauptdarstellerin einbrachte. Zu diesen beiden gesellte sich noch Stephen Daldry als Regisseur, der zuletzt als Creative Executive Producer für die Eröffnungszeremonie der Olmpischen Spiele in London veranzwortlich zeichnete.
Eine Menge großer Namen also, die halten, was sie versprechen. Morgan ist in seinem Stück der Gefahr entronnen, die Premierminister in chronologischer Reihenfolge mit der Queen in Gesprächen zusammentreffen zu lassen und so eine endlose Abfolge von Szenen à la „Die Queen trifft sich beim Tee mit …“ zu schreiben. Stattdessen behält er sich das Recht vor, Premierminister auszulassen, die Chronologie durchzuschütteln, den politischen Treffen persönliche und emotionale Aspekte abzugewinnen. Bereits der Einstieg ist wunderbar gelungen, wenn Paul Ritter als farbloser John Major sein Leid klagt, niemand bemerke ihn oder drehe sich nach ihm um, wenn er den Raum betritt, was Helen Mirrens Queen mit einem lakonischen „Wie wunderbar“ quittiert. Morgans The Audience ist kurzweilig, an vielen Stellen ausgesprochen lustig, politisch unkorrekt und erweckt dennoch immer den Eindruck, dass es so vielleicht gewesen sein könnte.
Ein geschickter Schachzug von Morgans Stück ist es, der erwachsenen Elizabeth ein junges Alter Ego an die Seite zu stellen, das immer mal wieder auf die Bühne kommt und eine Unbeschwertheit, Direktheit, aber auch Unwilligkeit mit der zukünftigen Position verkörpert, die sich die Königin im Amt versagen muss, für die sie aber dennoch großes Verständnis aufbringt. Das lässt einen Menschen hinter dem Amt aufscheinen, etwas, das Mirren und Morgan bereits in The Queen gelungen ist und die tatsächliche Queen vielleicht in einem etwas anderen Licht als bisher erscheinen lässt. Mirren meistert wie in der Verfilmung die Aufgabe, einem lebenden Monarchen, von dem es Dutzende von Abbildungen gibt, ein Gesicht zu geben, ohne wie eine Parodie oder ein Abziehbild zu wirken. Zudem gelingt ihr – auch dank einer hervorragenden Maske –, Elizabeth II. sowohl zu Beginn ihrer Regierungszeit als auch als alte Frau glaubhaft zu verkörpern. Und das macht sie ganz und gar unaufgeregt, mit einer fast dezenten Mimik und über ihre Körperhaltung, die sehr genau zeigt, ob sie als alte Queen zu einer Audience kommt, als mittelalte Queen nach einem Spaziergang im Regen den Salon in Balmoral betritt oder als junge Frau versucht, mit Sir Winston Churchill ins Gespräch zu kommen.
Beeindruckend ist in The Audience nicht nur Helen Mirrens Darstellung der Queen, sondern auch die Art und Weise, wie die Kostüm- und Frisurenwechsel bei der Hauptfigur umgesetzt sind. Das ist von Stephen Daldry sehr clever in Szene gesetzt und sorgt dafür, dass der Abend immer im Fluss bleibt. Schön anzusehen auch das Bühnenbild, vorne zwei Stühle (immer wieder in unterschiedlichem Abstand voneinander gesetzt, je nachdem, wer zu Gast ist) und ein Tisch mit Getränken, dahinter eine Palastflucht, die den Blick freigibt auf eine Replikation der Thronsessel im Buckingham Palace.
Von Mirrens sprichwörtlichem Gegenüber auf der Position des Premierministers (bzw. der Premierministerin, denn Margaret Thatcher kommt auch vor) hinterlässt Richard McCabe als Herold Wilson den stärksten Eindruck, was angesichts der Tatsache, dass er die meisten Auftritte neben Helen Mirren hat, allerdings nicht verwundert. Auch Paul Ritter als John Major und Rufus Wright als David Cameron gelingt ein präzises und eindrückliches Porträt. Die Begegnung von Haydn Gwynne als Maggie Thatcher und Mirren als Queen fällt dagegen weniger spektakulär aus, als man sich das im Vorfeld vielleicht erhofft hatte.
Die restlichen Vorstellungen von The Audience sind ausverkauft. Das deutsche Publikum hat dennoch die Chance, diese Produktion zu sehen. Sie wird als Teil von National Theatre Live in Kinos in aller Welt übertragen (s. Website).
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Karoline Bendig - 12. Mai 2013 ID 6751
THE AUDIENCE (Gielgud Theatre London, 08.05.2013)
Director: Stephen Daldry
Designer: Bob Crowley
Lighting Designer: Rick Fisher
Sound Designer: Paul Arditti
Video Designer: Ian William Galloway
Composer: Paul Englishby
Hair and Make-Up Designer: Ivana Primorac
Mit: Helen Mirren (Queen Elizabeth II), Michael Elwyn (Sir Anthony Eden), Haydn Gwynne (Margaret Thatcher), Richard McCabe (Harold Wilson), Nathaniel Parker (Gordon Brown),
Paul Ritter (John Major), Rufus Wright (David Cameron), Edward Fox (Winston Churchill), David Peart (James Callaghan/Private Secretary), Geoffrey Beevers (Equerry) sowie Bebe Cave, Maya Gerber und Nell Williams (Young Elizabeth)
Uraufführung war am 15. März 2013
Weitere Infos siehe auch: http://theaudienceplay.com
Post an Karoline Bendig
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