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Tanz im August 2015 | Kurzkritik

The Lucinda Childs Dance Company

AVAILABLE LIGHT


Bewertung:    



TANZ IM AUGUST 2015 hat begonnen. Bis zum 4. 9. gibts drei Wochen lang Welt-Tanztheater zu erleben. Dieses Festival ist - immerhin schon 27 Jahre (!) lang - zu einem nicht mehr wegdenkbaren kulturellen Highlight in der Hauptstadt geworden; mit ihm wird quasi jedes Jahr die nach den Sommerferien anstehende Berliner Theatersaison inoffiziell vorweggenommen und die Saure-Gurken-Lücke respektabel ausgefüllt; es stehen 18 neue internationale Produktionen sowie eine Rosemary-Butcher-Retrospektive an, die Künstler kommen aus 20 Ländern und werden an 8 verschiedenen Veranstaltungsorten in der Hauptstadt auftreten...

Es gab am ersten Abend gleich drei kurze Festreden von HAU-Chefin Annemie Vanackere, Kulturstaatssekretär Tim Renner und der künstlerischen TiA-Leiterin Virve Sutinen - alle freuten sich über die bevorstehende Geldspritze für das HAU Hebbel am Ufer sowie den TANZ IM AUGUST; die muss freilich erst parlamentarisch vom Berliner Abgeordnetenhaus abgesegnet werden. Jedenfalls tat sich der Renner als "Freund des Tanzes" outen, was nicht weiter überraschte; sein verheerender "Geniestreich" mit der künstlerischen Abwicklung der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz [Castorf weg! und Dercon her!!] hat sicherlich dann auch mit dieser artgeschmäcklerischen Präferenz von ihm zu tun.

* * *

Los ging das diesjährige Festival mit einem musealen Akt der Sonderklasse:


"'Eine Arbeit von strahlender formaler Schönheit', schrieb die Tanzkritikerin Anna Kisselgoff in der New York Times, nachdem sie 1983 Available Light gesehen hatte. Die Zusammenarbeit der Chorografin Lucinda Childs mit dem Architekten Frank O. Gehry und dem Komponisten John Adams erschien Kisselgoff als eine neue Stufe in Childs' Karriere, die in den 60ern mit dem Judson Dance Theater begonnen hatte: Der mathematisch rigide Minimalismus, mit dem Childs das dicht konzentrierte Bewegungsmaterial permutiere, wiederhole, variiere, werde in Available Light begleitet von einer neuen Lässigkeit. Neu war 1983 auch die Präsentationsform. Mit diesem Auftragswerk eröffnete das Museum of Contemporary Art in Los Angeles seinen Ausstellungsraum Temporary Contemporary in einer ehemaligen Lagerhalle. Die Einbeziehung von Choreografie in den Ausstellungskontext, heute gängig, war damals eine radikale Geste. Available Light wurde für eine Welttournee rekonstruiert und gastiert nun erstmals in Deutschland: Nach der Premiere im Juni in Los Angeles werden das Sommerfestival Kampnagel in Hamburg und Tanz im August unmittelbar aufeinander folgend mit Available Light eröffnen. In Berlin ist damit nach Einstein on the Beach eine weitere Künstlerkooperation zu sehen, an der Lucinda Childs kongenial beteiligt war: Sie habe zu Adams' vielschichtiger, strukturierter Musik einen rhythmischen Puls gefunden und in Gehrys industriellem Bühnenbau ein elegantes dreidimensionales Design entwickelt, notierte die Performancehistorikerin RoseLee Goldberg zu Available Light."
(Quelle: tanzimaugust.de)



Light Over Water heißt die nervige Musik, die seiner Zeit John Adams für Lucinda Childs und ihre Truppe komponierte. Es ist elektronischer Ornamentalkitsch von untoppbarer Biedernis. Vergessenswert und wohl nicht minder grauenvoll.

Zu jenen durchweg mathematisch-ausgefuchsten (und genauso nervigen) Bewegungsmustern Childs' passten die provinziellen Adams-Klänge eigentlich ganz gut:

Es finden in dem merkwürdigen Stück keine direkten körperlichen Interaktionen statt. Je 4 AkteurInnen in Schwarz und Rot sowie 2 resp. 3 in Weiß arbeiten fast eine Stunde lang eintänzerischer Maßen ihre Schrittfolgen und Pirouetten ab - das sieht dann, kongruent zu der Musik, ornamental aus und erzeugt - zum Publikum hin - negativ besetzte Kälteenergie. Zudem wird sowieso nicht "aufgeklärt" darüber, warum alles Das jetzt so und so auf dieser läppisch-langweiligen Gehry-Bühne abläuft; und es scheint auch keinerlei Motivation hierfür zu geben.

Mag schon sein, dass Available Light vor 33 Jahren - und im Kontext der besagten Ausstellung nebst ihrer (Gehry-)Räume - einen singulären Kultstatus besaß. Es jetzt für eine Tour nach Hie und Da rekonstruiert zu haben schien und scheint mir doch verlor'ne Müh': Nix kommt da zu mir rüber.

Allenthalben Ödnis.



Available Light (1983) mit Lucinda Childs | Foto (C) Tom Vinetz

Andre Sokolowski - 13. August 2015
ID 8811
AVAILABLE LIGHT (Haus der Berliner Festspiele, 13.08.2015)
Musik: John Adams
Choreografie: Lucinda Childs
Bühnenbild: Frank O. Gehry
Licht: Beverley Emmons und John Torres
Kostüm: Kasia Walicka Maimone
Sound: Mark Grey
The Lucinda Childs Dance Company: Ty Boomershine, Katie Dorn, Josh Christopher, Katherine Helen Fisher, Sarah Hillmon, Anne Lewis, Sharon Milanese, Patrick John O’ Neill, Matt Pardo, Lonnie Poupard Jr., Caitlin Scranton und Shakirah Stewart
Eine Produktion von Pomegranate Arts, Inc.
TANZ IM AUGUST 2015


Weitere Infos siehe auch: http://www.tanzimaugust.de


http://www.andre-sokolowski.de

Tanz im August



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