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nachDRUCK # 6

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Neue Stücke

"Nichts ist

schöner als

zusammen

zu sein"



Wajdi Mouawad (geb. 1968) schrieb das Stück VERBRENNUNGEN, das aktuell an der Berlin-Friedrichshainer theaterkapelle10245 als szenische Lesng zu erleben ist. | Bildquelle: Wikipedia


Eine Geschichte von antiker Dimension und ungeheuerlicher (Un-)Wahrscheinlichkeit: Der Handlungsort ist Libanon, die Handlungszeiten während/nach den Bürgerkriegsereignissen in/nach den 70ern. Die "wichtigsten" der handelnden Personen sind eine Mutter und ihre drei Kinder. Und im Interfamiliären ging und geht es ungefähr dann so zu:


Nawal (Mutter) bringt mit vielzu jungen Jahren einen Sohn zur Welt, es ist ein Liebeskind, aber es wird ihr von der eignen Mutter weggenommen, Nawal wäre mit dem Kindeszeuger nicht verheiratet und vielzu jung und viele andere "banale" Gründe, und der Nawal-Sohn wird einfach weggegeben, weggeschafft. / Nihad (der Nawal-Sohn) wird von 'nem Eremiten, sag ich jetzt mal so, und also mutterabseits, aufgezogen. Als er groß und stark ist, geht er in die weite Welt hinaus. Kann mittlerweile sehr gut schießen und gerät wie nebenher zwischen die Fronten eines anhaltenden Bürgerkrieges. Wird dort justament von einer der zwei Kriegerseiten eingemeindet, weil er so gut schießen kann, und in das Hauptgefängnis einer Frontenstadt bestimmt. Verliert dort völlig die Kontrolle über sich und seine anerzogne Menschlichkeit, beginnt die Insassinnen, alles Feinde, reihenlang zu quälen, zu foltern und zu vergewaltigen. Auch Nawal (Nihads Mutter) zählt zu den Gepeinigten; ihr Vergewaltiger kennt sie natürlich nicht. // Nawal bringt Jeanne & Simon (ihre Zwillinge) zur Welt, es sind die Hasskinder. /// Nawal wird so am Ende ihres Lebens lange Zeiten schweigen, ihre beiden Kinder wissen nichts von ihr und sich. Nawal hat alles schriftlich hinterlegt. Nach ihrem Tod bekommen ihre Kinder (Nihad, Jeanne & Simon) jeweils einen Briefumschlag "zur Klärung": und sie (Nawal) stellte hier ernüchternd fest, dass alle drei nun einmal i h r e Kinder waren oder sind, denn "nichts ist schöner als zusammen zu sein".


Auf so viel Ungeheuerliches muss man erst mal kommen - völlig unklar auch, ob die Geschichte wahrheitlichen Ursprungs ist; wohl kaum, und doch sehr vorstellbar. In Zeiten anhaltender Kriege, selbstverständlich, gibt es so etwas ...

Wajdi Mouawad hat das Stück geschrieben, und es heißt auf Deutsch Verbrennungen. Vor einem Jahr haben sich Nürnberg / Göttingen die deutschen Erstaufführungen geteilt. Jetzt ist der krude und zu Herz gehende Text ins sogenannte "Tagwerk", einer kreativen Lesereihe, in die Friedrichshainer Theaterkapelle gelangt. Christina Emig-Könning und Raik Stolzenberg haben ihn szenisch als wie dramaturgisch auf zwei Stunden hingeknappt, und seine Wirkung - muss man wirklich sagen - ist frappant. 8 Leute lesen ihn, sie stehen oder sitzen unterschiedlich, kommen aufeinander zu, verlassen sich dann wieder; sparsam wird mit Licht gearbeitet...

Großartig dargebracht, zum Mitfühlen.


Andre Sokolowski - 30. Oktober 2007
ID 3503

VERBRENNUNGEN (INCENDIES) von Wajdi Mouawad
Aus dem Frankokanadischen von Uli Menke
Einrichtung: Christina Emig-Könning und Raik Stolzenbeg
Licht: Arne Borchert
Ton: Alex Fischer
Mit: Gitta Schweighöfer (Nawal), Angelika Böttiger (Sawda), Robert Meller (HermineLebel), Aylin Esener (Jeanne), Thomas Kahler (Simon), Niels Kurvin (Nihad / Sounds), Ramona Jakob (Nazira / Jihane / Elhame) und Carsten Wilhelm (Wahab und diverse andere Rollen)
Szenische Lesung am 29. Oktober 2007 in der theaterkapelle10245



https://www.andre-sokolowski.de




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