25. November 2007, Premiere an der Komischen Oper Berlin
DIE VERURTEILUNG DES LUKULLUS
von Paul Dessau & Bert Brecht
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Lauter rote Pappnasen zieren die Totenreich-Belegschaft in der Czellnik-Inszenierung des LUKULLUS an der Komischen Oper Berlin - Foto (C) Thomas Aurin
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Nur Pappnasen im Totenreich
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Sehr putzig, poppig, pappnasig das Alles, muss schon sagen!
Nein, beim besten Willen: An der Grundmotivation, Paul Dessaus & Bert Brechts LUKULLUS (eigentlich ja einer staatsoperntraditionierten Angelegenheit) im Hause in der Behrenstraße "heut und hier" zu fabrizieren, muss nach dem Gesehenen an diesem Abend ernsthaft und bestimmt gezweifelt werden. Im Programmheft steht zwar sinngemäß, dass es dann 17 Jahre nach der Zwangsvereinigung die allerhöchste Zeit für diese neue Produktion gewesen wäre, aber allereinleuchtendst klingt das wohl sicher nicht.
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Ein Feldherr segnete das Zeitliche, die Uhr des Mannes blieb halt ein für alle Male stehen, und er stand vorm Jenseits. Himmel oder Hölle? Das ist immer dann diegleiche Frage, auch im Kommunismus den es so noch nicht und niemals jemals gab. Eine Gerichtsverhandlung soll übern Lukullus regelrecht befinden. Zeugen werden aufgerufen und nach ihm befragt. Bald haben alle vom Dahinverblichenen die Schnauze restlos voll, denn: Einmal Feldherr, immer Feldherr. (Elendiges Mörderschwein!!) Und ab!!! "Ins Nichts mit ihm."
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Der Totenrichter wird vom Feldherrn mit sehr überreifen roten Früchten angemacht, Szene aus DIE VERURTEILUNG DES LUKULLUS von Brecht/Dessau an der Komischen Oper Berlin - Foto (C) Thomas Aurin
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Jungregisseurin Czellnik ist sich ganz gewiss der lehrstückhaften Dimension ihrer sehr kindsbockig benutzten Brecht-Vorlage voll bewusst gewesen. Und man "sieht es ihr auch an" (das meint jetzt: ihrer Inszenierung), dass sie alles irgendwie dann auf den Kopf zu stellen trachtete. Getreu dem unartigen Kleinstkindmotto "Nein, ich will den roten Ball nicht! ich will einen grünen!!"
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Freilich: Viele bunte Bilder, viel Bewegungsreichtum zeichnet ihre Sichtung aus. Und dennoch wird dann das, womit sie aller Langeweile dieses Stückes - die Musik von Dessau ist ja, bis zum tolldreisten und explosionsartigen Chorfinale, nicht gerade aufmunternd zu nennen - gegensteuern wollte, in das Gegenteil verpatzt: Der Gähnkrampf, nicht nur meinesteils, ist kaum zu unterdrücken.
Es gibt also nichts, mit dem man dieser merkwürdigen Produktion auf ihrem doch so wünschenswert gewes'nen Weg zum Kassenschlager irgendwie dann hätte helfen können. Ich vermute, und ich prophezeie es: Das Ding wird für den anberaumten Rest der Spielzeit laufen; doch der Saal wird ziemlich leer sein, und die Leute (falls sie freiwillig dann kommen) gehen sehr frustriert und schlecht gelaunt wieder nach Hause . . .
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Musikalisch exquisit!!
Bis auf den Hauptdarsteller, dessen dargebrachte Texte durchweg unverständlich waren, eine positive Offenbarung des vorzüglichen Ensemblegeistes. Wiederum: Der Chor und das Orchester waren/sind die Fulminanz an sich!
Und Trost + Hoffnung, denn: Es gibt ja schließlich nicht nur diese Dessau-Oper. Dran bleiben, Genossen!!
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Andre Sokolowski - red / 26. November 2007 ID 3566
www.andre-sokolowski.de
DIE VERURTEILUNG DES LUKULLUS an der Komischen Oper Berlin
Musikalische Leitung: Eberhard Kloke
Inszenierung: Katja Czellnik
Bühnenbild: Hartmut Meyer
Kostüme: Nicole Timm und Sebastian Figal
Besetzung. Kor-Jan Dusseljee (Lukullus), Markus John (Der Kommentator), Jens Larsen (Der Totenrichter), Hans-Peter Scheidegger (Der König), Erika Roos (Die Königin), Gabriela Maria Schmeide (Das Fischweib), Christiane Oertel (Die Kurtisane), Christoph Späth (Der Lehrer), Peter Renz (Der Bäcker) u. v. a.
Chor der Komischen Oper Berlin
(Einstudierung: Robert Heimann)
Kinderchor und Bewegungschor der Komischen Oper Berlin
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere am 25. November 2007 an der Komischen Oper Berlin
Nächste Vorstellungen: 2., 7., 12., 28. 12. 2007 / 5., 14., 20 1. 2008
Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin
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