Debatte | Tanz im August - Kurzkritik
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Zur Tanz-Volksbühne
BUL-SSANG mit der Korea National Contemporary Dance Company
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Als bekennende Castorf- und Volksbühne-Verfechter muss es für uns (bis zum Herbst 2017, da am Rosa-Luxemburg-Platz letztlich "alles anders" wird) ein Anlass sein - und ausgerechnet dann, wenn Tanztheaterproduktionen von "woanders her" in diesem so geschichts- wie traditionsträchtigen Haus Station machen (wie gestern Abend, beispielsweise) - an jenen skandalträchtigen städtekämmerischen Streich, der sich in diesem Jahr, zum republikweit hilflos-wutschnaubenden Staunen von Theaterintendanten, -journalisten und -besuchern, abseits jeder basisdemokratischen Beteiligung ereignete, sehr deutlich zu erinnern:
Der Intendantenvertrag von Frank Castorf wurde von Senatsseite - wohl als am leichtesten zu händelnde Verfahrensweise, um den altgedienten Unbequemen endlich wegzuschaufeln - über das bestimmte Jahr (2017) einfach nicht verlängert und - "so aus dem Hut" - ein neuer Intendant hervorgezaubert; Chris Dercon, noch Chef der weltberühmten Londoner Tate Gallery, soll die Berliner Volksbühne dann nahtlos übernehmen resp. umkrempeln [s. KE-Kommentar v. 25.04.2015]...
Stein des allgemeinen Anstoßes war/ist, dass Dercon - was man lt. der vagen Vor-Vorstellungen zu dem Gesamtkonzept des "neuen" Hauses bisher offiziell von ihm erfuhr - den in der Hauptstadt bisher nicht gerade unterbelichteten Genren Moderner Tanz/Performance (s. Sasha Waltz & Guests, Foreign Affairs, Tanz im August, HAU Hebbel am Ufer, Sophiensaele, Ackerstadtpalast, etc. pp.) einen noch zusätzlichen Hauptspielplatz zuwidmen wolle, was allein schon die Berufung von Starchoreograf Boris Charmatz ins neue Leitungsteam der Volksbühne faktisch bekräftigte.
Prompt ging auch, als das rauskam, HAU- und TiA-Chefin Annemie Vanackere in die mediale Offensive und beschrieb die generellen Einwände womöglich noch viel deutlicher als andere Kollegen außer ihr - - erst kürzlich lasen wir in einem Interview, das sie dem tip Berlin im Juli gab, das Folgende in dem Zusammenhang: "Vielleicht hat man zunächst etwas unterschätzt, welche Komplikationen Chris Dercons Pläne für die Volksbühne für die gesamte Landschaft mit sich bringen – zum Beispiel im Verhältnis zu den anderen Berliner Institutionen, seien es die Berliner Festspiele oder das HAU, aber auch im Verhältnis des Landes Berlin zum Bund. Das ist ein empfindliches Ökosystem. Ein neuer, gut ausgestatteter Akteur kann das ganze Gefüge verändern." [Quelle: tip-berlin.de]
Ja, auch ohne dieses amtlich längst noch nicht bestätigten und abgesegneten Tanz-Visionablen, das ab Herbst 2017 zusätzlich noch von der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ausgeh'n soll, dürfte Berlin bereits schon heute Welthauptstadt des Tanzes sein; und der rein geistige Verursacher des so entstandenen Gesamtkonflikts hinsichtlich einer gegenseitig sich verhakenden Tanz-Konkurrenz, Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner (eingestand'ner "Freund des Tanzes"), muss da sicher nochmal ran - nach dem bereits geschehenen Zerstörungswerk (der Quasi-Abwicklung eines der künstlerisch wie weltanschaulich fähigsten, progressivsten und unverwechselbarsten Sprech- und Stadttheater dieses Landes) kann es kaum noch schlimmer werden!
Doch genug geschwätzt - - wir waren eigentlich dann gestern Abend wegen eines Gastspiels der Korea National Contemporary Dance Company mit dem Stück Bul-ssang vor Ort - also:
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"Die Choreografin Ahn Aesoon zeigt das vielfältige kulturelle Aufeinandertreffen von Ost und West, von Gegenwart und Vergangenheit als höchst zeitgenössische Mixtur verschiedener Symbole, Zeichen und Bewegungen. Sie kombiniert ihr zeitgenössisches choreografisches Verständnis mit traditionellem koreanischem Tanz und bringt in Bul-ssang so unterschiedliche Bewegungsstile wie Kathak und Kampfkunst, koreanischen Jindo-Trommeltanz und K-Pop in Verbindung. Ihre Tänzer wechseln mit Leichtigkeit zwischen urbanem und postmodernem Tanz, Akrobatik und Alltagsbewegungen. Begleitet wird die KNCDC dabei live von DJ Soulscape. Das knallbunte Bühnenbild mit seinen buddhistischen Statuen, Plastiktellern und Masken ist eine Installation des koreanischen Popart-Künstlers Choi Jeonghwa. Das Ergebnis ist eine visuell opulente Vermengung von Sakralem und Profanem, die auch auf die Widersprüche und Paradoxie im Gefolge von Koreas rasanter Modernisierung hinweist: Bul-ssang bedeutet Mitleid, Bulsang ist das südkoreanische Wort für Buddhastatue. Das Kollidieren von Tanz, Bild und Klang zeige den unerbittlichen Wandel der Tradition und die Suche nach Identität, so die KNCDC." (Quelle: tanzimaugust.de)
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Der Einfachheit halber bestätigen wir das obig Behauptete - obgleich der Schreiber dieser Zeilen nix von alledem verstanden hatte, was er sah.
Dennoch: Schön, dass ihr da wart.
Bewertung:
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Bul-ssang mit der Korea National Contemporary Dance Company| Foto (C) KNCDC
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Andre Sokolowski - 30. August 2015 ID 8840
BUL-SSANG (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 29.08.2015)
Choreografie: Ahn Aesoon
Tanz: Ye Hyoseung, Park Sojung, Han Sangruly, Kim Donghyun, Choi Minsun, Lee Jungin, Kim Hoyeon, Heo Hyoseon, Yoon Boae, Do Hwangju, Kim Keonjoong, Kwon Minchan, Kim Jimin und Kim Minjin
Künstlerische Gestaltung: Choi Jeonghwa
Musik: DJ Soulscape
Bühnenbild: Kim und Jongseok
Licht: Ryou und Backhee
Kostüm: Im Sunoc
Produktionsleitung: Oh Jeannie
Bühnentechnik: Jo Eunjin
Licht (Programmierung): Shin Jisun
Lichttechnik: Joo Kyum
Bühnentechnik: Jeong Gwangjin und Park Jonghoon
Planung: Kang Sunok und Uh Jean
Korea National Contemporary Dance Company
TANZ IM AUGUST 2015
Weitere Infos siehe auch: http://www.tanzimaugust.de
http://www.andre-sokolowski.de
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